Markus Söder im Showroom des Rüstungsunternehmens MBDA.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Karl-Josef Hildenbrand
Audiobeitrag

Markus Söder im Showroom des Rüstungsunternehmens MBDA.

Audiobeitrag
>

Taurus-Debatte: Wie weit geht Deutschland für die Ukraine?

Taurus-Debatte: Wie weit geht Deutschland für die Ukraine?

CDU-Chef Merz hat mit seiner Forderung nach Taurus-Marschflugkörpern für die Ukraine eine alte Debatte wiederbelebt. Die SPD bleibt skeptisch, die CSU hält sich zurück. Aber was kann Taurus überhaupt leisten – und was steht politisch auf dem Spiel?

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

Die politische Debatte über die mögliche Lieferung des deutschen Marschflugkörpers Taurus an die Ukraine ist erneut entfacht – ausgelöst durch Aussagen des designierten Kanzlers Friedrich Merz (CDU). Dieser hatte am Sonntagabend eine Lieferung des Waffensystems "in Abstimmung mit den europäischen Partnern" in Aussicht gestellt.

Reaktion auf Raketenangriff

Merz‘ Aussagen sind eine Reaktion auf den schweren Raketenangriff auf die ostukrainische Stadt Sumy, bei dem am Sonntag mindestens 34 Menschen starben. Unterstützung erhält Merz von Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU). Er betonte, Merz wolle "den Taurus auch als Hebel für eine Politikänderung durch Russland einsetzen". Die SPD müsse erkennen, "dass man mit Putin anders umgehen muss."

Verteidigungsminister Pistorius zurückhaltend

Die SPD allerdings äußert sich bisher zurückhaltend. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erklärte am Montagabend, es gäbe gute Argumente für die Lieferung von Taurus, allerdings "auch viele gute Argumente dagegen." Die von Merz geforderte Abstimmung mit Partnern sei schwierig, da er keinen europäischen Partner mit einem solchen System kenne.

Taurus: Mehr Reichweite für Ukraine

Der Marschflugkörper Taurus ist ein präzises, weitreichendes Waffensystem aus deutsch-schwedischer Entwicklung. Abgefeuert von Kampfflugzeugen erreicht er dank Tiefflug und moderner Navigation Ziele in bis zu 500 Kilometern Entfernung – und kommt damit deutlich weiter als die Flugkörper Storm Shadow (Großbritannien) und Scalp (Frankreich), die bereits an die Ukraine geliefert wurden.

Kein Gamechanger, sondern Risiko?

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnte eine Taurus-Lieferung bislang strikt ab. Er befürchtete, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen werden könnte, da die Ukraine mit Taurus tief im russischen Hinterland Ziele beschießen könnte.

Diese Gefahr sieht auch der Sicherheitsexperte Wolfgang Richter. Im Interview mit dem BR unterstrich er, dass Taurus die Situation der Ukrainer nicht verändern würde, "denn das sind Waffen, die in der Tiefe wirken, aber an der Frontlinie selbst zunächst mal keinen Einfluss haben." Entsprechend wäre die Lieferung von Taurus nach seiner Einschätzung auch kein Gamechanger. Gerade jetzt, wo die Zeichen auf Verhandlungen stünden, "würde eine Lieferung doch eher zur Eskalation beitragen."

CSU zurückhaltend

Auch die CSU ist zurückhaltend. Generalsekretär Martin Huber sprach sich im RTL-Interview für ein koordiniertes Vorgehen aus: "Friedrich Merz wird als zukünftiger Bundeskanzler diese Frage gemeinsam mit den Verbündeten entscheiden."

Parteichef Markus Söder hatte die Lieferung vor gut einem Jahr bei einem Besuch des Taurus-Herstellers MBDA in Schrobenhausen eindringlich gefordert: "Diese Waffe muss zum Einsatz kommen." Im Wahlkampf klang CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt schon zurückhaltender. Jetzt, da es "endlich mal" darum gehe, Frieden zu schaffen, wäre es ein Fehler, "als Erstes wieder Waffensysteme nach vorne in die Debatte zu bringen", so der CSU-Politiker im Februar.

Scharfe Reaktionen aus Moskau

Der Kreml hatte nach Merz' Äußerung zu Taurus vor der Gefahr einer "Eskalation" im Ukraine-Konflikt gewarnt. Der Vizechef des russischen nationalen Sicherheitsrates, Dimitri Medwedew, nannte Merz in einer Videoansprache einen Nazi. Kreml-Sprecher Peskow beklagte zudem einen aus russischer Sicht fehlenden Willen in den europäischen Hauptstädten, "sich um Wege zu Friedensgesprächen zu kümmern."

Die europäischen Partner hingegen begrüßten Merz‘ Vorstoß am Rande des EU-Außenministertreffens in Luxemburg. Der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp nannte es ein "wichtiges Signal". Auch Polens Außenminister Radoslaw Sikorski sprach von einem "sehr guten" Angebot.

Begrenzte Bestände und kein Know-How

Unklar bleibt, wie die Ukraine den Taurus überhaupt nutzen könnte. Denn bisher verfügt sie über keinen Jet, der den Marschflugkörper abfeuern kann. Außerdem sind weder Piloten noch Techniker im Umgang damit geschult. Zudem sind die Bestände begrenzt: Die Bundeswehr soll nur rund 300 einsatzfähige Taurus besitzen. Wie viele er davon abgeben will, ließ Merz am Sonntag offen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!