Ein Passant geht an der Zentrale von Uniper vorbei.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Federico Gambarini

Ein Passant geht an der Zentrale von Uniper vorbei.

  • Artikel mit Audio-Inhalten

Rettungsplan: Bund soll Uniper fast komplett übernehmen

Uniper ist wegen ausbleibender Gaslieferungen aus Russland in Schieflage geraten - nun übernimmt der Bund das Unternehmen fast komplett. Dadurch soll die Versorgungssicherheit sichergestellt werden. Aber auch die Gasumlage soll kommen.

Die Bundesregierung, der Energiekonzern Uniper und der bisherige Uniper-Mehrheitseigentümer Fortum haben sich auf eine weitgehende Verstaatlichung von Uniper verständigt. Am Mittwoch wurde ein entsprechendes Stabilisierungspaket für Uniper unterzeichnet, wie das Unternehmen in Düsseldorf mitteilte. Es sehe eine Kapitalerhöhung und den Erwerb der Uniper-Anteile von Fortum vor, berichtete Fortum. Anschließend werde der Bund etwa 98,5 Prozent der Anteile an Uniper besitzen.

Uniper-Rettung ist "deutlich umfangreicheres Stabilisierungspaket"

Die jetzige Rettung des Gas-Importeurs Uniper ist laut Bundesregierung ein "alternatives, deutlich umfangreicheres Stabilisierungspaket" im Vergleich zum Rettungsschirm vom Juli. "Uniper ist eine zentrale Säule der deutschen Energieversorgung", betonte das Bundeswirtschaftsministerium.

"Durch die heute beschlossene mehrheitliche Übernahme erlangt der Bund die wesentlichen Mitsprache- und Kontrollrechte bei dem Unternehmen, um die Versorgungssicherheit in Deutschland sicherstellen zu können." Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach begrüßte den Schritt: "Die Änderung des Stabilisierungspakets gegenüber Juli war notwendig vor dem Hintergrund der weiteren Verschärfung der Energiekrise."

Habeck: Auch Gasumlage soll kommen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zufolge soll es auch bei der geplanten Gasumlage bleiben, mit der die Gaskunden an den Verlusten der Konzerne beteiligt werden sollen. Sie solle ab Oktober gelten und auch Uniper zugutekommen. Der Staat werde Firmen stützen: "Der Staat wird, das zeigen wir ja, alles Nötige tun, um die Unternehmen immer stabil am Markt zu halten", so Habeck. "Das gilt für Uniper. Das gilt für die anderen großen systemrelevanten Unternehmen in Deutschland."

Rechtliche Prüfung der Gasumlage bis zu drei Monate

Die Gasumlage werde erhoben, es werde aber eine finanzverfassungsrechtliche Prüfung des Finanzministeriums geben, so der Minister. Diese könne drei Monate dauern. Wenn die Umlage nicht erhoben werden dürfe, müsse es sofort eine Alternative geben. Hintergrund ist, dass es rechtlich unklar ist, ob Staatsunternehmen die Umlage kassieren dürfen. Mit der Übernahme von Uniper würde ein solches Unternehmen davon profitieren.

Bei Uniper zieht Habeck jetzt die Reißleine. Der Bund plant eine Kapitalerhöhung in Höhe von acht Milliarden Euro zum Preis von 1,70 Euro je Aktie. Zudem übernehme er alle Anteile von Fortum an Uniper zu einem Preis von 1,70 Euro je Aktie, was einem Kaufpreis von rund 480 Millionen Euro entspreche. Der Bund sichere zudem die Finanzierung des Unternehmens bis zur Umsetzung der Kapitalerhöhung.

Maßnahmen zur Uniper-Rettung stehen noch unter Vorbehalt

Die staatliche KfW-Bank werde Uniper Finanzmittel entsprechend ihrem Liquiditätsbedarf zur Verfügung stellen, berichtete Uniper. Dazu zähle auch die Ablösung einer Kreditlinie von Fortum, die aus einem Gesellschafterdarlehen in Höhe von vier Milliarden Euro sowie einer sogenannten Garantielinie in Höhe von ebenfalls vier Milliarden Euro bestehe. Die Stabilisierungsmaßnahmen stehen noch unter Vorbehalt. So stünden noch Genehmigungen der EU-Kommission aus. Im vierten Quartal 2022 soll eine außerordentliche Uniper-Hauptversammlung die Maßnahmen beschließen.

Fortum selbst gehört zu knapp 51 Prozent dem finnischen Staat. Schon im Juli hatten sich die Bundesregierung, Uniper und Fortum auf ein milliardenschweres Rettungspaket geeinigt. Es hatte bereits eine Minderheitsbeteiligung des Bundes vorgesehen. Am 14. September hatte Uniper mitgeteilt, dass bei den Gesprächen über das Stabilisierungspaket auch eine Kapitalerhöhung geprüft werde, die zu einer "signifikanten Mehrheitsbeteiligung" des Bundes an Uniper führen würde.

Grafik: Gasspeicher in Deutschland von 2011 bis 2021

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

Wichtiger Lieferant für Stadtwerke und Unternehmen

Uniper ist in Schieflage geraten, weil Russland kein Gas mehr nach Deutschland pumpt. Der Gas-Großhändler ist Lieferant für über 100 Stadtwerke und große Unternehmen und spielt damit eine zentrale Rolle für die Erdgasversorgung von Deutschland. Das aus Russland fehlende Gas muss sich das Unternehmen jetzt teuer auf dem Gasmarkt kaufen. Zuletzt hatte Uniper von täglichen Verlusten in Höhe von über 100 Millionen Euro gesprochen. Uniper hatte allein im ersten Halbjahr einen Verlust von über zwölf Milliarden Euro eingefahren.

Uniper-Papiere verloren am Morgen deutlich. Im frühen Xetra-Handel ging es zunächst um fast 21 Prozent auf 3,314 Euro zurück. Anschließend folgte eine Verlustbegrenzung auf 3,572 Euro, bevor das Minus wieder etwas deutlicher wurde. Der Kursverlust der Anteile beläuft sich in diesem Jahr aktuell auf 92 Prozent.

Verdi begrüßte Entscheidung

Die Gewerkschaft Verdi begrüßt unterdessen die Entscheidung der Bundesregierung, Uniper fast komplett zu verstaatlichen. Die Übernahme sei notwendig, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und sei im Sinne der Beschäftigten, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz. Uniper hat 5.000 Beschäftigte alleine in Deutschland.

Der Bund ist in der Vergangenheit bereits mehrfach Unternehmen finanziell zur Seite gesprungen, etwa in der Corona-Krise der Fluggesellschaft Lufthansa oder dem Reiseanbieter Tui. Unter dem Druck der Finanzkrise beteiligte sich der Staat Anfang 2009 an der Commerzbank. Beobachter gehen davon aus, dass die Uniper-Übernahme durch den Bund die größte Rettungsaktion für ein einzelnes Unternehmen in der bundesdeutschen Geschichte ist.

(Mit Material von dpa, reuters, afp)