Reisende am Flughafen München
Bildrechte: pa/ Sven Simon, Frank Hoermann

Reisende am Flughafen München

  • Artikel mit Audio-Inhalten

Flug wegen Streiks gestrichen: Welche Rechte haben Passagiere?

Streiks, verspätete Flüge, verschwundenes oder beschädigtes Gepäck: So manche Flugreise wird zur Fluchreise. Passagiere haben aber Rechte - und können ihre Ansprüche geltend machen. Tipps vom Luftfahrtexperten.

Wer seinen Flug in einem EU-Land antritt, für den gilt in nahezu allen Fällen die europäische Verordnung zu Fluggastrechten. Kommt es zu Verspätungen oder kurzfristigen Absagen, dann ist genau geregelt, was den Betroffenen zusteht. Ähnliches gilt, wenn Gepäck zu spät oder beschädigt ankommt oder im schlimmsten Fall komplett verloren geht. Auch bei Streiks haben Passagiere Rechte.

Streiks sind keine höhere Gewalt

Lange Zeit haben Fluggesellschaften wie die Lufthansa argumentiert, Streiks seien "höhere Gewalt" und ein "außerordentlicher Umstand" und damit nicht entschädigungspflichtig. Inzwischen liegen aber Gerichtsurteile vor, die dem widersprechen. Das gilt insbesondere dann, wenn Mitarbeiter der Airline streiken, was im Fall der Lufthansa-Piloten zutrifft.

So urteilte der Europäische Gerichtshof 2018, ein solcher Arbeitskampf sei für eine Airline eine beherrschbare Situation und "Teil der normalen Betriebstätigkeit". Damit gelten alle Ansprüche, die Passagiere bei Streichung oder Verspätung von Flügen nach EU-Recht haben. Anders sieht es teilweise aus, wenn der Streik nicht bei der Fluggesellschaft stattfindet, sondern zum Beispiel bei den Fluglotsen und damit außerhalb der Verfügungsgewalt der Airline.

Flug wird annulliert: Umbuchung oder Geld zurück

Wird ein Flug mehr als 14 Tage vor dem geplanten Termin annulliert, haben die Reisenden das Recht auf eine Umbuchung oder die Erstattung des vollen Ticketpreises. Die Airlines versuchen zwar, die Passagiere auf Alternativ-Verbindungen umzubuchen, dieses Angebot müssen die Kunden aber nicht wahrnehmen.

Allerdings sollte man bedenken, dass eine kurzfristige Neubuchung auf eigene Faust deutlich teurer sein kann als das ursprünglich gekaufte Ticket. Und: Fluggäste, die eine Pauschalreise gebucht haben, sollen sich erst an den Reiseveranstalter wenden, nicht an die Airline, rät Julia Zeller von der Verbraucherzentrale in Bayern.

Kurzfristige Flugstreichungen: So reagieren Sie richtig

Wird ein Flug weniger als zwei Wochen vor dem geplanten Termin gestrichen, haben die Passagiere ebenfalls Anspruch auf Umbuchung oder Erstattung des Preises. Dazu kommt auch noch das Recht auf Entschädigung. Je nach Flugstrecke liegt die entsprechende Summe zwischen 250 und 600 Euro.

Will man trotzdem an sein geplantes Reiseziel und die Airline bietet keine Alternative an, dann kann es sich lohnen, auf eigene Faust nach Flügen zu suchen. Allerdings empfehlen Reiserechtsexperten, die Details der Suche – insbesondere Preisvergleiche – zu dokumentieren. Sollte das neue Ticket deutlich teurer sein als der ursprünglich geplante Flugschein, dann kann man die Mehrkosten – zur Not über spezielle Dienstleister – von der Airline zurückfordern.

Bei Verspätung des Fluges: Entschädigung und Betreuung

Bei Verspätungen von mehr als drei Stunden gelten ebenfalls die oben genannten Entschädigungssummen. Außerdem haben die Reisenden dann Anspruch auf sogenannte Betreuungsleistungen durch die Airline. Dazu gehören Essen, Getränke und Telefonate ebenso wie im Fall des Falles Hotelübernachtungen und der Transport zum Hotel.

