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Weiter Streit um Verbrenner-Aus

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Streit um Hängepartie beim Verbrenner-Aus in der EU

Verkehrsminister Volker Wissing ringt mit der EU-Kommission über Ausnahmen für synthetische Kraftstoffe, den E-Fuels. Das blockiert im Moment das Verbrenner-Aus. Die Abstimmung im Ministerrat, die das Verbot besiegelt hätte, ist nun verschoben.

Sie galt eigentlich nur noch als Formalie, jetzt ist die endgültige Abstimmung der EU-Staaten über das Verbot für neue Verbrennerautos verschoben. Zu groß ist der EU das Risiko, dass das Verbot doch noch scheitern könnte. Denn Stand jetzt müsste sich Deutschland bei der Abstimmung enthalten. Da auch andere Länder wie Polen und Bulgarien nicht zustimmen wollen, könnte die notwendige Mehrheit für das Verbot fehlen.

Es hängt im Moment an der Stimme Deutschlands, ob das Verbrenner-Aus kommt. Im Zentrum des Streits steht Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Er bekräftigt heute nochmal, dass Deutschland im Moment nicht zustimmen könne. Die EU will, dass ab 2035 nur noch Neuwagen zugelassen werde, die kein CO2 ausstoßen. Es ist eins der zentralen EU-Vorhaben im Kampf gegen den Klimawandel und es wäre das Aus für Verbrennerautos.

Wissing: Deutschland sei "extrem verlässlich"

FDP-Politiker Wissing will, dass auch weiter Verbrenner eine Zulassung bekommen, wenn sie sogenannte E-Fuels tanken. Das sind synthetische Kraftstoffe, die mit Hilfe von Strom aus Wasserstoff und anderen Gasen hergestellt werden. Im Zuge der Verhandlungen zwischen den EU-Staaten hatte die EU-Kommission im vergangenen Jahr zugestimmt, die E-Fuels-Option ergebnisoffen zu prüfen.

Verkehrsminister Wissing pocht darauf, dass die Kommission "einen Vorschlag unterbreiten muss, wie synthetische Kraftstoffe nach 2035 in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden können, die dann auch neu zugelassen werden sollen". Bisher fehle ein solcher Vorschlag, deshalb könne er nicht zustimmen, sagt Wissing und betont gleich mehrmals: "Wir sind an der Stelle extrem verlässlich."

Lemke fürchtet Blamage Deutschlands

Er reagiert damit auf Kritik seiner Kabinettskollegin, Umweltministerin Steffi Lemke. Sie zeigte sich am Mittwoch im Gespräch mit BR24 besorgt. Dem Verbot nicht zuzustimmen wäre eine Blamage für die Bundesrepublik auf europäischer Ebene, sagte die Grünen-Politikerin: "Unsere Verlässlichkeit würde damit infrage gestellt werden", fürchtet Lemke. Deutschland müsse verlässlich agieren, sich an getroffene Zusagen halten.

Im Trilogverfahren, innerhalb dessen sich EU-Staaten, Kommission und Parlament über große Gesetzesvorhaben abstimmen, hatte Deutschland Zustimmung signalisiert. Diese nun vom fehlenden Vorschlag für E-Fuels abhängig zu machen, hält die Umweltministerin für fatal. So eine Ausnahme für E-Fuels sei regelungstechnisch kompliziert. Aus Lemkes Sicht ist es deshalb nicht erstaunlich, dass die EU-Kommission dafür noch keinen Vorschlag vorgelegt hat. Das dauere eben.

Wissing pocht auf Ausnahme für E-Fuels

Der Bundesverkehrsminister ist offenbar nicht so zuversichtlich, dass ein Vorschlag schon noch kommen wird. Er äußert den Verdacht, dass auf Seiten der EU-Kommission "das Interesse, einen entsprechenden Vorschlag zu machen, nur eingeschränkt vorhanden ist". Deshalb will er erst zustimmen, wenn etwas Konkretes vorliegt.

Audi-Chef: E-Fuels spielen keine große Rolle bei Pkw

Derweil warnt Audi-Chef Markus Duesmann vor einer Hängepartie, wenn der "klare Beschluss der EU zum Verbrenner-Ausstieg 2035" wieder infrage gestellt würde. Das wäre "für die Autoindustrie fatal", sagte der Automanager dem Spiegel. Für ihn spielen synthetische Kraftstoffe mittelfristig im Pkw-Segment keine große Rolle. Audi habe sich entschieden: "Wir steigen 2033 aus dem Verbrenner aus, weil das batterieelektrische Fahrzeug die effizienteste Methode für die Individualmobilität ist", sagte Duesmann.

Synthetische Kraftstoffe seien in der Herstellung deutlich ineffizienter und deshalb deutlich teurer. Sie sind deshalb aus Sicht Duesmanns nur in bestimmten Bereichen sinnvoll, zum Beispiel bei Flugzeugen oder der Pkw-Bestandsflotte.

Ohne Deutschland keine Mehrheit im EU-Rat

Bereits im Oktober hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten auf das Verbrenner-Aus verständigt. Das Parlament hatte im Februar dafür gestimmt. Für die noch ausstehende Abstimmung im Ministerrat braucht es die Zustimmung von 15 von 27 Mitgliedsländern, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Als bevölkerungsreiches Land hat Deutschlands Stimme viel Gewicht. Da zuletzt auch Italien, Polen und Bulgarien den Plänen nicht zustimmen wollten, wäre die 65-Prozent Hürde ohne Deutschland nicht erreicht.

EU-Flaggen in Brüssel
Bildrechte: BR

Das Verbrenner-Aus in der EU wackelt

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