Von der Ukraine begehrt: F16 - hier Maschine der US-Luftwaffe
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Von der Ukraine begehrt: F16 - hier Maschine der US-Luftwaffe

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Waffen für die Ukraine: Der Traum von der "Kampfjet-Koalition"

Die Ukraine will westliche Kampfjets, aber bisher blocken die Partner. Nun möchte Kiew mehrere Länder zu einer Lieferanten-Allianz zusammenschließen. Was steckt hinter dieser Strategie? Um welche Flugzeuge geht es und wer könnte mitmachen?

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Es war eine knappe halbe Stunde voller Harmonie. Bei ihrer Pressekonferenz im Kanzleramt duzten sich Wolodymyr Selenskyj und Olaf Scholz, versicherten sich ihrer gegenseitigen Wertschätzung und lächelten auch insgesamt ziemlich viel. Der ukrainische Präsident dankte für die deutsche Unterstützung und der Kanzler beteuerte, diese werde weitergehen – "so lange wie nötig".

Nur einmal wurde deutlich, dass es doch noch mindestens ein Thema gibt, bei dem nicht völlige Einigkeit besteht. Er wolle eine "Kampfjet-Koalition“ bilden und darüber auch mit dem Kanzler sprechen, kündigte der Gast aus Kiew an. Der Gastgeber lächelte da nicht. Deutschland liefere schon sehr moderne Waffen zur Luftverteidigung, betonte Scholz und ergänzte: "Das ist das, worauf wir uns als Deutsche jetzt konzentrieren“. Übersetzt heißt das wohl: "Kampfjets? Nicht von mir!“

Kampfjets bisher rote Linie

Seit Monaten bittet die Ukraine ihre westlichen Partner um die Lieferung moderner Flugzeuge für ihre Luftwaffe. Der Begriff der "Kampfjet-Koalition“ ist dabei nicht neu. Wie zuletzt bei der Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 könnten auch bei Flugzeugen mehrere Staaten der Ukraine das gleiche Modell liefern und bei Ausbildung und Logistik zusammenarbeiten.

Nötig wäre mindestens eine Staffel eines Typs, also 12 bis 14 Maschinen, schätzt Gustav Gressel, Militärexperte vom Thinktank "European Council on Foreign Relations" (ECFR). Denkbar wäre auch die Ausrüstung eines ganzen Geschwaders aus 36 bis 48 Maschinen mit einem westlichen Kampfflugzeugtyp. Bisher allerdings ist die Lieferung moderner Jets westlicher Produktion für die Unterstützer-Staaten eine rote Linie und Wolodymyr Selenskyj wirbt nun, auch im Rahmen seiner Auslandsreisen, um direkte und indirekte Unterstützung.

Erste Wahl: US-Kampfjets

Hauptadressat der Bitten ist Washington. Mehrere US-amerikanische Flugzeugtypen kommen aus Sicht der Ukraine in Frage. US-Präsident Biden gibt aber bisher kein grünes Licht. Das habe auch finanzielle Gründe, sagt ECFR-Analyst Gustav Gressel.

Er sieht im ukrainischen Werben für eine "Kampfjet-Koalition“ ein "Anklopfen bei den USA". Allerdings sei der Finanzrahmen der USA für die Ukraine-Unterstützung bereits durch andere Leistungen ziemlich ausgeschöpft. Angesichts des Widerstands von Teilen der US-Republikaner gegen zusätzliche Militärhilfe, werde Biden eine Aufstockung für Kampfjetlieferungen nicht durch den Kongress bekommen, vermutet Gressel.

Liefern andere mit US-Zustimmung

Wenn die USA zustimmen, könnten allerdings andere Staaten Kampfjets aus US-Produktion an die Ukraine abgeben. Die Niederlande haben ihre Bereitschaft zur Abgabe von F16-Jets schon signalisiert. Ein weiterer Kandidat für F16-Lieferungen wäre Italien, das Wolodymyr Selenskyj ebenfalls am vergangenen Wochenende besuchte.

Aufgrund ihrer weiten Verbreitung steht die F16 weit oben auf der ukrainischen Wunschliste – auch Dänemark und Norwegen könnten die Ukraine mit Maschinen dieses Typs unterstützen, aber nur wenn Washington zustimmt. Das gilt auch für die F18, ein US-Kampfflugzeug, das im Betrieb leichter zu handhaben ist, als andere Modelle. Aus Sicht von Experte Gustav Gressel kämen hier Finnland, Spanien oder Australien als Liefernationen in Frage.

"Tornado würde ich der Ukraine nicht antun"

Ein Kampfflugzeug, das im Vergleich als robust und einfach in der Wartung gilt, ist der schwedische Gripen-Jet des Herstellers Saab. Er ist außer bei der schwedischen unter Anderem auch bei der tschechischen Luftwaffe im Einsatz. Ob die Regierung in Stockholm grünes Licht für Gripen-Lieferungen gibt, ist allerdings sehr fraglich. Eine deutsche Beteiligung an Kampfjet-Lieferungen wäre aus ukrainischer Sicht wohl nur symbolisch wichtig, weil sie ein Signal an andere Länder sein könnte. Aus militärischer Sicht macht eine Lieferung von deutschen Tornado- oder Eurofighter-Jets für die Ukraine wenig Sinn.

Sie braucht Maschinen, die auch für den Luftkampf geeignet sind. Damit scheidet der Tornado aus, der ohnehin schon ein eher altes Fluggerät ist: "Den Tornado würde ich der Ukraine nicht antun“, fasst Militärexperte Gustav Gressel zusammen. Der Eurofighter ist ein in der Wartung kostspieliges Flugzeug, das im Betrieb vergleichsweise lange Startbahnen braucht und für die Ukraine sowieso nur in geringer Stückzahl verfügbar wäre. Die Bundesregierung hat Lieferungen deutscher Jets bisher eine Absage erteilt. Verteidigungsminister Pistorius betonte mehrfach, dass Tornado und Eurofighter aus seiner Sicht nicht dafür in Frage kommen. Die Ukraine allerdings wird in ihrem Werben um eine "Kampfjet-Koalition“ nicht nachlassen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit dem britischen Premierminister Rishi Sunak in London
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Selenskyj sprach auch mit dem britischen Premier Sunak über die "Kampfjet-Koalition"

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