Bei höherer Gewalt: kein Ausgleich

Ausnahme: Die sogenannte "Höhere Gewalt", wenn also die Verspätung oder der Flugausfall nicht in der Verantwortung der Fluggesellschaft liegt, zum Beispiel bei einem extremen Gewitter. "Ausgleichsleistungen nach EU-Recht" gibt es in diesem Fall nicht. Auch nicht, wenn es sich um einen Streik Dritter handelt - also nicht durch Lufthansa-Personal direkt, wie es heute und auch schon Mitte Februar der Fall war. Damals sagte eine Lufthansa-Sprecherin BR24, dass hier nur die kostenlose Stornierung bleibe, also die Rückzahlung des Ticketpreises - will man keine der angebotenen Alternativen (bei innerdeutschen Zielen auch den kostenlosen Umstieg auf die Bahn) wahrnehmen.

Eine Besonderheit gilt für Fluggäste, die eine Pauschalreise gebucht haben. Die sollen sich erst an den Reiseveranstalter wenden.

Was tun bei Problemen mit dem Gepäck?

Auch bei verlorenem, beschädigtem oder verspätetem Gepäck haben Passagiere Ansprüche. Grundsätzlich empfiehlt es sich, schon beim Packen den Zustand und den Inhalt eines Koffers zu dokumentieren, zum Beispiel mit Fotos. Kommt das Gepäck deutlich verspätet an, haben die Reisenden einen Anspruch darauf, dass es zum Beispiel ins Hotel nachgeliefert wird.

Darüber hinaus kann man sich die Kosten für notwendige Toilettenartikel und teilweise auch dringend benötigte Kleidung wie Unterwäsche zumindest teilweise ersetzen lassen. Bei Pauschalreisen kann man im Falle von fehlendem Gepäck auf eine Minderung des Reisepreises bestehen. Bei Beschädigungen oder dem Totalverlust besteht ebenfalls ein Recht auf Entschädigung, das sich zum Teil nach dem Zeitwert von Gepäckstücken und deren Inhalt richtet. Hier gibt es bis zu 1.400 Euro je Koffer.

Ansprüche richtig geltend machen

Kommt es zu Problemen, dann muss man diese auch schnellstmöglich bei der Airline oder dem Reiseveranstalter reklamieren, um Ansprüche geltend zu machen. Bei beschädigtem oder verspätetem Gepäck zum Beispiel gibt es in den Ankunftshallen der Flughäfen entsprechende Schalter.

Sind diese nicht besetzt, zum Beispiel weil der Flug mitten in der Nacht ankommt oder umgeleitet wurde, sollte man Kontaktdaten mit Mitreisenden austauschen, um Zeugen zu haben. Darüber hinaus empfiehlt es sich, die entsprechenden Probleme zu dokumentieren, über Protokolle oder Fotos.

Vorkasse und lästige Anträge: Das könnte sich ändern

Traditionell bezahlen Passagiere ihre Tickets direkt bei oder kurz nach der Buchung, also oft Monate vor dem eigentlichen Flug. Verbraucherschützer kritisieren diese Praxis schon seit längerem, inzwischen gibt es auch Stimmen aus der Politik, die sich daran stören. So kündigte das Bundesverbraucherschutzministerium vor kurzem an, das Vorkasse-Modell auf den Prüfstand zu stellen.

Ein weiteres Ärgernis: Noch gibt es keine Regelungen, nach denen Airlines Entschädigungen automatisch bezahlen müssen. Bisher müssen dafür in den allermeisten Fällen Anträge gestellt werden. Hier fordern Verbraucherschützer ebenfalls eine Änderung.

Verbraucherschützerin rät zur Dokumentation

Die Verbraucherzentrale in Bayern rät allen betroffenen Reisenden zudem, ihre Schritte zu dokumentieren. Denn gerade bei Streiks komme es schnell zu einer Überlastung der Systeme wie Kundenhotlines und Hilfecenter. Dies sei wichtig, damit man im Streitfall beweisen könne, dass man es zumindest versucht habe, so der Tipp von Julia Zeller.

Ansonsten rät die Verkerhsexpertin: "Geduld mitbringen, dokumentieren, ruhig bleiben".

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!