Leopard-2-Panzer auf einem Feld.
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Mit 14 Leopard-2-Panzern wird Deutschland die Ukraine unterstützen.

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Wird Deutschland wegen der Panzerlieferungen zur Kriegspartei?

Deutschland wird durch die Lieferung der Leopard-Panzer an die Ukraine nicht zur Kriegspartei, so Militärexperte Carlo Masala im Interview mit BR24. Viele Menschen machen sich dennoch Sorgen. Auch manche Experten sehen das Risiko einer Eskalation.

Nach Aussage des Militärexperten Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität München wird Deutschland durch die Lieferung der Leopard-Panzer an die Ukraine nicht zur Kriegspartei. Völkerrechtlich betrachtet sei Deutschland keine Kriegspartei, solange nicht deutsche Soldaten mit deutschen Hoheitsabzeichen in der Ukraine kämpften. Das sagte Masala im Interview mit BR24.

Putin bezeichnet die Nato-Staaten schon lang als Kriegsparteien

Putin habe allerdings sämtliche Nato-Staaten, nicht nur Deutschland, schon lange zur Kriegspartei erklärt, so Masala weiter. Die Lieferung der Leopard-Panzer ändere daran nichts. Masala hält es für denkbar, dass die Russische Föderation als Reaktion auf die zugesagte Panzerlieferung die angekündigte Frühjahrsoffensive in der Ukraine vorzieht – mit dem Ziel, Territorium zu erobern, bevor die Leoparden ins Kriegsgeschehen eingreifen können.

Der Militärexperte betonte in dem Gespräch, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seine zögerliche Haltung in der Debatte um die Leopard-Lieferung erklären hätte müssen. Aus deutscher Perspektive habe er die Panzerfrage dennoch gut gelöst, weil er sein Ziel, nämlich das einer Risikoteilung, erreicht habe. Scholz wollte, so Masala, "die Abrams-Panzer der Amerikaner im Einsatz sehen, um im Falle einer russischen Gegenreaktion die ganze Nato zu haben, die dann wiederum reagiert".

Viele Menschen machen sich Sorgen

Auf die Frage, ob Deutschland damit zur Kriegspartei werde, entgegnete auch Scholz: "Nein, auf keinen Fall." Doch vielen Bürgerinnen und Bürgern macht die Entscheidung, der Ukraine Kampfpanzer zu liefern, große Sorgen - auch angesichts der Tatsache, dass der ukrainische Vize-Außenminister und frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, nun prompt von Deutschland auch die Lieferung von Tornado- und Eurofighter-Kampfjets, Kriegsschiffen und U-Booten an sein Land fordert. Die bereits zugesagten Panzerlieferungen feiert Melnyk: "'Yee-haw! Heute werde ich mich mit meinem deutschen Lieblingsbier betrinken." Für viele ist das keine angemessene Reaktion angesichts der Tatsache, dass Menschen im Krieg ihr Leben verlieren.

Vor allem die Jüngeren sehen die Panzerlieferungen kritisch

Diese Tendenz zur Sorge zeigt auch der aktuelle DeutschlandTrend für das ARD-Morgenmagazin. Hier spricht sich nur eine knappe Mehrheit dafür aus, der Ukraine schwere Kampfpanzer zu liefern. Dabei sind Unterschiede zu erkennen: zwischen Ost und West, zwischen der jeweiligen Parteipräferenz und auch im Alter. Gerade jüngere und mittlere Altersgruppen sehen die Lieferung von schweren Kampfpanzern kritisch. 52 Prozent der 18- bis 34-Jährigen sagen demnach: "Deutschland sollte nicht liefern."

Dass sich junge Menschen Sorgen machen, zeigt sich auch im Netz: Ein BR24-TikTok-Video zu den Leopard-Panzerlieferungen mit der Frage "Was haltet ihr davon?" erreicht überdurchschnittlich hohe Reichweiten. In den Kommentaren überwiegt die Ablehnung der Lieferung und die Befürchtung, dass der Krieg damit nach Deutschland kommt.

Auf Twitter wird Außenministerin Annalena Baerbock heftig für ihre Aussage kritisiert: "We are fighting a war against Russia and not against each other - Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander."

Gerhard Mangott, Professor für Internationale Beziehungen und Russland-Experte.
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Gerhard Mangott, Professor für Internationale Beziehungen und Russland-Experte.

Wie ernst muss man die Drohungen aus Russland nehmen?

Die Stimmung im Land ist also gespalten, auch wenn Bundeskanzler Scholz um Vertrauen wirbt. Viele haben Angst vor einer weiteren Eskalation. Was riskieren wir also mit den Panzerlieferungen? "Alles, was die Allianz und die von mir erwähnten Hauptstädte (Europas und der USA) tun, wird in Moskau als direkte Beteiligung am Konflikt aufgefasst", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Im russischen Staatsfernsehen wird Deutschland bereits als Kriegspartei gesehen. Ein beliebter Talkshow-Moderator erklärte, "die Panzerlieferungen bedeuten, dass wir deutsches Territorium und Militärbasen als legitime Ziele ansehen". Alles Propaganda? Wie ernst muss man solche Drohungen nehmen?

Politikwissenschaftler: weniger Kontrolle über "Eskalationsrisiken"

So genau lasse sich das nicht vorhersagen, meint Politikwissenschaftler Gerhard Mangott von der Universität Innsbruck im BR-Magazin Kontrovers. Er gibt zu bedenken, dass ein Erfolg für die ukrainische Gegenoffensive durch die Lieferung westlicher Kampfpanzer sehr viel wahrscheinlicher wird. "Dadurch könnte eine Situation entstehen, wo Russland sich vor einer desaströsen Kriegsniederlage sieht und dann auch – das ist eine Möglichkeit, keine Wahrscheinlichkeit – zu taktischen Nuklearwaffen greift. Das heißt, sobald man diese Panzer liefert, hat man nicht mehr die völlige Kontrolle über die Eskalationsrisiken."

Den Krieg erklären werde Russland trotzdem nicht, sagte Kreml-Sprecher Peskow. Russland nennt die Invasion in die Ukraine weiter "militärische Spezialoperation". An ihrem Status werde sich nichts ändern.

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