Der Zug des Christopher Street Day (CSD) in Berlin zieht über die Leipziger Straße.
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Der Zug des Christopher Street Day (CSD) in Berlin zieht über die Leipziger Straße.

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"Vereint in Liebe": Berlin feiert den Christopher Street Day

Zehntausende Menschen haben in Berlin an der Kundgebung zum Christopher Street Day teilgenommen. In oft bunten Kostümen und mit viel Partystimmung zogen sie Richtung Brandenburger Tor. Auch ein politisches Statement gegen Hass und Hetze.

Laut, bunt und schrill: Nach zwei Jahren Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie ist am Samstag in Berlin wieder eine große Partyparade zum Christopher Street Day (CSD) durch die Stadt gezogen. Die Polizei zählte zunächst rund 150.000 Teilnehmer.

Den Berliner Organisatoren zufolge haben sich 500.000 Menschen angemeldet, gefeiert werden soll bis in die Nacht. In der vergangenen Woche hatte der CSD in München laut Polizei 375.000 Menschen in die Innenstadt gelockt.

Berliner CSD: Eine der größten LSBTI-Veranstaltungen in Europa

Das Berliner Spektakel begann mit einer Kundgebung und einem Konfettiregen auf dem Spittelmarkt in Stadtbezirk Mitte. Der anschließende Demonstrationszug mit fast 100 Fahrzeugen, lauten House-, Disco- und Elektrobeats und viel fantasievoll gekleidetem Fußvolk führte auf einer 7,4 Kilometer langen Strecke durch mehrere Berliner Stadtteile zum Brandenburger Tor. Dort ist dann bis in den Abend hinein eine Abschlussparty mit Bühnenprogramm geplant.

Der Berliner CSD ist eine der größten Veranstaltungen der lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans-, intergeschlechtlichen und queeren Community in Europa.

Gegen Benachteiligung und Diskriminierung"

Die Teilnehmer gehen einerseits gegen Gewalt und Benachteiligung an. Andererseits wollen sie eine sommerliche Mega-Party feiern und einfach Spaß haben. Das kommt auch im Motto der Demonstration zum Ausdruck: Es lautete "Vereint in Liebe. Gegen Hass, Krieg und Diskriminierung".

Pinke Federkostüme und Glitzer-Hosen

Beim Demonstrationszug machten nach Angaben der Veranstalter 96 Fahrzeuge und mindestens 80 Fußgruppen aus aller Welt mit - so viele wie noch nie beim CSD in Berlin, der nun seine 44. Auflage erlebte. Darunter waren auch Menschen aus der Ukraine, die sich seit fünf Monaten eines russischen Angriffskrieges erwehren muss. Dieser Gruppe wurde ein Truck gestellt.

Für die Mega-Party warfen sich viele Teilnehmer richtig in Schale: Ob ausladende Federkostüme in Pink, Glitzer-Hosen, goldene Röcke, schwarze Lederoutfits mit Maske oder einfach nur leichte Sommerklamotten - erlaubt ist, was gefällt. Auch einige fast nackte Frauen reihten sich in den Trubel ein, andere Teilnehmer fielen mit blau oder rosarot gefärbten Haaren auf. Entlang der Route standen Tausende jubelnde Zuschauer, aus Gebäuden entlang des Zuges winkten Menschen mit Regenbogenfahnen.

Auch an Ukraine-Krieg wird erinnert

Die Trucks verbreiteten Musik, Konfettiregen oder Kunstnebel, wippten teils im Takt, nach dem ihre Fahrgäste auf der Ladefläche tanzten. Unter den Fahrzeugen war ein alter Omnibus mit ausgebauten Fenstern, der von oben bis unten mit roten und rosafarbenen Luftballons geschmückt wurde.

Doch es ging auch um politische Botschaften. Berlins Kultursenator Klaus Lederer erinnerte zur Eröffnung an den russischen Krieg gegen die Ukraine. "Tausende Menschen sind geflüchtet, darunter viele queere Menschen." In Deutschland würden Menschen aus der Community diskriminiert, beklagte der Linken-Politiker, der selbst offen schwul ist. Der Kampf dagegen und für Gleichstellung müsse weitergehen. "Wir müssen uns emanzipieren."

Giffey: "Hass und Ausgrenzung entgegenstellen"

"Berlin ist und bleibt Regenbogenhauptstadt", erklärte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zum 44. Christopher Street Day. Die Hauptstadt habe "eine der größten LSBTI-Communities" in Europa. "Diese bunte Vielfalt bereichert Berlin."

"Auch heute noch werden Menschen, die sich zur LSBTI-Community zählen, ausgegrenzt und sogar körperlich angegriffen", sagte Giffey weiter. "Hass und Ausgrenzung müssen wir uns deshalb entschieden entgegenstellen." Sie ermutigte Bürgerinnen und Bürger, "klar Haltung dagegen zu beziehen".

Regenbogenfahnen auf dem Reichstagsgebäude

Novum in Berlin: Anlässlich der 44. CSD-Auflage wehen erstmals drei Regenbogenfahnen am und auf dem Reichstagsgebäude, dem Sitz des Bundestags. Auch das Kanzleramt und andere Institutionen wie das Bundesinnen- oder das Bundesverteidigungsministerium setzen mit der Flagge ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz, der Bundesrat hatte dies ebenfalls angekündigt. Erst im April hatte das Innenministerium offiziell die Genehmigung erteilt, dass das Symbol zu bestimmten Anlässen vor oder auf Dienstgebäuden des Bundes gehisst werden darf.

2021 war CSD wegen Corona extrem eingeschränkt

Der Christopher Street Day wird weltweit gefeiert. Die Bewegung geht auf Ereignisse im Juni 1969 zurück, als Polizisten in New York eine Bar in der Christopher Street stürmten und so einen Aufstand von Schwulen, Lesben und Transmenschen auslösten.

In den letzten beiden Corona-Jahren fand der CSD in Berlin nur eingeschränkt statt. 2020 wurde die Parade offiziell abgesagt, einige Tausend Menschen gingen trotzdem bei einer Alternativveranstaltung auf die Straße. 2021 demonstrierten Zehntausende bei einer abgespeckten CSD-Parade unter strikten Corona-Auflagen, zudem galt ein Alkoholverbot.

Mit Material der Agenturen dpa und AFP

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