Für Europa gibt es momentan viele schlechte Nachrichten. Doch es gibt auch Dinge, die gut laufen und Grund zur Hoffnung sind.
Bildrechte: BR / Julia Müller

Für Europa gibt es momentan viele schlechte Nachrichten. Doch es gibt auch Dinge, die gut laufen und Grund zur Hoffnung sind.

    Trotz vieler Krisen: Das läuft in Europa gerade gut

    Neben den vielen Krisen, die den Alltag der Menschen in Europa gerade prägen, gibt es auch Entwicklungen, die Hoffnung machen. BR24 zeigt Beispiele aus sechs Ländern.

    Blickt man auf das Jahr 2022 zurück, bleiben vor allem die schlechten Nachrichten in Erinnerung: extreme Hitzeperioden, die Energiekrise, finanzielle Unsicherheit und der Krieg in der Ukraine. Dabei verliert man den Blick für die Dinge, die momentan gut laufen - doch es gibt in Europa viele Beispiele, die Hoffnung machen. BR24 hat sieben positive aktuelle Entwicklungen gesammelt.

    Österreich, Wien: Konzerte für Menschen mit Demenz

    In den Sälen des Wiener Musikvereins geht es normalerweise sehr fein zu - etwa beim Neujahrskonzert der Wiener Symphoniker. Doch eine neue Konzertreihe richtet sich speziell an Menschen mit einer Demenzerkrankung, berichtete die Nachrichtenagentur AFP.

    Bei diesen Konzerten gelten wenige der Regeln, die man sonst von klassischen Konzerten kennt. "Alles ist erlaubt, jede Reaktion ist willkommen", sagt der Direktor des Musikvereins, Stephan Pauly, der AFP. Die Zuhörer können aufstehen, umhergehen, sich unterhalten und dabei Schubert, Schumann oder Brahms hören. Das Personal ist darin geschult, Menschen mit Demenz zu verstehen und ihnen zu helfen, sich wohler zu fühlen.

    Auch im fortgeschrittenen Stadium seien Menschen mit Demenz noch empfänglich für Musik, weil sie verschiedene Bereiche des Gehirns anspreche, sagt Viktoria Mandl. Sie moderiert die Konzerte und achtet bei der Auswahl des Programms auf Musik, die den Zuschauern bekannt vorkommen könnte. "Musik ist eine Erinnerung, ein Gefühl, eine Verbindung zu verschiedenen Dingen."

    Das Konzept kommt gut an: "Die Leute können sich mitreißen lassen, sie können tanzen und singen, wodurch man die Musik viel intensiver spürt", sagt Andreas Trubel, ein 67-jähriger ehemaliger IT-Entwickler, der mit neurokognitiven Problemen zu kämpfen hat und eine Selbsthilfegruppe für "Menschen, die vergessen" leitet.

    Viele der Zuschauer waren schon Konzertbesucher, bevor sie an Demenz erkrankten. "Wir wissen, dass (die Musik) eine enorme Wirkung hat. Nach den Konzerten sind sie viel glücklicher und fühlen sich lebendig", beobachtet Iris Krall-Radulian, eine der Pflegerinnen.

    Die sechsteilige Konzertreihe "Souvenir" hat im Oktober 2022 begonnen und ist laut Direktor Pauly ein großer Erfolg. Für die nächste Saison sind weitere Konzerte geplant, berichtete die AFP.

    Lettland: Familienhelfer tragen dazu bei, dass Kinder in ihren Familien bleiben können

    In mehreren lettischen Gemeinden wurde über einen Zeitraum von zwei Jahren eine neue Dienstleistung getestet: Familienassistenten. Das berichtete das Nachrichtenportal LSM des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Lettland. Das Projekt wird vom Europäischen Sozialfonds kofinanziert und soll Familien in alltäglichen Lebenssituationen unterstützen. Ziel ist, dass weniger Kinder aus ihren Familien herausgenommen werden müssen. Und das hat Erfolg: In der Gemeinde Augšdaugava hat sich laut LSM die Zahl der gefährdeten Familien in den letzten zwei Jahren halbiert.

    Maija Žigajeva arbeitet als Familienassistentin. Ihre Hauptaufgabe ist es, "Familien zu helfen, die Schwierigkeiten haben, sich in die Gesellschaft zu integrieren, ihre Kinder zu erziehen und als Vertrauensperson zu fungieren", erklärt sie LSM. Dabei gehe es zum Beispiel auch darum, einen Personalausweis zu beantragen oder ein Bankkonto zu eröffnen, sagt Žigajeva. "Sie brauchen eine Art Anstoß, um das zu tun. Sie nennen mich 'Zweitmama'".

    Der Familienassistent sei eine wichtige Dienstleistung und Unterstützung für Familien, sagt Anna Jegorova, Leiterin des Sozialdienstes der Gemeinde Augšdaugava, zu LSM. Die Arbeit soll auch nach Ende des Projekts fortgesetzt werden.

    Frankreich: Innovative Behandlung gegen Mukoviszidose bei Kindern

    Die Einführung einer innovativen Behandlung für Kinder gegen Mukoviszidose sei ein "wunderbares Weihnachtsgeschenk", sagt Thierry Nouvel, Generaldirektor des Vereins "Vaincre la mucoviszidose" gegenüber dem französischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk France Info.

