Aus EU-Sicht ist Donald Trumps Entscheidung ein strategischer Fehler. Womöglich der schwerste, den sich der US-Präsident in seiner bisherigen Amtszeit geleistet hat. Zum einen, weil er ohne Not den globalen Frieden gefährdet und den Hardlinern in Teheran einen Vorwand liefert, die internationalen Kontrollen seiner Nuklearanlagen abzuschütteln. Zum anderen, weil sich die ohnehin angespannte Lage im Nahen und Mittleren Osten dadurch weiter verschärft. Und schließlich, so mahnt EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini, bedroht ein Ausstieg aus dem Vertrag auch die Sicherheit Europas.
Für Mogherini steht fest: Solange der Iran seine Zusagen einhalte, wie er dies derzeit tue, solange fühle sich auch die EU dem Atomabkommen verpflichtet und sei entschlossen, es voll und ganz umzusetzen.
Mogherini lobt Iran-Deal: "Krönung von zwölf Jahren Diplomatie"
Auch wenn sie von der Ankündigung aus Washington nicht sonderlich überrascht schien, in ihrem kurzen Statement wirkte die Außenbeauftragte doch sichtlich enttäuscht. Sie lobte den 2015 geschlossenen Iran-Deal als "Krönung von zwölf Jahren Diplomatie". Und sie machte deutlich, dass Kommission und EU-Mitgliedsstaaten das von Trump verfügte Wieder-Inkraftsetzen der Wirtschafts-Sanktionen einhellig missbilligten. Die Androhung neuer Sanktionen nannte die Italienerin besonders besorgniserregend; man werde deren Folgen sehr genau prüfen.
Mogherini will, dass EU-Staaten weiter an Abkommen festhalten
Im Namen aller 28 Regierungen, vor allem aber im Namen der sogenannten "E3-Gruppe", bestehend aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien, erklärte Mogherini, man werde den Schritt der USA nicht mitvollziehen, und erwarte von den übrigen Unterzeichnerstaaten, Russland, China und dem Iran, dass auch sie weiter an der Vereinbarung festhielten.
Abkommen mit Iran funktioniert laut Mogherini
Wie schon bei früheren Auftritten zeigte sich Mogherini überzeugt, dass das Abkommen mit dem Iran funktioniere und seinen Zweck erfülle, nämlich Teheran am Bau und Besitz von Kernwaffen zu hindern. Insbesondere vertraue man hier der Arbeit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, ihrer Kompetenz und Unabhängigkeit. Deren Experten hätten in mittlerweile zehn Berichten offiziell bestätigt, dass sich der Iran strikt an sämtliche Vorgaben halte.
Irans Politik in Nahost
Anders als Trump oder auch der israelische Ministerpräsident Netanjahu geht die EU momentan nicht davon aus, dass die iranische Regierung die vor drei Jahren gemachten Zusagen unterläuft und etwa heimlich an der Atombombe baut. Das ändert freilich nichts daran, dass man die Politik des Mullah-Regimes in der Nahost-Region in vielerlei Hinsicht durchaus kritisiert, wie das auch die US-Regierung tut. Etwa das ballistische Raketenprogramm des Iran oder dessen Unterstützung des syrischen Machthabers Assad. Diese Fragen hätten jedoch mit dem eigentlichen Atomabkommen nichts zu tun und müssten gesondert behandelt werden, heißt es in Brüssel. Im Übrigen, darauf habe man stets hingewiesen, handele es sich nicht um ein bilaterales Abkommen, weshalb es auch nicht von einem einzelnen Land einseitig beendet werden könne.
Mogherini: "Bleiben Sie Ihren Verpflichtungen treu!"
Am Ende wurde EU-Chediplomatin Mogherini fast emotional, als sie die Regierung in Teheran und das iranische Volk aufforderte, den Atomvertrag ebenfalls weiter umzusetzen, ungeachtet der Entscheidung der USA. Ihr eindringlicher Appell – zugleich ein Versprechen: "Bleiben Sie Ihren Verpflichtungen treu, so wie wir unseren Verpflichtungen treu bleiben werden! Lassen Sie nicht zu, dass irgendjemand das Abkommen auflöst."