Robert Habeck (r), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Patrick Graichen, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Kay Nietfeld

Robert Habeck (r), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Patrick Graichen, Staatssekretär

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Staatssekretär Graichen bleibt – Opposition tobt

Im Fall Graichen hat die Opposition heute den Druck auf Robert Habeck erhöht. Im Bundestag musste sich der Wirtschaftsminister den Fragen der Abgeordneten stellen. Und die hatten es in sich. Sein Ministerium erhielt sogar einen neuen Namen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Die Anspannung war spürbar. Mit schnellen Schritten und regungslosen Gesichtern eilten Robert Habeck (Grüne) und sein Staatssekretär Patrick Graichen an den wartenden Journalistinnen und Journalisten vorbei. Nach einem kurzen "Guten Tag" waren die beiden auch schon durch die Tür, hinein in die gemeinsame Sitzung der Ausschüsse für Wirtschaft sowie Klimaschutz und Energie.

Graichen: Bedaure diesen Fehler sehr

In der Hoffnung, die Diskussion schnell zu beenden, hatte Patrick Graichen bereits zu Beginn eingeräumt, er habe bei der Vergabe des Geschäftsführerpostens der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (Dena) an seinen Trauzeugen Michael Schäfer Fehler gemacht. Ihm sei es ausschließlich darum gegangen, dass die Dena "eine oder einen exzellenten Geschäftsführerin bzw. Geschäftsführer bekommt".

Heute sei ihm klar, dass er sich sofort aus der Findungskommission hätte zurückziehen müssen, als Michael Schäfer in der engeren Wahl stand. Tat er aber nicht. "Das war falsch und ich bedaure diesen Fehler sehr", so Graichen. Als Konsequenz soll das Verfahren um die Neubesetzung der Dena-Stelle neu aufgerollt werden. Schäfer hätte das Amt Mitte Juni antreten sollen.

Habeck: Graichen bleibt

Nach der Ausschusssitzung stellte Robert Habeck klar, dass er zu Patrick Graichen, einem der Architekten seiner Energiewende, stehe. Zwar räumte auch Habeck ein, dass gegen Compliance-Vorgaben des Wirtschaftsministeriums "erkennbar verstoßen worden" sei. Er habe jedoch entschieden, dass Graichen wegen dieses Fehlers nicht gehen müsse.

Die Debatte im Ausschuss gebe ihm "eine gewisse Hoffnung, dass die Differenzierung diese Entscheidung auch klarer verständlich" mache. Ob der Opposition das reicht? Fraglich. Sie hatte bereits vor der Ausschusssitzung öffentlichkeitswirksam die Messer gewetzt. Graichen sei eigentlich "gar nicht zu halten", hieß es von der wirtschaftspolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Julia Klöckner (CDU). Und auch nach der Sitzung zeigte sich Klöckner unzufrieden. Viele Fragen seien offen geblieben. Die Ampelfraktionen hätten "eine große Chance vertan, für Aufklärung und Transparenz zu sorgen".

Ministerium für Klimaschutz und Vetternwirtschaft?

Damit war der Ton für die anschließende Aktuelle Stunde im Bundestag gesetzt. Politiker von CDU/CSU, AfD und der Linken beklagten nicht nur "Habecks grüne Familienclique" (Mario Czaja, CDU/CSU) in dessen "Ministerium für Vetternwirtschaft" (Tino Chrupalla, AfD). CSU-Mann Andreas Lenz wies die Entschuldigung Patrick Graichens zurück. Dies sei keine Entschuldigung für einen Fehler, sondern dafür, dass er sich habe "erwischen lassen". Die Opposition nutzte die Debatte zugleich für eine generelle Abrechnung mit der Klimapolitik der Bundesregierung. Durch die drohenden Kosten durch das maßgeblich von Graichen geplante Heizungsgesetz würde nicht Klimaschutz betrieben, sondern soziale Kälte.

Der Klimaschutz benötige einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Deshalb dürfe nicht der Eindruck entstehen, "dass Posten im zuständigen Ministerium nur mit Freunden statt mit Fachleuten besetzt werden" (Klaus Ernst, Die Linke). Vertreter von Grünen und SPD verteidigten Robert Habeck und warfen der "fossilen Lobby in der Union" (Sebastian Roloff, SPD) vor, die Debatte zu nutzen, um der Akzeptanz der Klimapolitik insgesamt zu schaden.

Es geht weiter

Kaum einer im politischen Berlin hatte erwartet, dass am Ende des heutigen Tages ein Rücktritt stehen würde. Dass Robert Habeck an Patrick Graichen festgehalten hat, war daher ebenso wenig überraschend wie die teils heftigen Attacken aus der Opposition. Und dennoch machte der Tag eines deutlich: Die Personalie Graichen wird zunehmend verknüpft mit der seitens der Bundesregierung vorangetriebenen Energiewende. Damit ist der Ton für die kommenden Tage und Wochen gesetzt.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!