Ein Schild an der Eingangstuer weist auf die 2G+ Regel in einem Restaurant in Muenchen hin.
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Die 2G-plus-Regel: Was in Bayern bereits in Innenräumen von Kultureinrichtungen gilt, könnte auch bald für Gaststätten gelten.

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Vor Corona-Gipfel: Streit um "2G plus" in der Gastronomie

Laut einer Beschlussvorlage zum heutigen Corona-Gipfel von Bund und Ländern könnten in der Gastronomie bald noch strengere Zugangsregeln gelten. Während sich führende Politiker in dieser Frage einig sind, üben Gastronomen heftige Kritik.

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Am Abend wollen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Regierungschefinnen und -chefs der Länder nach ihrer für 13 Uhr angesetzten Videokonferenz über die neuen Corona-Maßnahmen informieren.

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Lauterbach will 2G plus in der Gastronomie

In einem Entwurf der Beschlussvorlage, der BR24 vorliegt, heißt es, dass der Besuch von Restaurants, Cafés und ähnlichen Einrichtungen für Geimpfte und Genesene nur noch mit tagesaktuellem Test oder dem Nachweis einer Auffrischungsimpfung möglich sein soll.

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Lauterbach warb dafür bei RTL: "Wir müssen noch einmal die Kontakte beschränken". Es sei insbesondere angedacht, in den Innenräumen der Gastronomie "noch mehr Sicherheit" zu schaffen. Gäste sollten nur noch eintreten dürfen, wenn sie "zwei Mal geimpft und getestet" oder "geboostert" sind. Lauterbach erklärte: "Die Gastronomie ist ein Problembereich. Da sitzt man ohne Maske oft für Stunden. Und wenn sich die Menschen dort dann gegenseitig infizieren, wie wir es bei Omikron sehr viel sehen, dann brauchen wir einen besseren Schutz, daher 2G plus, also geimpft und zusätzlich eben getestet." Lauterbach schloss für die Zukunft auch noch weitergehende Kontaktbeschränkungen nicht aus.

Länder signalisieren Zustimmung

Rückendeckung bekam er von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU): "Für Gastronomie und Kultureinrichtungen halte ich 2G plus für eine gute Lösung. Und wer geboostert ist, kann auf den Test verzichten", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Eine Ausweitung der Regel auf Geschäfte der Grundversorgung lehnte der Regierungschef ab.

Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat mit 2G plus in der Gastronomie kein Problem. "In Rheinland-Pfalz gilt in der Gastronomie 2G plus. Das könnte ich mir gut für ganz Deutschland vorstellen", sagte Dreyer der Deutschen Presse-Agentur.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) verteidigte die Pläne ebenfalls. Giffey sagte am Freitag im Inforadio vom rbb, das "plus" stünde nicht mehr nur für einen aktuellen Test: "Wir haben ja hier jetzt eine Entwicklung, die sagt, das "plus" wird definiert als entweder getestet oder geboostert. Und das ist eigentlich eine Verbesserung der Situation, denn wir werden in wenigen Tagen die Hälfte der Berliner Bevölkerung geboostert haben. Die werden dann auch ohne Test weiter in die Gaststätten gehen können. Es ist ganz klar: je mehr Menschen geboostert sind, desto unproblematischer wird das auch."

Die Alternative wäre eine komplette Schließung, so Giffey und das wolle die Branche auch nicht. Sie gehe davon aus, dass die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten bei ihrer Konferenz am heutigen Freitag diese 2G-plus-Regelung beschließen werden.

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), erwartet bundesweit einheitliche Regelungen gegen die Omikron-Welle. Auf die Frage nach einer 2G-plus-Regelung in der Gastronomie sagte Wüst am Freitag kurz vor Beginn der neuen Bund-Länder-Runde in einem Interview des Fernsehsenders "Welt": "In Innenräumen, wo man keine Maske trägt, muss man getestet sein oder geboostert. Das wird jetzt überall gleichgestellt werden." Es gehe immer darum, zu schützen.

"In Restaurants ist man gemütlich. Da wird gegessen, getrunken, die Maske ist ab. Also muss man den maximal verfügbaren Schutz anderer Art eben haben. Und das heißt geboostert zu sein. Und das, finde ich, ist schon zumutbar. Wir bieten es ja jedem an", verdeutlichte Wüst.

Linken-Chefin Janine Wissler hält statt einer 2G-plus-Regel in der Gastronomie einen zweiwöchigen Lockdown für die Branche für denkbar. Die Einbußen durch 2G plus wären sehr groß, sagte Wissler am Freitag im ARD-"Morgenmagazin". Es sei die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre zu sagen, "man macht lieber zwei Wochen diesen ganzen Bereich dicht" und entschädige die Menschen, sagte die Linken-Vorsitzende. Das wäre "die sinnvollere Variante, wenn die Zahlen so durch die Decke gehen".

