Karl Schwägerl ist Fachanwalt für Verkehrsrecht. Kürzlich bekam er Post aus Italien. Und zwar ausgerechnet wegen einer Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr. Demnach sei er im August letzten Jahres an genanntem Ort zu schnell gefahren. Für Karl Schwägerl bestand kein Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides.
"Das ist also der Form nach vollständig in Ordnung. Es ist auf Deutsch. Der Vorwurf ist auf Deutsch. Eine Rechtsbehilfsbelehrung ist dabei und auch ein Preis." Karl Schwägerl
Und der erscheint nicht gerade billig angesichts der minimalen Geschwindigkeitsübertretung von gerade mal 9,75 km/h. Karl Schwägerl soll dafür 61 € inclusive Verwaltungsgebühren zahlen.
Im Ausland muss der Halter zahlen
Dass er nachweislich gar nicht selbst am Steuer saß, interessiert die italienischen Behörden nicht im geringsten. Anders als in Deutschland zieht man im Ausland fast überall den Halter zur Rechenschaft, nicht den Fahrer. Und so hätte sich Karl Schwägerl als erfahrener Anwalt natürlich guten Gewissens weigern können, das Bußgeld zu akzeptieren.
"Wenn einer sagt, das zahl ich nicht, kann er sich auf entsprechendem Weg dagegen wehren. Ganz klar. In Deutschland ist ne Sperre da. Da kommt man nicht dran, wenn sich jemand gegen so etwas ordentlich zur Wehr setzt. In Italien bleibt’s vollstreckbar. Fünf Jahre, als Beispiel." Karl Schwägerl
Strafzettel als Einnahmequelle?
Ähnliches gilt für Großbritannien, Spanien, Österreich und andere Länder. Wird man während dieser Zeit dort erwischt, kann’s richtig teuer werden. Überhaupt scheint das Eintreiben von Bußgeldern eine gute Einnahmequelle zu sein. Ginge es einzig um den erzieherischen Wert solcher Strafen, könnte man die Vollstreckung auch den jeweiligen nationalen Behörden überlassen – wie es eine EU-Vereinbarung eigentlich vorsieht. In Deutschland wäre dann das Bundesamt für Justiz zuständig. Trotzdem versuchen es Länder wie Spanien, Frankreich oder Italien lieber auf eigene Faust, häufig mit Hilfe privater Inkassobüros.
"Der Grund ist vielleicht schnell erklärt. Das zu vollstreckende Geld bleibt nämlich dann in Deutschland. Also hat eine ausländische Behörde unter Umständen wenig davon, wenn jetzt in Deutschland vollstreckt wird und das Geld in Deutschland verbleibt." Karl Schwägerl
Amtshilfe in EU noch ausbaufähig
Es gilt also die Devise: lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Die gegenseitige Amtshilfe in der EU beim Eintreiben von Bußgeldern scheint noch nicht zu Ende gedacht. Vielleicht kommt dem deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar ja die entscheidende Reformidee. Solange jedes Land aber sein eigenes Süppchen kocht, hat der deutsche Verkehrssünder die Wahl: entweder die Zahlung verweigern und das Land mit der offenen Forderung vorsichtshalber meiden oder dem Beispiel des Würzburger Verkehrsanwalts folgen.
"Ich werde zahlen. Ich hab des nicht selbst bezahlt, sondern hab’s dem vorgelegt, von dem ich weiß, dass er es war. Und da sind wir uns einig, weil Italien für uns einfach ein beliebtes Urlaubsland ist. Ich selbst fahr bestimmt zwei Mal im Jahr dahin. Und das wäre mir dann schon fast zu peinlich, dann mal rausgegriffen zu werden und mit so einer offenen Forderung konfrontiert zu werden." Karl Schwägerl