Die "Transitzentren", die die Union plant, sollen auch eine Art Durchgangslager werden. Dort sollen Flüchtlinge hingebracht werden, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, oder dort einen Asylantrag gestellt haben. Eingerichtet werden sollen diese "Transitzentren" an der deutsch-österreichischen Grenze. Denn von den vergleichsweise wenigen Flüchtlingen, die überhaupt noch nach Deutschland gelangen, kommen dort die meisten an.
Aus diesen Zentren sollen registrierte Asylbewerber dann in die entsprechenden EU-Länder abgeschoben werden, mit denen es Vereinbarungen gibt. Sollte es keine Abkommen geben, sollen sie direkt an der Grenze abgewiesen werden – also nach Österreich.
Dort ist man nicht erfreut über den deutschen Plan. Die österreichische Außenministerin Karin Kneissl sagte hörbar verstimmt. "Wir waren zu keinem Zeitpunkt eingebunden. Ob Österreich ein solches Abkommen abschließen könnte, weiß ich nicht."
Asylbewerber im Niemansland
Kneissl bezweifelt, dass die geplanten Transitzentren rechtlich sicherstellen, dass Asylbewerber nicht nach Deutschland eingereist sind. Wer sich auf deutschem Staatsgebiet befindet, ist dort, argumentiert sie. Anders sehen das CDU und CSU: Ihrer Ansicht nach befänden sich Asylbewerber in "Transitzentren" noch nicht in Deutschland, sondern in einer Art Niemandsland. Zugrunde gelegt wird eine "Fiktion der Nichteinreise". Im Aufenthaltsgesetz heißt es in Paragraf 13, dass der Grenzübertritt im Fall der Prüfung einer Zurückweisung nicht als Einreise gilt, solange zum Beispiel der Polizei "eine Kontrolle des Aufenthalts des Ausländers möglich bleibt".
Auch die EU-Asylrichtlinie von 2013 nennt Transitzonen auch im breiteren Kontext, etwa wenn es um die der Prüfung von Asylverfahren an den Grenzen der Mitgliedsländer geht. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist der Ansicht, dass die Vereinbarung EU-Recht erfüllt.
"Mir scheint das auf erste Sicht rechtskonform zu sein." Jean-Claude Juncker, EU-Kommissionspräsident
Dublin-Regeln nicht einfach aushebeln
Asylexperten dagegen sind der Ansicht, dass Deutschland Asylbewerber nicht aus Transitzonen zurückschicken kann. Man könne die europäischen Dublin-Regeln nicht einfach aushebeln. Die Betroffenen müssten angehört werden und könnten geltend machen, warum sie nicht mehr in das ursprüngliche EU-Land zurück wollten. Darüber hinaus könnten Asylbewerber gegen Rückführungsbeschlüsse klagen, so steht es in der EU-Richtlinie von 2013. Beschleunigte Verfahren wie am Flughafen seien aber denkbar.
"Es wirft eine ganz Reihe von europarechtlichen Fragen auf. Und damit natürlich auch europapolitische Fragen.“ Österreichische Außenministerin Karin Kneissl
Österreich will Grenzen stärker sichern
Die Regierung in Wien jedenfalls will verhindern, dass Deutschland Menschen einfach nach Österreich schickt, wenn sie nicht von den zuständigen EU-Ländern zurückgenommen werden. Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte:
"Wenn Deutschland nationale Maßnahmen setzt, dann führt das natürlich auch dazu, dass wir in Österreich und wahrscheinlich auch andere darauf reagieren müssen."
Die österreichische Regierung hat bereits angekündigt, die Grenzen zu Italien und Slowenien stärker zu sichern, damit Asylbewerber gar nicht erst nach Österreich kämen. Durch den deutschen Alleingang könnte ein Domino-Effekt in Europa entstehen.