Die Vereinten Nationen nennen Afghanistan inzwischen wieder ein Land im Krieg. Wegen seiner geostrategischen Lage wollen weltweit verschiedenste Länder Einfluss nehmen. Als neutrale Friedensverhandler fallen sie dadurch aus, betont der Asienwissenschaftler Thomas Ruttig im Dossier Politik von Bayern2. Ruttig, der die Organisation „Afghanistan Analysts Network“ mitgegründet hat, plädiert für Indonesien als Vermittler.
"Die afghanische Regierung versucht im Moment, Indonesien ins Boot zu holen. Das ist ja ein sehr großer Staat, jedenfalls was die muslimische Bevölkerung anbetrifft, war nicht direkt involviert und man hofft, dass dort Unterstützung kommen kann. Ich halte das gar nicht für eine schlechte Idee." Thomas Ruttig, Afghanistan-Experte
Vermittler aus Nachbarstaat wäre der falsche Ansatz
Normalerweise fällt den Vereinten Nationen die Rolle eines Vermittlers zu. Aber der Sicherheitsrat werde von den Amerikanern dominiert und habe in einigen Bereichen US Politik in Afghanistan durchgesetzt. In den Augen der Taliban fielen deshalb die UN als Vermittler aus, schätzt der Afghanistan Kenner Thomas Ruttig die Lage ein.
"Wir hatten schon einmal einen Diplomaten aus Ecuador von der UN, der in den 80er Jahren den sowjetischen Truppenabzug aus Afghanistan mit verhandelt hat - sehr erfolgreich. Leute aus der Nachbarschaft zu holen mit eigenen Interessen ist ein falscher Ansatz. Deshalb sind auch Bemühungen, wie es sie auch von Seiten der USA immer wieder gibt, Pakistan ins Boot zu holen und sie dazu zu bringen, die Taliban an den Verhandlungstisch zu zwingen, falsch, weil Pakistan auch eine Partei in diesem Konflikt ist." Thomas Ruttig, Afghanistan-Experte
Thinktank zur Lage in Afghanistan
Das Afghanistan Analysts Network ist eine unabhängige Nichtregierungsorganisation, die in Deutschland als Verein registriert ist und zu Afghanistan forscht und publiziert. Das AAN wird überwiegend von skandinavischen Ländern finanziert, aber auch von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung.
Das Gespräch mit Thomas Ruttig in voller Länge ist zu hören im Dossier Politik von Bayern 2 heute ab 21.05 Uhr.