Die Spendenbereitschaft in Bayern ist trotz Krieg, Inflation und wirtschaftlicher Sorgen groß. Vor allem wird in die Ukraine gespendet.
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Die Spendenbereitschaft in Bayern ist trotz Krieg, Inflation und wirtschaftlicher Sorgen groß. Vor allem wird in die Ukraine gespendet.

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Trotz Energiekrise und Inflation: Spendenbereitschaft ist groß

Die Spendenbereitschaft in Bayern ist nach BR24-Recherchen trotz Krieg und hoher Inflation groß. Es wird jedoch weniger für Projekte direkt in Bayern gespendet. Das führt bei Hilfsorganisationen vor Ort zu finanziellen Sorgen.

Er muss genau rechnen: Thomas Haugg, Chef des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) vom Kreisverband Augsburg-Land. Denn die Spendeneinnahmen sind in diesem Jahr insgesamt um mehr als ein Drittel zurückgegangen. In manchen Bereichen wie beim Posten "Gemeinschaften" sogar um gut die Hälfte - dazu gehören Wasserwacht, Sanitätsdienst und das Jugendrotkreuz: Von rund 30.000 auf gut 14.000 Euro. Dabei brauchen seine Einsatzkräfte neue Kleidung. Es gibt neue Sicherheitsvorschriften, die eingehalten werden müssen. Doch nun fehlt das Geld.

Hilfsorganisationen leben von Spenden und Fördergeldern

BRK-Geschäftsführer Haugg müsste bis zu 3.500 Aktive und 5.500 Ehrenamtlich neu ausstatten. Allein für die Wasserwacht bedeute das eine Investition von rund 60.000 Euro, erzählt der Augsburger. Wie andere Hilfsorganisationen und Wohlfahrtsverbände lebt auch das BRK zum größten Teil von Spenden und Fördermitgliedern. Meist sind die Spenden zweckgebunden. Das heißt: Die Spenderinnen und Spender geben ihr Geld gezielt zum Beispiel in die Ausbildung, Jugendarbeit, Blutspende oder in den Katastrophenschutz.

Weniger Spenden vor Ort, mehr für Ukraine-Projekte

Beim BRK-Kreisverband Augsburg-Land gingen die Spenden in diesem Jahr häufig an Hilfsprojekte des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in die Ukraine. Haugg hat dafür Verständnis. Dennoch stellt es für ihn und seinen Verband auch ein Problem dar. "Für mich bedeutet das, dass ich mich anstrengen muss, das Geld aufzutreiben. Ich muss hier und da Geld umschichten."

Denn für ihn, der seit 35 Jahren beim BRK arbeitet, ist klar: Seine Leute von Wasserwacht, Bereitschaften und Jugendarbeit gehen nicht ohne Einsatzkleidung, ohne Versicherung und nicht ohne Ausbildung in den Einsatz. Und er will keine Dienste, keine Angebote einstellen, weil weniger Geld in der Kasse ist. "Das wird die Herausforderung für 2023 werden."

Grundsätzlich hohe Spendenbereitschaft in Bayern

Trotz hoher Inflation und Energiekrise: Andere Wohlfahrtsverbände in Bayern, die weltweit im Einsatz sind, erleben keinen Spendenrückgang. Allein "Aktion Deutschland hilft", ein Bündnis deutscher Hilfsorganisationen, verzeichnet im Freistaat für die vergangenen drei Monate (September bis November) mehr Spenden als im Vorjahreszeitraum. Waren es 2021 knapp 18.000 sind es dieses Jahres mehr als 21.000 Spenden gewesen. Auffallend: Die Menschen spenden vor allem für Projekte in der Ukraine.

"Aktion Deutschland hilft": Spenden aus Bayern 2022 bisher 41,42 Mio. Euro

Insgesamt haben die Bayerinnen und Bayern in diesem Jahr bisher 41,42 Millionen Euro gespendet. In den vergangenen drei Monaten war es aber im Vergleich zum Vorjahr rund eine halbe Million Euro weniger. Der spendenstärkste Monat ist aber traditionell der Dezember.

Das bestätigen auch der Paritätische Wohlfahrtsverband und die Johanniter in Bayern sowie das katholische Hilfswerk "Renovabis" mit Sitz in Freising und "Humedica" aus Kaufbeuren. Der Verein leistet seit mehr als 40 Jahren weltweit Hilfe in Katastrophengebieten, versorgt Flüchtlinge, liefert Hilfsgüter.

Aktuell packen viele fleißige ehrenamtliche Helfer "Geschenk mit Herz"-Päckchen. Sie werden in die Ukraine, nach Rumänien, Albanien und andere osteuropäische Länder geschickt. Humedica-Vorstandsmitglied Heinke Rauscher stellt fest: die Spendenbereitschaft ist nach wie vor enorm. 2021 waren es insgesamt 21 Millionen Euro. Auch für dieses Jahr rechnet Humedica mit einer ähnlichen Summe.

Manche Krisenherde geraten eher in Vergessenheit

Mehr Spenden in die Ukraine als in andere Krisen- und Kriegsländern: Das habe auch ganz viel mit der öffentlichen Wahrnehmung zu tun, sagt die 56-Jährige. "Natürlich ist das Thema Krieg in der Ukraine täglich in den Nachrichten, auch die wirtschaftlichen Auswirkungen bei uns. Da finden eben die anderen Länder mit ihren Krisen und Katastrophen nicht den Raum." Sie seien einfach zu weit weg. Die Aufgabe von Humedica sei es, auch auf diese vergessenen Krisen hinzuweisen und die Menschen zu motivieren, auch dorthin zu spenden.

Trotz Spendenrückgang bleibt BRK Augsburg-Land optimistisch

Auch der Augsburger BRK-Chef Haugg setzt auf den letzten Monat im Jahr und hofft, dass sich Weltlage bald bessert. "Ich habe noch keine Untergangsstimmung. Das werden wir hinbekommen. Und wir werden auch keinen Dienst einstellen." Das werden wir nicht tun.

Am Freitag, 16.12., ist Sternstundentag, eine Benefizaktion des BR

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