Erst das Telefonat zwischen Trump und Putin kurz vor der Münchner Sicherheitskonferenz, dann der Eklat zwischen Trump und Selenskyj im Weißen Haus. Anfang dieser Woche nun die Meldung, dass die USA die Militärhilfe für die Ukraine aussetzen.
Bierling: "Kollektives Versagen der Politik"
Für den USA-Experten Stephan Bierling ist das das Ende der transatlantischen Beziehungen, wie sie der Westen bisher kannte. "Das Schreckliche daran ist nicht nur, dass die Amerikaner nicht nur mit Indifferenz gegenüber Europa glänzen, sondern ins Lager Putins gewechselt sind", sagte der Politikwissenschaftler an der Universität Regensburg in der Münchner Runde im BR Fernsehen.
Auf diese Zeiten sei man in Deutschland und Europa überhaupt nicht vorbereitet. "Wir sind sicherheitspolitisch im Grunde so schwach, wie wir es fast nie in unserer Geschichte waren". Jetzt fehle die Zeit, um das zu tun, was man vor zehn oder 15 Jahren hätte beginnen müssen zu tun. "Wir haben ein kollektives Versagen in der Politik, uns auf schlimme Zeiten vorzubereiten. Das geht quer durch alle Parteien", kritisierte Bierling.
Unternehmer Christ: "Europa muss Weltmacht werden"
Für den Unternehmer Harald Christ macht es jedoch wenig Sinn, sich jeden Tag aufs Neue über Trump aufzuregen. "Wir müssen mit den Realitäten, vor denen wir stehen, zurechtkommen". Deutschland und Europa müssten zusammenrücken, um geopolitisch und makroökonomisch von USA, China und Russland ernst genommen zu werden. "Europa muss Weltmacht werden und das sowohl wirtschaftlich, als auch militärisch", forderte Christ. Er wurde 2009 als SPD-Wirtschaftsminister gehandelt, später war er Bundesgeschäftsführer der FDP, verließ die Partei aber nach dem Zusammenbruch der Ampelkoalition 2024 wieder.
CDU-Politiker Bosbach: Aussetzung der Wehrpflicht war ein Fehler
Für CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ist klar: "Wir waren nie eine und wir wollen auch keine Weltmacht werden." Politisch stark könne Deutschland nur in einem geeinten Europa sein. Das sei angesichts der teils unterschiedlichen politischen Vorstellungen innerhalb der EU schwer genug.
Die Aussetzung der Wehrpflicht 2011 ist für Bosbach aus heutiger Sicht ein Fehler: "Das reicht doch nicht, der Bundeswehr Geld zu geben, wir brauchen auch Personal!" Das seien Punkte, die bei den aktuellen Koalitionsverhandlungen mitberaten werden müssten.
Wirtschaftsweise Monika Schnitzer zeigte sich in der Münchner Runde besorgt über Trumps Zölle - zum Beispiel gegenüber Kanada.
Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrats Wirtschaft, blickt mit Sorge auf die Zölle, die US-Präsident Trump erhebt – zum Beispiel gegen Kanada: "Ich bin inzwischen so weit, dass ich denke: Vielleicht geht es ihm gar nicht um die Zölle. Vielleicht will er wirklich, dass Kanada der 51. Bundesstaat der Vereinigten Staaten ist", sagte Schnitzer.
Bierling: Trump ist "klassische Mafia-Boss"
Politikwissenschaftler Bierling reagierte prompt darauf: "Das wissen wir nicht. Bei Trump wissen wir im Grunde nie, worauf er hinauswill". Für Bierling ist Trump ein "klassischer Mafia-Boss", der seine Ideen gegenüber anderen durchsetzen wolle – egal, ob als "Immobilienhai", in seiner Fernsehshow oder nun als US-Präsident.
"Er ist ein ultimativer Narzisst. Da kommt es gar nicht so sehr auf Ergebnisse an, solange das Publikum unterhalten ist und ihm zustimmt", so Bierling. Mit den Zöllen habe Trump als Präsident der größten Wirtschaftsnation der Welt einen langen Hebel, aber gleichzeitig dürfe man bei ihm auch kein rationales Kalkül unterstellen.
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