Dies zeige sich insbesondere daran, dass ein Großteil der AfD-Wähler aus der Gruppe der Skeptiker komme, erklärte die Stiftung in Gütersloh weiter. Der rechtspopulistischen Partei sei es gelungen, viele ehemalige Nichtwähler aus wirtschaftlich schwächeren Bezirken zur Stimmabgabe zu motivieren. Dagegen verloren die bürgerlichen Parteien vor allem in der bürgerlichen Mitte und erreichten sozial prekäre Milieus kaum noch.
Dadurch habe sich die soziale Spaltung bei der Wahlbeteiligung verringert: Lag die Wahlbeteiligung in wohlhabenderen Wahlbezirken 2013 noch 29,5 Prozentpunkte über der ärmerer Bezirke (84,5 zu 55 Prozent), waren es 2017 nur noch 26,7 Prozentpunkte (87 zu 60,3). Die größten Verluste in einer Gesellschaftsschicht erlitt die Union mit 20 Prozent der Stimmen in der "Bürgerlichen Mitte". Die größten Zuwächse verbuchte die AfD mit 28 Prozent in der "sozialen Unterschicht".
"In keinem anderen Milieu ist der Erosionsprozess der etablierten Parteien und die Dominanz der Nicht- und Protestwähler soweit fortgeschritten wie im prekären Milieu", erklärte Studienautorin Klaudia Wegschaider.
Ähnliche Entwicklungen gebe es etwa in Frankreich, Österreich, den Niederlanden und den USA.
Die AfD habe zudem ein "Alleinstellungsmerkmal" im Parteienspektrum, ihre Wähler seien mehrheitlich Modernisierungsgegner. In allen anderen Parteien, die im neuen Bundestag vertreten sind, seien die Anhänger Neuerungen aufgeschlossener. Am größten sei die Gruppe der Modernisierer mit 72 Prozent bei den Wählern von Bündnis 90/Die Grünen.
Neue Grundlagen für Statistiker
Die erstmals so durchgeführte Studie bezieht sich auf die sogenannten zehn Sinus-Milieus, unterteilt die Wähler dabei nach sozialer Lage, Werthaltungen, Lebensstilen und Grundorientierung und ordnet sie Kategorien wie etwa "Konservativ-Etablierte", "Liberal-Intellektuelle", "Prekäre" oder "Traditionelle" zu. Statistiker halten diese Schichten für die Erklärung gesellschaftlicher Entwicklungen für aussagekräftiger als die bisher herangezogenen sozial-ökonomischen Faktoren wie Einkommen und Bildung. Dazu befragten die Wissenschaftler nach der Wahl knapp 10.300 Personen aus repräsentativen Stimmbezirken zu ihrem Wahlverhalten. Bei der Bundestagswahl am 24. September war die AfD mit 12,6 Prozent der Stimmen erstmals in den Bundestag eingezogen. Die bisherigen Koalitionspartner CDU/CSU und SPD verloren dagegen dramatisch an Zustimmung. Die Sozialdemokraten kündigten deshalb an, in die Opposition zu gehen. Praktisch ist damit nur noch eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen möglich.