    Mukoviszidose ist eine genetische Krankheit, die kontinuierlich Atmungs- und Verdauungsorgane angreift. Mit der Behandlung "Kaftrio", die bisher nur für Patienten ab zwölf Jahren erhältlich war, können nun auch Kinder "ein viel normaleres Leben führen" und "wahrscheinlich Jahre an Lebenszeit hinzugewinnen", so Nouvel gegenüber France Info. Die Behandlung könne die Mukoviszidose zwar nicht heilen, aber die Atmungsfähigkeit wesentlich verbessern.

    Wie künstliche Intelligenz dabei helfen kann...

    … Menschen in Belgien vor dem Ertrinken zu retten

    Zwanzig angeschlossene Kameras hängen im Schwimmbad "Les Dauphins" im belgischen Mouscron von der Decke, zwei weitere befinden sich am tiefen Ende des Beckens direkt im Wasser. Diese Kameras sind mit künstlicher Intelligenz verbunden und helfen dabei, die Bewegungen der Schwimmer kontinuierlich zu analysieren, wie der belgische öffentlich-rechtliche Sender RTBF berichtete.

    Wenn die KI eine Gefahr erkenne, alarmiere sie die Rettungsschwimmer, erklärt Laurent Vangenberg, der Bademeister des Schwimmbads, das System gegenüber RTBF. "Wenn eine Person den Boden berührt oder verdächtig lange untergetaucht bleibt, startet ein Timer. Nach dreizehn Sekunden ertönt ein Alarm." Die KI informiert die Rettungsschwimmer auch über den Standort der ertrinkenden Person, indem sie die Position mittels Länge und Breite des Pools angibt. Für die Rettungsschwimmer sei das eine große Erleichterung, denn Ertrinken sei nicht immer einfach zu erkennen – es passiere oft still, sagt Vangenberg.

    Eine weitere Herausforderung ist es, wenn sich viele Schwimmer im Becken befinden. Dann wird das Wasser trüber. Oder wenn es besonders laut oder heiß ist und die Konzentration der Rettungsschwimmer nachlässt. Dabei hilft die KI: "Die Maschine kann technische Probleme haben oder ausfallen, sie wird aber nicht müde", sagt Laurent Vangenberg zu RTBF.

    ... Kinder mit Gaumenspalte in armen Ländern besser behandeln zu können

    Mittels eines neuen 3D-Verfahrens aus der Schweiz wird die Behandlung von Kindern mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte günstiger. Bisher kommen auf betroffene Familien hohe Behandlungskosten zu. Diese variieren je nach Art der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte und schwanken in der Schweiz oder den USA zwischen 5.000 und 10.000 Dollar, in Indien sind es zwischen 2.300 und 3.500 Dollar, schreibt swissinfo, eine Nachrichtenseite, die Teil des Schweizer öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist.

    Gerade für Familien in Ländern mit mittlerem oder geringem Einkommen liegen diese Kosten weit über ihren Möglichkeiten. Zudem sind die Eingriffe laut swissinfo oft nicht ganz risikofrei. Forscher in der Schweiz haben deshalb eine kostengünstige und risikoarme Methode entwickelt, um Kindern mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zu helfen.

    Dr. Andreas Müller vom Universitätsklinikum Basel und sein Team kooperieren im Rahmen einer klinischen Studie mit sechs Krankenhäusern, drei davon in Indien, eines in Polen und zwei in der Schweiz. Sobald Müller Smartphone-Bilder eines Säuglings mit Gaumenspalte aus Indien erhält, entwickelt er mittels einer speziellen Software ein digitales 3D-Modell des Gaumens. Das Modell wird dann an die indischen Ärzte geschickt, die vor der Operation die Gaumenplatten mit dem 3D-Drucker herstellen.

    Was sonst Wochen dauern würde, passiert nun auf Knopfdruck. Die maßgeschneiderten Gaumenplatten können bei Säuglingen und Neugeborenen mit Gesichtsfehlbildungen eingesetzt werden - so werden zahlreiche kostspielige Operationen vermieden.

    Finnland: Neues EU-Gleichstellungsgesetz bringt mehr Frauen in Aufsichtsräte

    Ende November einigte sich die Europäische Union darauf, Geschlechterquoten einzuführen. Die Quoten sollen sicherzustellen, dass bis 2026 mindestens 40 Prozent der Sitze in den Vorständen großer Unternehmen mit Frauen - also dem unterrepräsentierten Geschlecht - besetzt sind.

    In Finnland erfüllten bereits etwas mehr als die Hälfte der börsennotierten Unternehmen die neuen EU-weiten Kriterien. Das sagt Ville Kajala, leitender Berater der finnischen Handelskammer, dem finnischen öffentlich-rechtlichen Sender Yle.

    Vor zwanzig Jahren war das in Finnland noch nicht der Fall, berichtete Yle. Damals waren nur zehn Prozent der Vorstandsmitglieder Frauen. Mittlerweile hat sich der Anteil bei etwa 30 Prozent eingependelt. Damit steht Finnland in der EU an neunter Stelle, was die Anzahl der weiblichen Vorstandsmitglieder angeht, so Yle weiter. Frankreich führt die Liste mit dem höchsten Anteil an weiblichen Direktoren an, gefolgt von Italien.

    Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

    "Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!