Vor allem auf WhatsApp kursieren Kettenbriefe mit falschen Tipps zum Coronavirus.
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Vor allem auf WhatsApp kursieren Kettenbriefe mit falschen Tipps zum Coronavirus.

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Vorsicht bei Selbsttest-Tipps zum Coronavirus

Vor allem auf WhatsApp kursieren einige Kettenbriefe mit Tipps, wie man sich selbst auf das Coronavirus testen und eine Ansteckung vermeiden kann. Was ist dran an den Ratschlägen? Ein #Faktenfuchs.

Die Sorgen und Unsicherheiten wegen des Coronavirus sind groß, die Informationslage ändert sich ständig und Ärzte sind überlastet mit Anfragen. Viele Bürger sind auf der Suche nach Tipps, wie sie sich nun verhalten sollen und wie sie feststellen können, ob sie infiziert sind. Auf WhatsApp und anderen sozialen Medien sowie per Email leiten User Kettenbriefe mit Anleitungen zu angeblichen Selbsttests und Hausmitteln weiter. Besonders verbreitet ist einer, der oft mit den Worten "So werden die Menschen in Kanada informiert" beginnt, oder auch mit der Überschrift "Zur Info".

Stanford Medicine distanziert sich vom Brief und warnt vor Falschinfos

Teilweise wird er auch auf Englisch verschickt mit angeblichen Informationen "from Stanford Hospital board" – obwohl sich auf der Seite der Universität nirgendwo solche Informationen finden lassen. Stanford distanziert sich auch von diesem Brief: Diese weit verbreitete Nachricht, die sich angeblich auf sie beziehe, enthalte inkorrekte Informationen und komme nicht von Stanford Medicine, heißt es auf der Webseite.

Im Detail enthält der Kettenbrief zwei Tipps: Er empfiehlt als "einfache Selbstkontrolle", ob man selbst infiziert sei, "den Atem für mehr als 10 Sekunden" anzuhalten und als vorbeugende Maßnahme, um eine Infektion zu verhindern, alle 15 Minuten Wasser zu trinken. Der Faktenfuchs hat diese Behauptungen gecheckt:

Kann man mit Selbsttests über Luftanhalten herausfinden, ob man infiziert ist?

Der Kettenbrief behauptet:

"Atmen Sie tief ein und halten Sie den Atem für mehr als 10 Sekunden an. Wenn Sie die Untersuchung ohne Husten, ohne Beschwerden, (…) erfolgreich durchführen, beweist dies, dass keine Fibrose in den Lungen vorliegt, was im Grunde genommen auf keine Infektion hinweist."

Ulrike Protzer, Professorin für Virologie an der Technischen Universität München, bestätigte wie auch andere Virologen dem BR, dass diese angebliche Selbstkontrolle nicht beweist, ob man mit dem Coronavirus infiziert ist. Auch auf Seiten öffentlicher Behörden und von Fachinstituten tauchen solche Ratschläge nicht auf. Generell sei davon abzuraten, auf Selbsttests auf das Coronavirus zu vertrauen.

Wenn man die im Kettenbrief angeführten Zahlen überprüft, stellen sich auch diese als falsch heraus: Die Inkubationszeit des Coronavirus beträgt laut dem Robert Koch Institut zum Beispiel 14 und nicht wie behauptet 20 Tage - deswegen beträgt auch die Quarantänezeit 14 Tage.

Wer persönlichen Kontakt mit einer infizierten Person hatte, sollte sich laut dem Bundesgesundheitsministerium "unverzüglich und unabhängig von Symptomen" mit dem zuständigen Gesundheitsamt in Verbindung setzen, einen Arzt anrufen, z.B. unter 116117, und zu Hause bleiben. Corona-Symptome ähneln laut dem Ministerium denen einer Grippe: trockener Husten, Fieber, Schnupfen, Abgeschlagenheit. Manche Erkrankte litten auch unter Atemproblemen, Kopf- und Gliederschmerzen, Übelkeit, Durchfall sowie Schüttelfrost.

