US-Präsident Donald Trump will, dass die Vereinigten Staaten die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen und das vom Krieg zerstörte palästinensische Küstengebiet wirtschaftlich entwickeln. "Die USA werden den Gazastreifen übernehmen", sagte Trump nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Weißen Haus in Washington. "Wir werden ihn besitzen." International und unter arabischen Staaten stoßen Trumps Pläne auf Ablehnung.
Trump möchte eine "Riviera des Nahen Ostens"
Man werde sich darum kümmern, "alle gefährlichen, nicht explodierten Bomben und andere Waffen auf dem Gelände zu beseitigen" und es "einebnen", um es dann wieder aufzubauen, führte Trump aus, der einst als Immobilienunternehmer tätig war. So sollten "eine unbegrenzte Anzahl von Arbeitsplätzen und Wohnraum für die Menschen in diesem Gebiet" geschaffen werden.
Trumps Vorstoß sieht vor, dass die USA den Gazastreifen nach einer Umsiedelung der palästinensischen Bevölkerung wieder aufbauen und das Gebiet in eine "Riviera des Nahen Ostens" verwandeln, wie er es ausdrückte: "Es wird wundervoll sein für die Menschen – vor allem die Palästinenser, über die wir hier sprechen."
Außenministerin Baerbock: "Inakzeptabel und völkerrechtswidrig"
Aus Deutschland kommt bislang vor allem Kritik an Trumps Plänen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bezeichnete eine Vertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung in einer Mitteilung als "inakzeptabel und völkerrechtswidrig" und berief sich dabei auf den gemeinsamen Standpunkt von G7, EU und UN. "Ich höre hier in der Region nur Bedenken", sagte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der aktuell in Jordanien Gespräche mit dem König führt.
Trump sei "als Immobilienkaufmann unterwegs", kritisierte der außenpolitische Sprecher der SPD, Nils Schmid, die Ideen. Die Union bezeichnete Trumps Äußerungen als "erwartbar disruptive Elemente in der Nahostpolitik". Der bisherige Status quo sei langfristig nicht haltbar, so der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul. Er lobte, dass die USA in Nahost Verantwortung übernehmen wollen.
Reaktionen aus den USA: "Völlig durchgeknallt"
"Er ist völlig durchgeknallt", sagte der demokratische Senator Chris Murphy aus Connecticut zu Trumps Vorschlag. "Er will eine US-Invasion in den Gazastreifen, die Tausende von Amerikanern das Leben kosten und den Nahen Osten für 20 Jahre in Brand setzen würde? Das ist krank." Sein Senatorenkollege Chris Van Hollen bezeichnete die Ideen als "ethnische Säuberung" und wertete sie als "in vielerlei Hinsicht verabscheuungswürdig". Er warnte, dass die Aussagen die Sicherheit von US-Soldaten und Botschaftspersonal in der Region massiv gefährde.
Wer Trumps Ideen unterstützt
US-Außenminister Marco Rubio hingegen unterstützte Trumps Äußerungen. Die USA stünden bereit, den Gazastreifen "wieder schönzumachen", erklärte er in Anlehnung an Trumps Wahlkampfslogan "Make America Great Again". Das Ziel sei dauerhafter Frieden in der Region für alle Menschen. Auch der US-Repräsentantenhaus-Vorsitzende, Mike Johnson, bezeichnete Trumps Pläne als "mutiges" Vorgehen.
Was die Pläne für die Palästinenser bedeuten würden
Die rund zwei Millionen Palästinenser, für die der Gazastreifen ihre Heimat ist, sollen nach Trumps Willen künftig in anderen arabischen Staaten der Region leben. Auch dieser Vorstoß ist höchst umstritten. Denn: Die Palästinenser lehnen eine Vertreibung ab. Außerdem wollen die Nachbarländer Jordanien und Ägypten die Menschen nicht aufnehmen.
Konkret äußerte sich inzwischen die PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation) zu Trumps Plänen. Sie wird international als Vertretung des palästinensischen Volkes anerkannt und von der Fatah-Partei geführt. Man weise "alle Aufrufe zur Vertreibung des palästinensischen Volkes aus seinem Heimatland" zurück, schrieb der palästinensische Spitzenfunktionär weiter. "Wir sind hier geboren, wir haben hier gelebt, und wir werden hier bleiben."
Die Autonomiebehörde des gemäßigten Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas will im Gazastreifen wieder die Kontrolle übernehmen. Die islamistische Hamas hatte sie 2007 gewaltsam von dort vertrieben und bezeichnete Trumps Vorschläge wiederum als "Rezept zur Schaffung von Chaos und Spannungen in der Region", hieß es in einer Mitteilung. Die "rassistische Haltung der Amerikaner" decke sich "mit der Position der israelischen extremen Rechten", sagte ein Hamas-Sprecher.
Saudi-Arabien bekräftigt Unterstützung für Palästinenser
Saudi-Arabien bekräftigte seine Unterstützung für die Palästinenser. Man wende sich gegen "jegliche Verletzung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes, sei es durch israelische Siedlungspolitik, Annektierung von Land oder Versuche, das palästinensische Volk von seinem Land zu vertreiben", hieß es in einer Stellungnahme des Außenministeriums. Auch die Türkei, China und Frankreich sprachen sich gegen eine Zwangsumsiedelung der Palästinenser aus.
Finanzielle Interessen hinter Trumps Ideen möglich
Kritiker vermuten ein finanzielles Interesse von Donald Trumps Familie im Gazastreifen. Seinem Schwiegersohn Jared Kushner, der während Trumps Amtszeit als Nahost-Berater fungierte und in der Immobilienbranche tätig ist, werden wirtschaftliche Ambitionen vorgeworfen. So bezeichnete er das Küstengebiet des Gazastreifens im Februar des vergangenen Jahres als "sehr wertvoll".
Mit Informationen von dpa, AP und Reuters.
Video: Trumps Gaza-Plan - so realistisch ist die Übernahme wirklich
Gebäude, die durch die israelische Luft- und Bodenoffensive zerstört wurden, sind im Viertel Tel al-Hawa im Gazastreifen zu sehen.
Zum Audio: Trump will Gazastreifen unter US-Kontrolle bringen
Netanjahu bei Trump in Washington
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