Italiens Ministerpräsident Draghi, US-Präsident Biden, Frankreichs Präsident Macron und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen in Cornwall.
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Italiens Ministerpräsident Draghi, US-Präsident Biden, Frankreichs Präsident Macron und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen in Cornwall.

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Strafzölle und China-Politik bestimmen EU-USA-Gipfel

Die Rückkehr der USA "in den Kreis Gleichgesinnter" stimmt die G7-Staaten und die Europäische Union gleichermaßen optimistisch. Konfliktpotential besteht trotzdem – in Brüssel steigt deswegen der EU-USA-Gipfel.

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Das erste Abtasten an der Küste Südenglands fiel positiv aus. Im Rahmen des G7-Gipfels trafen die beiden Vertreter der EU, Ratspräsident Charles Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, erstmals persönlich auf US-Präsident Joe Biden. Dessen Ankündigung, die Vereinigten Staaten seien "zurück im Kreise Gleichgesinnter" sorgte für kollektives Aufatmen in Brüssel. Auf dem dortigen EU-USA-Gipfel geht es am Dienstag aber nicht nur um die Besinnung auf gemeinsame Werte. Trotz der Freude darüber, mit der Aufarbeitung der Ära Trump zu beginnen, besteht Diskussionsbedarf – so zum Beispiel bei der Wirtschaft.

Strafzölle gegen Flugzeughersteller: Waffenruhe läuft ab

Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Flugzeughersteller, Airbus als europäisches Vorzeigeprojekt, Boeing als das US-Pendant. Brüssel und Washington werfen sich gegenseitig vor, ihre Hersteller unzulässig zu subventionieren, also entgegen geltender Wettbewerbsregeln. Während der Amtszeit von Donald Trump eskalierte der Streit. Zuerst verhängten die USA Strafzölle gegen die EU, ein Jahr später reagierte Brüssel mit der gleichen Maßnahme. Unter US-Präsident Biden folgte eine erste Annäherung, noch bis Juli gilt ein Waffenstillstand zwischen beiden Seiten. Entsprechend hoch ist der Druck, in Brüssel eine Lösung zu finden.

EU erwartet Entgegenkommen im Handelsstreit

Gleiches gilt auch für den Handelsstreit. Noch immer sorgen Strafzölle für deutlich verteuerte Exporte von Stahl und Aluminium in die USA – zum Nachteil der Hersteller aus der Europäischen Union. Die im Gegenzug verhängten Strafzölle wiegen diese Schäden nur teilweise auf. Weil die EU nach dem Abtritt von Donald Trump auf eine geplante Erhöhung der Zölle verzichtet hatte, ist die Erwartungshaltung an Biden groß. Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovsksi erklärte: "Jetzt ist es an den USA, den Worten Taten folgen zu lassen."

Datenschutz und Besteuerung: Wie umgehen mit Tech-Unternehmen?

Was passiert mit den Daten von EU-Bürgern in den USA? Und wann werden die amerikanischen Tech-Riesen wie Google, Amazon oder Facebook auch in Europa zur Kasse gebeten? Auch diese Fragen sind weiter ungeklärt. Ein gemeinsames Forum für die Besteuerung der Technologiekonzerne wurde unter dem Dach der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bereits geschaffen, an Ergebnissen mangelt es aber noch. Eine Vereinbarung über den Austausch der für die Konzerne so wichtigen personenbezogenen Daten von EU-Bürgern steht ebenfalls noch aus. Das sogenannte Privacy-Shield-Abkommen hielt vor den Richtern des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht stand. Die Begründung: Europäische Daten seien nicht ausreichend vor US-Behörden und Geheimdiensten geschützt gewesen.

USA auch unter Biden strikter Gegner von Nord Stream 2

Zumindest in der Beschreibung ihrer Beziehung sind sich Joe Biden und der russische Präsident Wladimir Putin einig, beide sprachen zuletzt von einem "Tiefpunkt". Auf dem G7-Gipfel unterstrich Biden seine Vorwürfe, Putin verstoße vielfach gegen internationale Normen. Zwar seien die USA nicht auf einen Konflikt aus, die bestehenden Sorgen wolle man Putin aber "sehr direkt" mitteilen. Eine davon betrifft auch Deutschland und die EU.

Mit der neuen Gaspipeline Nord Stream 2 sieht Washington in Zukunft eine höhere Abhängigkeit Europas von russischen Gasexporten. Diese Auffassung teilen auch andere EU- und NATO-Staaten, die in der Pipeline ein politisches Druckmittel und eine wichtige Einnahmequelle für die Finanzierung des russischen Militärs sehen. Die von Donald Trump verhängten Sanktionen haben den geplanten Start von Nord Stream 2 bereits verzögert. Die Regierung von Joe Biden hingegen setzt nicht gleich auf dieses Mittel und kam Berlin entgegen: Man wolle Raum für Gespräche mit der Bundesregierung schaffen.

EU uneins im Umgang mit China

Bleiben noch die Beziehungen zu China. Beobachter sehen in Bidens Besuch in Europa vor allem ein Ziel: die Bildung einer westlichen Allianz gegen China und damit eine klare Position gegen die aggressive internationale Wirtschaftspolitik Pekings. Die Bundesregierung ist hier in der Zwickmühle, Kanzlerin Merkel (CDU) äußerte sich deshalb zurückhaltend und verwies auf die wirtschaftliche Bedeutung Chinas. Deutschland lieg im Handel mit China deutlich über dem EU-Schnitt. Dementsprechend schwer lässt sich die gemeinsame Linie der Europäischen Union festlegen.

Im Anschluss an die Gespräche in Brüssel reist Joe Biden weiter in die Schweiz. Die Gespräche mit Putin bilden den Abschluss der achttägigen Europatournee des US-Präsidenten.

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