Aus Hartz IV soll zum 1. Januar das Bürgergeld werden: Für Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ist es "die größte Sozialstaatsreform seit 20 Jahren". Die Ampel-Koalition will weg vom alten System der Grundsicherung. Am Donnerstag stimmte der Bundestag dem Projekt zu - die Zustimmung des Bundesrats steht noch aus. Das Bürgergeld-Gesetz erhöht die bisherigen Leistungen und baut auf Vertrauen zwischen Leistungsbeziehern und Jobcentern.
Streit ums Bürgergeld
Doch es gibt Streit um das Vorhaben. Die Union droht, das Gesetz in der Länderkammer zu blockieren - dann müsste womöglich ein Vermittlungsausschuss einen Kompromiss suchen. CDU und CSU lehnen das Gesetz vor allem ab, weil es dann keinen signifikanten Einkommensunterschied zwischen Menschen mit Bürgergeld und Geringverdienern gebe. Die Union kritisierte auch die Lockerungen bei den Vorgaben, wie hoch die Ersparnisse und wie groß die Wohnungen von Leistungsbeziehern in den ersten beiden Jahren sein dürfen.
Bundesarbeitsminister Heil verteidigt das Gesetz: Der Geist des Bürgergelds sei nicht, Menschen unter Generalverdacht zu stellen, nicht arbeiten zu wollen. Es setze vielmehr auf Ermutigung und Respekt, unter anderem durch Anreize zur Weiterbildung und die Förderung von Berufsabschlüssen.
Was beim Bürgergeld geplant ist - Fragen und Antworten.
Wer hat künftig Anspruch auf das Bürgergeld?
Das Bürgergeld dient der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Es soll sicherstellen, dass der Lebensbedarf gewährleistet ist. Wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld hatte, wird auch künftig Anspruch auf Bürgergeld haben. Neue Anträge müssen dafür nicht gestellt werden.
Wie hoch wird das Bürgergeld ausfallen?
Zum 1. Januar soll der Regelsatz für alleinstehende Erwachsene von derzeit 449 Euro um 53 Euro auf dann 502 Euro steigen. Für Erwachsene unter 25, die noch bei ihren Eltern leben, erhöht sich der Betrag auf 402 Euro, für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren liegt er künftig bei 420 Euro, für Kinder von sechs bis 14 Jahren bei 348 Euro. Bei Kindern unter sechs Jahren sind es 318 Euro.
Was wird aus den bisherigen Sanktionen?
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Arbeitssuchenden mit den Jobcentern einen Kooperationsplan vereinbaren. Am Anfang steht dabei eine halbjährige "Vertrauenszeit", in der den Betroffenen nur eingeschränkt Leistungskürzungen drohen - und zwar, wenn sie mehrfach einen Termin beim Jobcenter verpassen. In diesem Fall ist eine zehnprozentige Leistungskürzung möglich.
Nach den sechs Monaten drohen zusätzlich weitere Leistungskürzungen bei sogenannter Pflichtverletzung - etwa wenn der Betroffene eine zumutbare Stelle nicht antritt. Dies bringt beim ersten Mal eine Kürzung von 20 Prozent mit sich. Beim zweiten Mal sind es dann 30 Prozent. Nicht mehr zulässig sind Abzüge bei den Kosten der Unterkunft.
Was gilt künftig für die Weiterbildung?
Bislang scheiterte die Berufsausbildung eines Arbeitslosen oft daran, dass er vorrangig einen Aushilfsjob annehmen muss. Dieser "Vermittlungsvorrang" entfällt künftig.
Eingeführt wird ein monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro. Zudem wird es Leistungsbeziehern ermöglicht, bei Bedarf in drei Jahren eine Umschulung im Rahmen einer geförderten beruflichen Weiterbildung zu besuchen anstatt wie bisher in zwei Jahren.
Können Bürgergeldbezieher ihre bisherige Wohnung behalten?
In den ersten beiden Jahren überprüfen die Jobcenter nicht, ob eine Wohnung angemessen ist. Menschen, die arbeitslos sind und sich einen neuen Job suchen müssen, sollen sich nicht auch noch um ihre Wohnung sorgen müssen, lautet die Begründung. Die Heizkosten werden nicht unbegrenzt erstattet - sie müssen vielmehr ebenfalls angemessen sein. Neu ist zudem die Regelung zu den Kosten eines Umzugs: Wenn ein Bürgergeldbezieher umzieht, muss er sich die Kosten dafür genehmigen lassen.
Welches Vermögen dürfen die Leistungsbezieher behalten?
In den ersten 24 Monaten werden Leistungen dann gewährt, wenn kein "erhebliches Vermögen" vorhanden ist. Hier gilt die Grenze von 60.000 Euro für den eigentlichen Leistungsbezieher und 30.000 Euro für jeden weiteren Menschen in der Bedarfsgemeinschaft. Das langfristige Schonvermögen wird bei 15.000 Euro angesetzt. Lockerungen gibt es auch bei selbst bewohnten Immobilien und beim eigenen Auto.
Welche Zuverdienst-Möglichkeiten sind geplant?
Wer zwischen 520 und 1.000 Euro verdient, soll künftig mehr von seinem Einkommen behalten können: Die Freibeträge in diesem Bereich werden von 20 Prozent auf 30 Prozent angehoben. Auch die Freibeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende werden erhöht.
Können die Jobcenter auch künftig Geld zurückfordern?
Ja, allerdings gilt hier eine Bagatellgrenze von 50 Euro. Erst wenn es um höhere Beträge geht, fordern die Jobcenter Geld zurück, das der Leistungsempfänger zu Unrecht bekommen hat.
Mit Informationen von AFP, KNA und epd
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