Altenpflege

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Pflegemängel - Wenn die Zeit fehlt, den Verband zu wechseln

Die Groko-Verhandler haben sich auf ein Notprogramm für die Pflege geeinigt. Notwendig, aber nicht ausreichend, sagt der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbands. Unterdessen warten Altenpfleger auf Verbesserungen. Von N. Bader und E. Limmer

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Nachmittag am .

Susanne Lampl ist aus Überzeugung Altenpflegerin geworden. Derzeit arbeitet sie als stellvertretende Pflegedienstleitung in einem Seniorenwohnheim in Murnau am Staffelsee. Den Beruf habe sie erlernt, um für ältere Menschen da zu sein, sich zu kümmern. Aber das Arbeitspensum ist hoch. Oftmals bleibe keine Zeit, sich mit den Bewohnern zu unterhalten. Schon für die Grundversorgung sind die Arbeitsabläufe eng getaktet. "Das schaffst du mit Ach und Krach, und man geht auch nicht zufrieden nach Hause", sagt die Altenpflegerin.

Mängel in der Wundversorgung

Auch der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) sieht Handlungsbedarf. Aus dem aktuellen MDS-Pflege-Qualitätsbericht geht zwar hervor, dass viele Pflegeheime und ambulante Pflegedienste die Anforderungen an eine gute Pflege erfüllen. Mängel in der Heimversorgung gibt es laut Bericht aber zum Beispiel bei der Wundversorgung.

Bei knapp einem Viertel der Heimbewohner wurden Maßnahmen wie Druckentlastungen und hygienische Anforderungen nicht ausreichend umgesetzt. Bei fast einem Fünftel aller Pflegebedürftigen erfolgte keine systematische Schmerzeinschätzung. "Wenn diese nicht systematisch erfolgt, dann können Medikamentengaben nicht angepasst werden", bemängelt Peter Pick, Geschäftsführer vom MDS. "Und wenn keine adäquate Wundversorgung stattfindet, dann heilen Wunden nicht und können im schlimmsten Fall zu einem umfangreichen Druckgeschwür werden."

Qualität leidet unter Personalmangel

Dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) die Qualität in der Pflege überprüft, findet Susanne Lampl gut. In Deutschland gibt es rund 13.600 Pflegeheime und rund 13.300 ambulante Pflegedienste. Seit 2011 wird jedes dieser Heime und jeder ambulante Pflegedienst einmal jährlich geprüft.

In der Regel kommen zwei Pflegefachkräfte mit langjähriger Berufserfahrung und einer Zusatzausbildung im Qualitätsmanagement zu einer Prüfung in die Pflegeeinrichtung. Die Prüfungen finden grundsätzlich unangemeldet statt, um den ganz normalen Alltag unter die Lupe zu nehmen. Aufgrund des Personalmangels und des ständigen Zeitdrucks sei es schwierig, die Qualität in der Pflege zu gewährleisten, sagt Susanne Lampl.

„Es ist schwierig, die Qualität zu halten, wenn du an der Basis keine Leute hast, die die Leute versorgen. Dann kommt der Krankenstand hinzu, Überstunden, es sammelt sich alles. Die Pflegekräfte werden krank. Die Belastung ist zu groß, der Druck ist zu groß.“ Susanne Lampl, stellvertretende Pflegedienstleitung SeniorenWohnen Staffelsee 

Groko-Einigung in der Pflege

Die festgestellten Mängel will Peter Pick vom MDS nicht in einen direkten Zusammenhang mit dem Personalmangel und der hohen Arbeitsbelastung der Altenpfleger stellen. Aber die Politik müsse handeln. Dass die Groko-Verhandler sich dem Thema Pflege angenommen hat, findet er gut. Union und SPD haben sich auf ein Notprogramm für 8.000 zusätzliche Pflegekräfte geeinigt. Und die möglichen Groko-Partner wollen sich dafür einsetzen, dass es in der Pflegebranche künftig flächendeckende Tarifverträge gibt. "Das kann aber nur ein erster Schritt sein", sagt der MDS-Geschäftsführer.

"Es muss gearbeitet werden an der Personalausstattung in den Pflegeeinrichtungen, es muss gearbeitet werden an den Arbeitsbedingungen, es muss gearbeitet werden an der Bezahlung. Und hier setzt die Koalitionsvereinbarung die richtigen Stichworte. Klar ist aber auch: 8.000 ist ein Notprogramm. Dem muss weitere systematische Personalverstärkung folgen." Peter Pick, Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS)

Motivation sinkt

Susanne Lampl hofft, dass die Politik bald Verbesserungen auf den Weg bringt. Die Altenpflegerin aus Murnau ist seit mehr als 14 Jahren in der Pflege tätig. Aber die Motivation sinke. Sie fühlt sich nicht angemessen bezahlt. Auch ein Grund, warum es schwierig sei, die neu ausgebildeten Pflegekräfte zu halten. Viele würden ins Krankenhaus wechseln, weil die Bezahlung dort besser sei. Die Altenpflegerin sitzt neben einer Heimbewohnerin und reicht ihr ein Glas Saft. "Auch da wünscht man sich einfach mehr Zeit, weil die Bewohner die Hektik spüren, die die Pflegekraft unbewusst rüberbringt, das Essen schnell im Stehen eingegeben wird, alles schnell, schnell.“