Hilft regelmäßiges Wassertrinken vor einer Infektion?

Im Kettenbrief heißt es:

"Nehmen Sie mindestens alle 15 Minuten ein paar Schlucke Wasser. WARUM? Selbst, wenn das Virus in Ihren Mund gelangt ... das Trinken von Wasser oder anderen Flüssigkeiten spült es durch Ihre Speiseröhre in den Magen. Dort angekommen, tötet die Magensäure das Virus ab. Wenn Sie nicht regelmäßig genug Wasser trinken... kann das Virus in Ihre Luftröhre und in die Lunge gelangen."

Ulrike Protzer sagt ganz klar: "Regelmäßiges Wassertrinken schützt nicht vor der Infektion". Die Viren gelangen über Schleimhäute in den Körper - und zwar nicht nur über den Mund, sondern auch über Nase und Augen.

Allerdings sei viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen bei jedem Atemwegsinfekt wichtig, so Protzer. Bei einer zu großen aufgenommenen Wassermenge pro Tag drohe aber eine Wasservergiftung, warnen Ärzte. Was laut Ulrike Protzer grundsätzlich stimmt, ist die Aussage, dass die Magensäure den Virus wie fast alle anderen Krankheitserreger abtötet.

Schützen können regelmäßiges und gründliches Händewaschen, richtiges Husten und Niesen sowie ein bis zwei Meter Abstand zu Erkrankten. Das Bundesgesundheitsministerium empfiehlt, Händeschütteln zu unterlassen, öffentliche Verkehrsmittel und große Veranstaltungen zu meiden, auf Reisen zu verzichten und wenn möglich von zu Hause zu arbeiten. Wer älter als 60 ist, sollte sich gegen Pneumokokken impfen lassen.

Wie stelle ich fest, ob Corona-Informationen und Tipps glaubhaft sind?

Wer solche Nachrichten von Bekannten weitergeleitet bekommt, sollte nach der Originalquelle suchen, auf die sich der Brief bezieht - im Fall vom Kettenbrief angeblich das "Stanford Hospital board" – und die Nachricht nicht selbst an Freunde weiterleiten. Im Fall von diesem Kettenbrief stößt man bei der Suche schnell auf die Stellungnahme von Stanford Medical, die klarstellt, dass die Infos nicht von ihnen stammen.

In anderen Versionen bezieht sich der Kettenbrief auf angebliche Erfahrungen von Experten aus Taiwan und japanische Ärzte, die Coronapatienten behandeln. Skeptisch sollte man schon werden, weil keine konkreten Namen der Ärzte genannt werden oder Namen von Kliniken oder Instituten, an denen sie tätig sind.

Wo finde ich vertrauenswürdige Tipps?

Vertrauenswürdige Quellen für Verhaltenstipps und Informationen zu Corona sind die FAQs der Bundesbehörde für Infektionskrankheiten Robert Koch Institut, des Bundesgesundheitsministeriums sowie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Tägliche Tipps gibt auch Christian Drosten, Institutsdirektor der Virologie an der Berliner Charité, im ARD-Podcast. Alle wichtigen Neuigkeiten zum Coronavirus finden Sie hier bei BR24.

Fazit

Der Kettenbrief, der derzeit kursiert, enthält entgegen der Behauptung keine Informationen von "Stanford Medicine". Die Tipps sind laut Ärzten auch nicht korrekt. Die Luft über zehn Sekunden anhalten zu können, ist kein Beweis dafür, sich nicht infiziert zu haben. Alle 15 Minuten zu trinken schützt nicht vor einer Infektion. Generell sollte man vorsichtig mit Selbsttests und Verhaltenstipps zum Coronavirus umgehen, die nicht direkt bei einer vertrauenswerten Quelle zu finden sind.

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