Xi Jinping (m.) mit Emmanuel Macron (l.) und Ursula von der Leyen
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Xi Jinping (m.) mit Emmanuel Macron (l.) und Ursula von der Leyen

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Ukraine-Krieg: Macron und von der Leyen machen Druck auf Xi

Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen haben Staatschef Xi gedrängt, im Ukraine-Konflikt zu vermitteln. Man zähle auf China, so von der Leyen. Zuvor hatten Xi und Macron für Verhandlungen plädiert - sonst hörte man Altbekanntes.

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Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine blickt die Welt darauf, wie China sich in dem Konflikt positioniert. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen haben nun in Peking Gespräche mit Chinas Staatschef Xi Jinping geführt, in deren Mittelpunkt der Ukraine-Krieg und eine mögliche Friedenslösung unter Beteiligung Chinas stand.

Von der Leyen: "Erwarten, dass China seine Rolle spielt"

Von der Leyen und Macron drängten Xi Jinping bei ihrem Treffen dazu, zur Beendigung des Ukraine-Kriegs seinen Einfluss auf Russland zu nutzen. Nach den Dreier-Gesprächen sagte von der Leyen, als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat habe China eine große Verantwortung: "Wir erwarten, dass China seine Rolle spielt und einen gerechten Frieden unterstützt - einer, der die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine respektiert, einen der Eckpfeiler der UN-Charta." China habe zudem eine große Verantwortung, seinen Einfluss auf Russland zu nutzen: "Wir zählen auf China."

Von der Leyen rief Xi Jinping auf, das direkte Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu suchen. Als "positives Zeichen" wertete sie die Zusicherung des chinesischen Staatschefs, dies zu tun, sobald die Zeit dafür reif sei. Eine entsprechende Aussage von Xi war nach dessen vorangegangenem bilateralen Treffen mit Emmanuel Macron bekannt geworden.

Von der Leyen warnte die chinesische Führung vor Waffenlieferungen an Russland. Sie setze darauf, dass China Russland keine militärische Ausrüstung "direkt oder indirekt" zur Verfügung stelle: "Den Aggressor zu bewaffnen wäre gegen internationales Recht und es würde unsere Beziehungen erheblich schädigen."

Aufruf zu Friedensgesprächen - aber nicht mehr

Vor der Dreier-Runde mit Xi, Macron und von der Leyen hatten sich Macron und Xi zu einem bilateralen Gespräch getroffen. Macron drängte Xi Jinping zu mehr Engagement für eine Friedenslösung im Ukrainekrieg. Xi müsse Russland zur Besinnung bringen, um einen Frieden in der Ukraine zu ermöglichen. Ein dauerhafter Frieden sei für China genau so wichtig wie für Frankreich und Europa. "Ich weiß, dass ich auf Sie zählen kann, ... um Russland zur Vernunft zu bringen und alle wieder an den Verhandlungstisch zu bringen", sagte Macron zu Xi.

Nach dem Gespräch riefen beide Politiker zu baldigen Friedensgesprächen für die Ukraine auf. Ziel sei eine "Wiederaufnahme der Gespräche, so schnell wie möglich, für einen dauerhaften Frieden", sagte Macron.

Xi Jinping sprach sich zwar ebenfalls für neue Verhandlungen im Ukraine-Konflikt aus, wiederholte ansonsten aber nur bekannte Standpunkte der chinesischen Führung. So bekräftigte er die chinesische Position, wonach Zurückhaltung geübt und alles vermieden werden müsse, was die Lage außer Kontrolle geraten lassen könnte. Wie schon im chinesischen Zwölf-Punkte-Papier vom Februar vermied Xi zudem erneut jede Verurteilung der russischen Aggression.

Xi betont "Sicherheitsinteressen aller Parteien"

Xi Jinping ließ zudem nicht erkennen, ob China seinen Einfluss auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin für eine Friedenslösung nutzen will. Er erinnerte stattdessen erneut an Zusagen, keine Atomwaffen einzusetzen, der Einsatz von biologischen und chemischen Waffen sowie Angriffe auf zivile nukleare Einrichtungen wie Atomkraftwerke müssten vermieden werden.

Xi bekräftigte, dass "legitime Sicherheitsinteressen aller Parteien" berücksichtigt werden müssten, womit sich Peking erneut eher hinter die russische Position stellte. Auch forderte Xi Jinping den Aufbau eines "ausgewogenen europäischen Sicherheitsrahmens", was gemeinhin als Kritik an den USA und einer Ausweitung der Nato verstanden wird.

Moskau schließt Vermittlung durch Peking aus

Der Kreml hat eine Vermittlung im Ukraine-Konflikt durch China während des China-Besuchs von Macron und von der Leyen erneut ausgeschlossen. China verfüge zwar "zweifellos über ein sehr effektives und überragendes Vermittlungspotenzial", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau, doch die Situation mit der Ukraine sei "komplex". "Bislang gibt es keine Aussichten auf eine politische Lösung", sagte Peskow. Derzeit sehe Moskau "keine anderen Möglichkeiten als die Fortsetzung der Spezialoperation".

Emmanuel Macron sieht Peking hingegen in einer Schlüsselposition für Friedensverhandlungen. "Ich bin fest davon überzeugt, dass China eine wichtige Rolle bei der Schaffung von Frieden spielt", hatte Macron kurz vor seinem Treffen mit Xi auf Chinesisch bei Twitter mitgeteilt. Er wolle das bei seinen Gesprächen "diskutieren und vorantreiben". Macron wollte nach eigenen Angaben versuchen, "China hinsichtlich einer gemeinsamen Verantwortung für Frieden und Stabilität einzubinden".

"Grenzenlose Freundschaft" zwischen China und Russland

Xi und der russische Präsident Wladimir Putin hatten vor dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022 von einer "grenzenlosen Freundschaft" zwischen ihren Ländern gesprochen. Seit dem Einmarsch in die Ukraine vor gut einem Jahr gibt China Präsident Wladimir Putin politisch Rückendeckung. China hat sich geweigert, den russischen Feldzug zu kritisieren, rief aber zu Friedensverhandlungen auf.

Der Schulterschluss Pekings mit Moskau spiegelt auch die geostrategische Rivalität mit den USA wider. Die USA und die Nato werden von Peking als Hauptschuldige des Konflikts dargestellt. Während Xi Jinping vor zwei Wochen in Moskau mit Putin zusammengetroffen war, gab es seit Beginn des Krieges nicht einmal ein Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Die Nato hatte Peking wiederholt davor gewarnt, Waffen an Russland zu liefern, zuletzt am Mittwoch. Wenn es zu solchen Waffenlieferungen käme, könnte dies die Lage weiter verschärfen. China ist bereits der größte Abnehmer für russisches Öl und Gas und trägt entscheidend dazu bei, Russlands finanzielle Situation zu stabilisieren. Zugleich gewinnt Peking damit wachsenden Einfluss auf Russland.

Von der Leyen: Bei Beziehungen zu China Risiken reduzieren

Beim China-Aufenthalt Macrons und von der Leyens geht es neben dem Ukraine-Konflikt auch um Wirtschaftsfragen, wobei beide zuletzt recht unterschiedliche Akzente setzten. Macron war mit einer 50-köpfigen französischen Wirtschaftsdelegation nach China gereist und hatte bereits gewarnt, man dürfe China nicht ausgrenzen. Von der Leyen hatte dagegen im Vorfeld der Reise erklärt, dass die EU-Staaten ihre Abhängigkeit von China reduzieren müssten.

In Peking rügte die deutsche Kommissionschefin die "erhebliche Benachteiligung" vieler europäischer Unternehmen in China. So sähen sich etwa Hersteller von Medizintechnik mit einer "diskriminierenden Kauf-in-China-Strategie konfrontiert". Auch Patentverstöße seien in China weiterhin ein massives Problem, betonte sie. Beim Klima- oder Artenschutz sei die Zusammenarbeit mit Peking dagegen unerlässlich, betonte von der Leyen. Deshalb gehe es auch nicht um eine Entkopplung von China, sondern das Vermindern von Risiken.

Macron verteidigt Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu Peking

Macron wies in Peking den Vorwurf zurück, dass sein Besuch dem Ziel widerspreche, Risiken im Verhältnis zu China abzubauen. "Strategische Autonomie bedeutet nicht Autarkie", erklärte er. Frankreich sei vorsichtig gewesen und habe seine strategischen Telekom-Betreiber und Energieversorger nicht in außereuropäische Hände fallen lassen. Aber es gebe immer noch Geschäftsmöglichkeiten in Sektoren, in denen die nationale Sicherheit nicht gefährdet sei, wie etwa in der Landwirtschaft. "Das ist der Unterschied zwischen Risikoabbau und Abkopplung."

Allerdings gab es auch chinesisch-französische Vertragsabschlüsse in sensiblen Technologiebereichen wie der Atomtechnik und dem Flugzeugbau. So unterzeichnete Airbus-Chef Guillaume Faury in Peking eine Vereinbarung über die Verdoppelung der Produktionskapazitäten des Flugzeugbauers in der Volksrepublik.

Kiesewetter: Nicht auf Chinas Friedensplan verlassen

Deutsche Politiker mahnten zuletzt zu Vorsicht in den Beziehungen zu China, besonders unter Verweis auf den Ukraine-Konflikt. Der Unions-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sagte, der chinesische Staatspräsident Xi habe bisher jedes Gesprächsangebot aus der Ukraine abgelehnt, weil seine Regierung die Ukraine nicht als souveränen Staat betrachte: "Sie sehen die Ukraine als Teil Russlands, so wie sie selbst Taiwan als Teil der Volksrepublik China begreifen." Deswegen dürfe man sich auf den chinesischen Friedensplan nicht verlassen, sagte Kiesewetter im Deutschlandfunk. Stattdessen gelte es, "mit Eigeninitiativen der Ukraine den Rücken zu stärken".

Bütikofer: Nicht klug, alles wirtschaftlichen Beziehungen zu kappen

Auch der grünen Europa-Abgeordnete Reinhard Bütikofer zweifelt an dem chinesischen Friedensplan für die Ukraine. China rede zwar vom Frieden, aber der Plan laufe darauf hinaus, dass die Ukraine auf einen Teil ihrer Souveränität und einen Teil ihres Staatsgebietes verzichten soll, sagte er im rbb24 Inforadio.

In der Bayern 2-radioWelt äußerte sich Bütikofer zu wirtschaftlichen Aspekten. Seiner Ansicht nach muss die EU unabhängiger von China werden. "Wir müssen dort eingreifen, wo durch Verflechtungen einseitige Abhängigkeiten entstehen", sagte der Vorsitzende der China-Delegation des EU-Parlaments. Anders als im Fall Russlands sei es bei China aber weder klug noch realistisch, alle wirtschaftlichen Beziehungen zu kappen. Wichtig sei es insgesamt, die Risiken zu minimieren.

Mit Informationen von AFP, Reuters, dpa, AP

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