In der Türkei würden die Haftstrafen immer sehr hoch angesetzt werden. Das Ziel sei, die Menschen einzuschüchtern, so Tolu. Der Widerspruch zwischen der Freilassung Yücels und einer Anklage gegen ihn mit der Forderung auf 18 Jahre Haft liegt ihr zufolge im ganzen System der Türkei, nicht an Widersprüchen innerhalb der Justiz.
Trotzdem liebe sie die Türkei, erklärte Tolu weiter, die erst vor kurzem selbst aus der Haft entlassen wurde, aber nicht aus der Türkei ausreisen darf, weiter.
Deniz Yücel ist derweil neuesten Meldungen zufolge auf dem Weg zum Flughafen, um das Land zu verlassen.
Can Dündar: Erdogan weiß nun, man kann verhandeln
Unterdessen ist eine heftige Debatte darüber entbrannt, ob dem türkischen Regime für die Freilassung Yücels Zugeständnisse gemacht wurden oder nicht. Der türkische Journalist Can Dündar etwa fürchtet negative Konsequenzen aus der Freilassung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel auf die Pressefreiheit in der Türkei. "Sie wird negative Folgen haben, weil Erdogan nun weiß, dass es möglich ist, über inhaftierte Journalisten zu verhandeln", sagte der in Berlin im Exil lebende Ex-Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet" der Deutschen Presse-Agentur. "Erdogan hat etwas als Gegenleistung dafür bekommen, wir wissen nur noch nicht, was. Also warum sollte er nicht noch weitere Journalisten festnehmen lassen?"
Regierung in der Türkei entscheidet, nicht die Justiz
Verantwortlich für die Freilassung Yücels ist nach Dündars Überzeugung eine Entscheidung der türkischen Regierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe darum gebeten, daraufhin habe der türkische Präsident entschieden, Yücel freizulassen. "So funktioniert das Rechtssystem in der Türkei."
Sigmar Gabriel: Keine Verabredungen
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel bestreitet das umgehend:
"Ich kann Ihnen versichern, es gibt keine Verabredungen, Gegenleistungen, oder, wie manche das nennen, Deals in diesem Zusammenhang. Dies, darauf legt auch die türkische Seite großen Wert, in dem Zusammenhang des Verweises darauf, dass es keine politische Einflussnahme mit Ausnahme der Verfahrenbeschleunigung gegeben habe, liegt schon die Ursache dafür, dass es bei uns nie Gegenstand von Gesprächen gewesen ist." Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD)