Wenn Kinder von der Tötung durch Kinderhand erfahren, sind die Eltern gefordert, möglichst behutsam gegen mögliche Ängste vorzugehen.
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Wenn Kinder von der Tötung durch Kinderhand erfahren, sind die Eltern gefordert, möglichst behutsam gegen mögliche Ängste vorzugehen.

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Tod durch Kinderhand: So spreche ich mit meinem Kind darüber

Nach dem Tod einer 12-Jährigen, die von zwei Minderjährigen aus ihrem Umfeld getötet wurde, fragen sich Eltern, wie sie mit ihren eigenen Kindern über eine solche Tat sprechen sollen. Psychologen raten zu einem behutsamen Vorgehen.

Ein Kind erfährt vom Tod eines anderen Kindes, getötet durch Gleichaltrige: Wenn Kinder damit konfrontiert werden, was sich in Freudenberg abgespielt hat, könne das Verunsicherung und Ängste auslösen, sagt der Münchner Psychologe Markus Fellner.

Das könne zum einen die Befürchtung sein, selbst Opfer einer Gewalttat zu werden. Kinder könnten "in ihrem Grundgefühl, dass die Welt sicher und gut ist" erschüttert werden, so Fellner. Auch könne die Konfrontation mit einer solchen Nachricht bei Kindern unbewusste Ängste vor den eigenen frühkindlichen Aggressionen aufwühlen. Wie also sollten Eltern angesichts so komplexer Gefühlslagen reagieren?

"Wie vom Blitz getroffen": Seltenheit des Ereignisses betonen

Grundsätzlich rät der Psychologe Eltern zu einem behutsamen offenen Wort: "Eltern sollten mit den Kindern über deren Gefühle sprechen, die durch die Nachricht über die Tötung aufgewühlt werden – ihnen erklären, dass so etwas nur extrem selten passieren kann und dass sie selbst nicht Opfer einer solchen Gewalttat werden." Veranschaulichen ließe sich das etwa mit dem Vergleich, dass es auch extrem selten passiert, dass ein Mensch von einem Blitz getroffen wird.

Erklären, dass Gefühle und Handlungen zwei Dinge sind

Wie aber sollten Eltern damit umgehen, wenn ihre Kinder so aufgewühlt sind, dass sie Angst vor etwas vermeintlich Bösem in sich selbst bekommen? Psychologe Markus Fellner rät, die Kinder zu beruhigen. Eltern könnten erklären, dass es normal sei, wütend zu werden und dass man manchmal auch das Gefühl bekommen kann, man würde es am liebsten haben, dass jemand nicht mehr da, ja sogar tot sei.

"Wichtig ist, zu verstehen, dass das nur vorübergehende Gefühle sind, die nichts in der Realität bewirken und schnell wieder abklingen", so Fellner, "also dass Gefühle und Handlungen zwei völlig verschiedene Sachen sind." Es sei ratsam, Kindern zu erklären, dass man Handlungen entscheiden könne, auch gegen Gefühle – und dass "Gefühle nicht automatisch in Handlung münden".

"Mama, warum haben die das gemacht?"

So wie die fassungslose Öffentlichkeit fragen sich freilich auch Kinder, wieso die beiden unter Tatverdacht stehenden zwölf und 13 Jahre alten Mädchen getötet haben. Unabhängig davon, dass das Motiv der beiden Minderjährigen in dem konkreten Fall noch unklar ist, rät Markus Fellner: "Man kann den Kindern vielleicht sagen, je nach deren Alter, dass mit den Täter-Kindern etwas nicht gestimmt hat und dass Kinder – und überhaupt Menschen – so etwas normalerweise nicht tun."

Wichtig sei auch, die Täter-Kinder nicht zu "dämonisieren". "Das erzeugt nur Angst und Verunsicherung". Vielmehr sei es ratsam, mit den eignen Kindern zusammen die Fassungslosigkeit angesichts der schrecklich Nachricht gemeinsam auszuhalten.

Wann man proaktiv mit Kindern sprechen sollte

Die Notwendigkeit, präventiv gegen einen möglichen "Nachahmungseffekt" bei den Kindern vorzugehen, sieht der Psychologe nicht. Schwieriger sei die Frage, ob man proaktiv von der "Tötung aus Kinderhand" erzähle, sofern die eigenen Schützlinge noch nichts davon erfahren haben. "Wenn eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Kinder es sowieso erfahren werden", sagt der Psychologe, "ist es sinnvoll, eigeninitiativ mit den Kindern behutsam zu sprechen."

Vor ein paar Tagen gestehen zwei junge Schülerinnen den Mord an ihrer Freundin. Die Meldung macht fassungslos und wirft Fragen auf.
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