Demnächst soll im Bundestag laut Medienberichten wieder über Sterbehilfe debattiert werden. Das berichtet das "RedaktionsNetzwerk Deutschland" unter Berufung auf Kreise der Gruppen um die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr und Renate Künast von den Grünen. Demnach wollen die zwei parteiübergreifenden Abgeordnetengruppen im Bundestag, die sich für eine liberale Regelung einsetzen, ihre Gesetzespläne zusammenführen und einen gemeinsamen Antrag vorlegen. Derzeit liegen insgesamt drei unterschiedliche Gesetzentwürfe vor, die einen Missbrauch von Suizidbehilfe verhindern und gleichzeitig garantieren sollen, dass Suizidwillige eine selbstbestimmte und freie Entscheidung treffen.
- Zum BR24 Drangeblieben: Wie Ärzte mit Sterbehilfe-Wünschen umgehen
Liberale Parlamentsgruppen wollen "Kräfte bündeln"
Wie es von den beiden Parlamentsgruppe heißt, wolle man die "Kräfte bündeln", um eine Mehrheit zu erreichen. Die Gruppen wollen dem Bericht zufolge auf diese Weise verhindern, dass der dritte vorliegende Entwurf, der eine organisierte Hilfe beim Suizid unter Strafe stellen und Sterbehilfe nur in Ausnahmen erlauben will, sich durchsetzt. Die drei Anträge wurden im Parlament bereits in erster Lesung und in einer öffentlichen Sachverständigenanhörung beraten. Die abschließende Abstimmung, die wie bei ethischen Themen üblich nicht entlang von Parteigrenzen erfolgen soll, könnte noch bis Ende März stattfinden.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 geurteilt, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch das Recht umfasst, hierbei Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Eine bis dahin geltende Regelung, die organisierte Suizid-Assistenz von Sterbehilfe-Organisationen verboten hatte, erklärte das Gericht damit für nicht zulässig. Nun geht es im Bundestag um eine mögliche Folgeregelung.
Todbringende Medikamente sollen verschrieben werden dürfen
Alle drei vorliegenden Gesetzentwürfe sehen vor, dass das Betäubungsmittelgesetz dahingehend geändert wird, dass todbringende Medikamente auch für eine beabsichtigte Selbsttötung verschrieben werden dürfen, legen die Hürde dafür aber unterschiedlich hoch. Eine Gruppe um Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling (CDU) und Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) plädiert für ein erneutes Verbot der organisierten, sogenannten geschäftsmäßigen Suizidassistenz, das aber in eng definierten Grenzen Ausnahmen zulässt. Voraussetzung für eine legale Hilfe bei der Selbsttötung wäre unter anderem eine ärztliche Begutachtung.
Die anderen beiden Gruppen, die ihre Pläne nun zusammenfassen wollen, legen in ihren Entwürfen den Fokus auf die Durchsetzung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und planen eine Regelung außerhalb des Strafrechts. Katrin Helling-Plahr (FDP), Helge Lindh (SPD) und weitere Parlamentarier wollen eine Beratung zur Bedingung für eine Suizidassistenz machen. Der Vorschlag, unter anderem von Renate Künast (Grüne) und Nina Scheer (SPD), geht in eine ähnliche Richtung wie der von Helling-Plahr. Er unterscheidet bei den Voraussetzungen allerdings zwischen Menschen in medizinischen Notlagen und solchen, die das nicht sind.
Evangelische Kirche startet Internetportal zu Sterbehilfe
Im ARD-Morgenmagazin hatte der Palliativmediziner Lukas Radbruch bereits mehr Aufmerksamkeit für den individuellen Entscheidungsprozess jedes Menschen angemahnt. Die Entscheidung zur Suizid-Beihilfe dürfe nicht "in einer Art Checkliste" enden, die dafür abgearbeitet werden müsse, sagte der Ärztliche Direktor für Palliativmedizin am Universitätsklinikum Bonn. Wichtig sei ihm ein eingehendes ärztliches Gespräch mit dem Patienten. Es komme nicht selten vor, dass Menschen im Verlauf eines Gesprächs auch vom Todeswunsch abrückten, und schließlich "heilfroh sind, dass sie es nicht umgesetzt haben", sagte Radbruch.
Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hat nun ein Internetportal zum Thema assistierter Suizid gestartet. Auf der Website "denkraum-assistierter-suizid.de" gibt es eine digitale Orientierungshilfe zu juristischen, ethischen und seelsorgerlichen Fragen, wie die Landeskirche am Mittwoch in München mitteilte. Dazu schreibt die evangelische Landeskirche, das Bundesverfassungsgericht habe nicht nur alte, kranke und sterbende Menschen im Blick gehabt, sondern "dass für jeden entscheidungsfähigen Menschen die Bestimmung über sein Lebensende bei ihm selbst liege". Ebenso sei es sein Recht, andere in dieser Hinsicht um Hilfe zu bitten, auch wenn die anderen zu dieser Hilfe nicht verpflichtet werden könnten.
Landeskirche: "Einfache Antworten wird es nicht geben."
Die Landeskirche will auf dem Portal nun nach eigenen Angaben klären, was die Gerichtsentscheidung für das Leben und Sterben des Einzelnen, für das Zusammenleben und für das Begleiten im Sterben bedeute. "Die moralischen, rechtlichen, politischen und sozialen Fragen, die sich hier bei jeder gesetzlichen Neuregelung auftun, sind vielfältig und herausfordernd. Einfache Antworten wird es nicht geben."
Mit Material der KNA und des epd.
Sie interessieren sich für Themen rund um Religion, Kirche, Spiritualität und ethische Fragestellungen? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Jeden Freitag die wichtigsten Meldungen der Woche direkt in Ihr Postfach. Hier geht's zur Anmeldung.