Wenn es um Online-Bewertungsportale geht, sind Deutschlands Ärzte in drei Gruppen geteilt. Den einen sind solche Portale weitgehend egal. Dann gibt es Ärzte, die Online-Portale gerne nutzen, um sich vorteilhaft darzustellen. Und es gibt Mediziner wie eine Hautärztin aus Köln: Sie ist bis vor den Bundesgerichtshof gezogen, so sehr ärgert sie sich über das Geschäftsmodell des Marktführers Jameda. Das sieht vor, dass alle Ärzte einen Eintrag haben - ungefragt und kostenlos. Aber Ärzte können auch Geld zahlen. Damit erreichen sie unter anderem, dass keine Konkurrenten unten auf dem Bildschirm eingeblendet werden. Bei Ärzten, die nichts zahlen, ist das anders: Unter ihrem Eintrag sind Hinweise auf zahlende Kunden zu sehen. Die Anwältin der klagenden Ärztin, Anja Wilkat, hält dieses Geschäftsmodell für rechtswidrig.
Anwältin der Klägerin: "Schutzgelderpressung"
"Wer zahlt, darf sich vorteilhaft auf Jameda darstellen und bleibt von Hinweisen auf Konkurrenten verschont. Wer nicht zahlt, wird unvorteilhaft dargestellt und muss dabei auch noch als Werbefläche für seine Konkurrenten herhalten. Gegen dieses Geschäftsmodell, was man - zugespitzt - vielleicht auch als Schutzgelderpressung bezeichnen könnte, wendet sich unsere Mandantin mit ihrer Klage vor dem BGH", so die Anwältin der Klägerin. Der Geschäftsführer von Jameda, Florian Weiß, versteht die Aufregung nicht. Wer etwa einen Hausarzt in Nürnberg oder einen Orthopäden in Passau sucht, bekomme eine Liste angezeigt, die nichts damit zu tun habe, ob Ärzte zahlende Kunden von Jameda sind oder nicht. "Die einzigen Faktoren, die das Ranking beeinflussen, sind die Anzahl der Bewertungen und die Durchschnittsnote", so Weiß. Der Jameda-Chef räumt ein, dass seine Firma Geld verdient, indem sie Ärzten die Möglichkeit gibt, sich mit einem Bild und Zusatzinformationen positiv darzustellen. Dadurch würden aber Ärzte, die nichts zahlen wollen, keineswegs benachteiligt. "Wichtig ist: Unten steht auch nicht, das sind die besten Ärzte, sondern wir zeigen, es gibt weitere Ärzte in der Umgebung, die dir mehr Informationen anbieten", sagt der Geschäftsführer.
Anwältin: Aussicht auf Löschungsanträge
Eine ganze Reihe von früheren Gerichtsverfahren hat Jameda gewonnen. Auch die Geschäftsmodelle von Konkurrenten wie Sanego oder Docinsider sind vor Gericht immer wieder bestätigt worden. Diesmal ist die Anwältin Anja Wilkat aber zuversichtlich, dass ihre Mandantin gewinnt. Und sie glaubt, dass ein Urteil des Bundesgerichtshofes auch auf andere Ärzte angewendet werden könnte.
"Die könnten dann auch für sich Löschungsanträge gegen Jameda geltend machen, denen dann höchstwahrscheinlich auch nachgekommen würde", so die Anwältin.
Manche Unternehmen bieten positiven Eintrag für rund 70 Euro an
Jameda-Chef Florian Weiß hingegen glaubt nicht, dass ein Urteil des Bundesgerichtshofes grundlegende Auswirkungen auf das Geschäftsmodell seiner Firma hätte. Wenn überhaupt, gehe es nur um Details. Aber er räumt ein, dass die Rechtsstreitigkeiten rund um Arzt-Bewertungsportale damit längst nicht vorbei sein werden. Jameda selbst geht immer wieder gegen Firmen vor, die im Internet positive Bewertungen verkaufen. Ein Unternehmen namens "Bewertungsfabrik" beispielsweise bietet positive Einträge für 69,90 Euro pro Stück an. Weiß findet das sehr ärgerlich: "Die Herausforderung liegt darin, dass Anbieter solcher Dienstleistungen oft im Ausland sitzen, also wir haben es da mit Unternehmen - oft Briefkastenfirmen auf Malta oder Zypern - zu tun, wo der juristische Durchgriff schwieriger ist." Seine Firma tue alles, um erfundene Bewertungen herauszufiltern, sagt Weiß - schon aus wirtschaftlichem Interesse: "Unser Kapital ist die Glaubwürdigkeit beim Patienten. Und wenn der Patient sich auf die Bewertung auf Jameda nicht verlassen kann, wird unsere Plattform enorm an Wert einbüßen." Einen Wertverlust will das Unternehmen, das zum Medienkonzern Burda gehört, auf jeden Fall verhindern.