Ein Kampfpanzer der Bundeswehr vom Typ Leopard 2A6 fährt während einer Gefechtsvorführung über einen Übungsplatz.
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Waffenlieferungen: Was denkt Europa über Deutschlands Zögern?

    Waffenlieferungen: Wie denkt Europa über Deutschlands Haltung?

    Die Debatte über Waffenlieferungen an die Ukraine verschärft sich. Der Bundestag will diese Woche über Anträge der Union und der Ampel-Koalition über die Lieferung schwerer Waffen abstimmen. Und was sagen die Nachbarländer zur Haltung Deutschlands?

    Die Ampel-Regierung ist nach Angaben von SPD-Co-Chefin Saskia Esken in der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine geschlossen, auch wenn es innerparteiliche Diskussionen gebe. "In der SPD wird die Debatte heiß geführt, sowohl in der Frage der Waffenlieferungen als auch in der Frage der Unterstützung insgesamt", sagte Esken im Deutschlandfunk. Allerdings seien sich alle einig, dass man der Ukraine im Kampf gegen russische Angriffe mit Waffen helfen müsse. "Die direkte Lieferfähigkeit der Bundeswehr mit eigenem Material ist erschöpft", fügte die SPD-Politikerin hinzu. Deshalb müsse man andere Wege gehen, etwa über Bestellungen bei der Industrie oder einen Ringtausch mit EU-Partnern.

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird unter anderem von Politikern aus der eigenen Koalition Zögerlichkeit und Zurückhaltung beim Thema Waffenlieferungen vorgeworfen. Doch wie sehen es die europäischen Nachbarn? Ein Ausschnitt von Äußerungen und Stimmen aus Frankreich, Großbritannien und Österreich.

    Frankreich: "Aufpassen, keine Kriegspartei zu werden"

    In einem Interview zur Wahl in Frankreich mit mehreren europäischen Zeitungen sprang Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Bundeskanzler Scholz in einer kurzen Passage bei. Macron sagte, er und Scholz hätten die gleiche Strategie. Diese bestehe darin, dass man den Ukrainern zwar maximal helfen wolle, aber auch aufpassen müsse, dass man keine Kriegspartei werde.

    Im selben Zeitungsinterview wich Macron von der bisherigen Linie der französischen Regierung ab und nannte Waffensysteme. Frankreich liefere, so Macron, neben Panzerabwehrraketen vom Typ Milan auch die Haubitze Caesar in die Ukraine. Die auf ungepanzerte Lastwagen montierten Caesar-Geschütze mit einem Kaliber von 155 Millimetern können Ziele bis auf eine Entfernung von 40 Kilometern präzise treffen. Nach französischen Medieninformationen sollen zwölf dieser schweren Artilleriesysteme in den kommenden Tagen an die Ukraine geliefert werden. 40 ukrainische Soldaten würden zeitnah in Frankreich daran ausgebildet.

    Die Veröffentlichung solcher Details aus Pariser Verteidigungskreisen ist ungewöhnlich. Bislang hatte sich die französische Regierung bei Einzelheiten über die Waffenlieferungen an die Ukraine stets bedeckt gehalten. Auch im französischen Präsidentschaftswahlkampf spielte der Umfang der Militärhilfen keine größere Rolle. Macron-Herausforderin Le Pen machte jedoch deutlich, dass sie Waffenlieferungen an die Ukraine skeptisch gegenüber stehe.

    Großbritannien: Kritik an Haltung Deutschlands

    "Deutschland steht isoliert da, während der Westen die Ukraine mit schweren Waffen unterstützt". Diese Schlagzeile schaffte es diese Woche auf die Titelseite des britischen "Daily Telegraph", obwohl sich zeitgleich der britische Premierminister Boris Johnson wegen seiner Partygate Verfehlungen im Unterhaus rechtfertigen musste. In Großbritannien hat die Unterstützung der Ukraine mit Geld und Waffen hohe Priorität, die zögerliche Haltung der Deutschen wird kritisch gesehen.

    Der Wirtschaftskorrespondent der BBC, Faisal Islam, interviewte am Mittwoch den deutschen Finanzminister Christian Lindner (FDP) und fragte hartnäckig nach einem Ausstiegsdatum für deutsche Ölimporte aus Russland. Linder wollte sich im Interview nicht festlegen, während Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bereits von einem möglichen Ausstieg zum Jahresende gesprochen hatte. Die BBC-Analyse kommt zu dem Schluss, dass die Ampelkoalition in Berlin einem echten Stress-Test ausgesetzt ist.

    Österreich: Lob für Scholz' "kühlen Kopf"

    Das Zögern des deutschen Bundeskanzlers, was die Lieferung von Kriegsgerät in die Ukraine angeht, wird zum Teil mit Verständnis kommentiert. In Österreichs führender Tageszeitung "Standard" ist zu lesen: "Gut, wenn Politiker wie Scholz dabei kühlen Kopf bewahren."

    Und der österreichische Russland-Experte Gerhard Mangott gibt in der "Kleinen Zeitung" aus Graz zu bedenken: Waffenlieferungen seien fahrlässig, wenn sie den Krieg und das Leid nur verlängern. Er schiebt allerdings nach, dass das anders aussähe, wenn man sicher sein könnte, dass Waffenlieferungen Putins Invasion beenden könnten.

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