An den Finanzmärkten fürchten sich manche vor den Plänen der FDP, sprechen gar vor einer Rückkehr der Schuldenkrise. Denn eine rein liberale Regierung würde in Sachen Eurorettung einen deutlich härteren Kurs fahren als die Große Koalition.
Weitere Hilfen für Griechenland? Nicht mit einem FDP-regierten Deutschland. Dessen Haltung wäre: Griechenland zur Not raus aus dem Euro, Sanktionen für Schuldenstaaten, kein frisches Geld für den Euro-Rettungsschirm ESM.
Europa-Kurs der FDP könnte Finanzmärkte erschüttern
"Wahrscheinlich würde es erst einmal für Verwerfungen an den Finanzmärkten sorgen, wenn eine Bundesregierung sagen würde: Wir können keinen weiteren Rettungsmaßnahmen zustimmen. Außerdem hat rückblickend sogar der Internationale Währungsfonds festgestellt, dass es nicht richtig war, von den Schuldenstaaten einen so harten Sparkurs zu verlangen. Aber diese wirtschaftspolitische Erkenntnis ist an der FDP offenbar vorbeigegangen. Mit so einer harten Haltung würde sich Deutschland eher isolieren." Cornelius Adebahr, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik
Prinzipiell spricht sich die FDP für ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten aus und erteilt gesamteuropäischen Regelungen im Bereich des Arbeitsmarktes und der Sozialpolitik eine klare Absage.
Gegen engere Zusammenarbeit im Verteidigungssektor haben die Liberalen dagegen nichts einzuwenden – eine Europäische Armee ist ein erklärtes Ziel.
Steuereinnahmen würden um 34 Milliarden Euro sinken
Der Finanzminister einer FDP-Regierung würde die Steuern deutlich senken. Mit einer Reform würde der gesamte Steuertarif "nach rechts verschoben" werden. Der Spitzensteuersatz wäre also erst ab einem späteren Einkommen fällig. Außerdem wäre eine der ersten Amtshandlungen unter der FDP: die Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Gegenüber dem jetzigen Steuerrecht hätte der Staat jährlich fast 35 Milliarden Euro weniger an Einnahmen zur Verfügung. So hat es das ifo-Institut berechnet.
"Die Steuersenkungen der FDP würden sich nicht selbst finanzieren. Denn von den Plänen würden insbesondere reiche Haushalte profitieren – und wenn sie Reichen mehr Geld geben, konsumieren diese nicht mehr. Sie sparen oder investieren mehr. Da zurzeit weniger in Deutschland investiert wird, sondern das Kapital eher ins Ausland abfließt, hätten wir hierzulande kaum Wachstum zu erwarten." Andreas Peichl, ifo-Institut
Wirtschaft würde sich über FDP-Regierung freuen
Im Gegensatz zu Finanzinvestoren würde sich die deutsche Wirtschaft über das – unrealistische – Szenario einer FDP-Alleinregierung freuen. Keine andere Partei erhält für ihr Wahlprogramm von den Lobbyverbänden so viel Zuspruch. Der BGA beispielsweise lobt das Bekenntnis zum Freihandel, die Steuersenkungs-Pläne oder die Ansätze zur Liberalisierung des Arbeitsmarktes. "Das Programm der FDP ist klar wachstumsorientiert", meint Anton Börner, der Präsident des BGA.
Mehr Polizei, mehr Datenschutz
Unter einer FDP-Regierung könnten sich die Bürger unbeobachteter bewegen. Weder gäbe es eine automatische Kennzeichenerfassung, noch würden die Daten von Fluggästen erhoben – geschweige denn gespeichert. Die Vorratsdatenspeicherung wäre vom Tisch. Auch andere Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden, wie beispielsweise die Funkzellenabfrage, würden eigeschränkt. Gefährder sollen dagegen lückenlos überwacht werden. Dafür würde es mehr Polizeibeamte mit besserer Ausstattung geben, die aber nicht mehr für die Verfolgung sogenannter Bagatelldelikte zuständig wären. Die FDP versteht darunter Ruhestörungen, Verkehrsunfälle ohne Verletzten und Straftaten ohne Geschädigten.
Mehrarbeit für die Justiz
Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung, kann sich das vorstellen. Es sei nicht der "Untergang des Abendlandes", wie sie sagt. Aber man müsse berücksichtigen, dass die Arbeit dadurch unter Umständen nur verlagert würde: Würden beispielsweise Ordnungsämter Aufgaben der Polizei wie Verkehrskontrollen übernehmen, könnte deren Kompetenz in Abrede gestellt werden. Das könnte zwar die Polizei entlasten, gleichzeitig aber mehr Arbeit für die Justiz bedeuten, wenn die Bürger dagegen vorgehen würden. Ursula Münch gibt noch einen weiteren Aspekt zu Bedenken:
"Wenn der Staat sein Monopol in solchen Sachen aufgäbe, könnte dies das Unsicherheitsgefühl eines Teils der Bevölkerung noch mehr stärken." Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung