Flüchtlinge sind in einem der Zelte einer provisorischen Flüchtlingsunterkunft in Hessen unterwegs (Archivbild)
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Flüchtlinge sind in einem der Zelte einer provisorischen Flüchtlingsunterkunft in Hessen unterwegs (Archivbild)

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Verschärfter Streit um Asylpolitik der Ampelkoalition

Krach um die Asylpolitik vor den EU-Beratungen - einmal innerhalb der Ampelkoalition, Kritik kommt aber auch von der Opposition. Hauptstreitpunkt sind geplante Asylverfahren an der EU-Außengrenze. Laut CSU spaltet die Ampel damit die Bevölkerung.

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Großer Krach um die Asylpolitik kurz vor den EU-Beratungen am Donnerstag - einmal innerhalb der Ampelkoalition, Kritik kommt aber auch von der Opposition. Hauptstreitpunkt ist der Modus der geplanten Asylverfahren an der EU-Außengrenze.

FDP gegen Vorschlag von SPD und Grünen

Nach den Vorstellungen von SPD und Grünen soll es dabei Ausnahmen für Familien mit Kindern und Minderjährige geben. Beide Parteien wollen Familien mit Kindern unter 18 Jahren sowie alle unbegleiteten Minderjährigen generell aus den vorgesehenen Asylverfahren an den EU-Grenzen ausnehmen. Das lehnt die FDP jedoch ab. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte dem "Tagesspiegel", solche Ausnahmen gefährdeten die Einigung in Europa.

Union kritisiert Aufweichen der Vorschläge

Unterstützung bekam Djir-Sarai aus der Union: Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagte dem "Tagesspiegel", wenn man Familien von den Verfahren an den Außengrenzen ausnimmt, schwäche das den Ansatz. Auf deren Bedürfnisse kann man laut Frey später im Asylverfahren Rücksicht nehmen.

SPD und Grüne setzen sich dagegen auf EU-Ebene dafür ein, dass Familien mit minderjährigen Kindern von den Grenzverfahren ausgenommen werden. Vor allem die Grünen hatten darauf bestanden. Die EU-Kommission hatte ursprünglich strengere Regeln vorgeschlagen. So sollten nur Familien mit Kindern unter zwölf bei der Prüfung außen vor bleiben. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass Menschen aus Ländern mit einer geringen Anerkennungsquote schon in der Nähe der EU-Außengrenze den ersten Teil des Asylverfahrens durchlaufen. Das soll nach Vorstellungen der Kommission maximal drei Monate dauern.

CSU verteidigt Asylverfahren an EU-Außengrenze

Der Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), verteidigte die Idee von Asylverfahren an den Grenzen. In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sprach er sich zugleich dafür aus, dass die Bundespolizei Schiffe ins Mittelmeer schickt, um in Seenot geratene Menschen zu retten - wie früher bei der EU-Marinemission "Sophia". Dem widersprach wiederum Thorsten Frei: "Je mehr Schiffe im Mittelmeer zur Rettung unterwegs sind, desto mehr Menschen machen sich mit seeuntauglichen Booten auf den gefährlichen Weg und bringen sich in Lebensgefahr."

Dobrindt: Ampel spaltet Bevölkerung

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte den Stopp von Programmen zur freiwilligen Aufnahme von Flüchtlingen. Zugleich machte er in der "Augsburger Allgemeinen" (Montag) die Ampel-Koalition für eine polarisierte Stimmung in Deutschland verantwortlich. "Die Ampel verschärft mit ihrer andauernden Untätigkeit bei der Bekämpfung der irregulären Migration die Spaltung in der Bevölkerung", so Dobrindt. "Es braucht jetzt endlich einen Kurswechsel der Bundesregierung: Die freiwilligen Aufnahmeprogramme der Ampel müssen sofort beendet werden." Deutschland dürfe "nicht länger der größte Magnet für illegale Migration in Europa" sein.

Offener Brief von Prominenten

Flüchtlingsorganisationen und einige Prominente und Künstler kritisieren eine Verschärfung der Asylpolitik etwa mit Grenzverfahren. In einem offenen Brief an die Bundesregierung vom Samstag heißt es, die Migrationspolitik verirre sich in einem Wettstreit der Unwürdigkeit. Der Populismus gewinne die Oberhand. Lösungen im Sinne der Menschlichkeit blieben auf der Strecke. Als Unterzeichner des Internetaufrufs wurden unter anderem Herbert Grönemeyer, die Bands Kraftklub und Revolverheld, die Schauspieler Katja Riemann und Benno Fürmann sowie Fernsehmoderatorinnen und -moderatoren wie Klaas Heufer-Umlauf und Ruth Moschner aufgelistet.

EU berät diese Woche über Reform des Asylsystems

Am kommenden Donnerstag beraten die Innenminister der EU in Luxemburg über eine Reform des EU-Asylsystems. Dabei soll es auch um Prüfverfahren schon an den EU-Außengrenzen gehen.

Hintergrund der EU-Beratungen sind die gestiegenen Migrantenzahlen. Seit Monaten versuchen sehr viele, von Nordafrika über das Mittelmeer Süditalien zu erreichen. Nach Angaben aus Rom kamen seit Januar mehr als 50.000 Migranten auf Booten nach Italien. Dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zufolge starben seit Jahresanfang bei Überfahrten mehr als 980 Menschen oder werden seither vermisst. In Deutschland wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres gut 100.000 Asyl-Erstanträge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entgegengenommen, eine Zunahme um rund 78 Prozent.

Mit Informationen von dpa und KNA

Im Audio: Uneinigkeit wegen Asylpolitik vor EU-Gipfel am Donnerstag

Seit der Flüchtlingskrise 2015 ringt die EU um eine gemeinsame Asylpolitik. Auch in Deutschland bahnt sich gerade Streit darüber an. Grüne und SPD wollen Kinder und Familien besserstellen - doch FDP und auch CDU halten dagegen.
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Großer Krach um die Asylpolitik kurz vor den EU-Beratungen am Donnerstag.

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