Weitere wirtschaftliche Hilfen für die Gastronomie erwartet

Gleichzeitig betonte NRW-Regierungschef Wüst, dass immer auch auf diejenigen geachtet werden müsse, die durch die Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit wirtschaftliche Einschränkungen haben und dass es dann auch Unterstützungen und Förderungen geben müsse. "Das ist auch gewährleistet. Da wird es jetzt auch noch mal Verbesserungen geben." Das habe die Bundesregierung auch zugesagt. Darauf achteten auch die Länder. "Und das ist jetzt in den Vorbereitungen dieser Ministerpräsidentenkonferenz auch berücksichtigt worden", sagte Wüst.

Der bayerische Wirtschaftsminister und Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger forderte den Bund erneut auf, die Überbrückungshilfe für Hotels und Gaststätten zu verbessern. "Die Gastronomie wird in den nächsten Wochen stark unter Omikron leiden, wegen eventuell zusätzlicher Auflagen und weil die Menschen Angst vor Infektionen haben", sagte Aiwanger auf BR-Anfrage. Den Vorstoß der Bundesregierung, den Zugang zur Gastronomie auf 2G plus zu verschärfen, wollte Aiwanger nicht kommentieren. Er erneuerte seine Forderung, 2G im Handel abzuschaffen, da diese Regelungen ohnehin nur noch in 20 Prozent der Läden gelte.

Holetschek will weiter nichts ausschließen

In Bayern gilt bei Kino-, Theater-, Museumsbesuchen und andere Freizeitangeboten in Innenräumen bereits die 2G-plus-Regel – in Gaststätten ist lediglich 2G verpflichtend. Für künftige Maßnahmen zum Infektionsschutz in Bayern ist nach Ansicht von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) eine "Gesamteinschätzung zu Omikron" durch den Bund und dessen Expertenrat nötig. Für Bayern sei etwa vorstellbar, die Maskenpflicht zu verschärfen. "Aber ich setze darauf, dass man das in Deutschland einheitlich definiert", sagte Holetschek.

"Ausschließen kann man im Moment aus meiner Sicht gar nichts", sagte Holetschek am Freitagmorgen im Deutschlandfunk. Er halte es für falsch, "jetzt etwas zu sagen, was möglicherweise sehr schnell revidiert werden muss", sagte der CSU-Politiker. Von den Gesprächen erwarte er sich ein "Lagebild", sagte Holetschek. "Das ist dann die Frage, ob das Lagebild ausreicht, um zu entscheiden." Der CSU-Politiker warnte vor einer möglichen Überlastung der Krankenhäuser. Die vielen, vielen Neuinfektionen könnten zu entsprechenden neuen Krankheitsfällen führen, auch wenn diese milder verliefen. "Außerdem muss man sehen, dass möglicherweise der Personalmangel - weil sich die Menschen in den Krankenhäusern anstecken, auch das Personal - dann wieder zu Engpässen führt." Das sei das Entscheidende: "Dann hätten wir eine Überlastung des Gesundheitssystems."

Gaststättenverband Dehoga übt heftige Kritik

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband lehnte Überlegungen zu einer Einführung von 2G plus in der Gastronomie ab. "Ich warne vor panischem Aktionismus, 2G plus stürzt Betriebe in Existenznot ohne Mehrwert für das Infektionsgeschehen", teilte die Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, Angela Inselkammer, am Donnerstagabend mit. "Der geplante Beschluss käme im ohnehin extrem umsatzschwachen Januar einem Quasi-Lockdown gleich, für viele Betriebe würde sich eine weitere Öffnung nicht mehr rechnen."

Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges sagte dem Boulevard-Blatt "Bild": "Flächendeckend 2G plus wäre eine Katastrophe für Kneipen und Restaurants." Hartges warnte, Wirte dürften nicht die Leidtragenden sein, wenn die Regierung "offenbar Anreize für die dritte Impfung" schaffen wolle. Stattdessen müssten Bund und Länder die Impf- und Testkapazitäten sofort ausbauen, "damit diese zermürbende Situation schnellstmöglich beendet wird", forderte Hartges.

Corona-Infektionsgeschehen viel höher als angenommen?

Laut Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) ist die Sieben-Tage-Inzidenz in den vergangenen Tagen kräftig gestiegen und lag am Freitagmorgen bei 303,4. Am Vortag hatte sie noch bei 285,9 gelegen, vor einer Woche bei 214,9. Die Inzidenz liegt damit wieder so hoch wie zuletzt vor Weihnachten.

Gestern hatte das Robert-Koch-Institut die Test-Zahlen aus der Kalenderwoche 52 (27.12.21 bis 2.1.22) veröffentlicht. Demnach wurden in der Woche "zwischen den Jahren" nur etwa halb so viele Tests durchgeführt wie beispielsweise zu Beginn des Dezembers in der Hochphase der vierten Welle. Prozentual fielen allerdings ähnlich viele Tests positiv aus – nämlich rund jeder fünfte. Dass das Infektionsgeschehen in Deutschland derzeit viel höher als angegeben sein könnte, hatte zuletzt auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach vermutet.

Grafik: Entwicklung der Corona-Infektionen in Deutschland

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