Der von seinen Ämtern zurückgetretene Generalvikar des Bistums Speyer, Andreas Sturm, erklärte, der Missbrauch in der Kirche sei ausschlaggebend für seinen Austritt gewesen. "Ich bin immer davon ausgegangen, dass es Missbrauch in der Kirche gibt, aber dass es im Vergleich zur Gesamtgesellschaft prozentual so hohe Fallzahlen sind, und zu erleben, wie schwer sich Kirche mit dem Umgang tut, war ein starkes Kriterium", sagte Sturm.
Andreas Sturm: Zölibat bereits verletzt
Außerdem hat der 47-Jährige nach eigener Aussage bereits Beziehungen gehabt und den Zölibat verletzt. Die Zölibatsfrage sei für seinen Rücktritt zwar nicht entscheidend gewesen, sagte der ehemalige Verwaltungschef des Bistums und Stellvertreter von Bischof Karl-Heinz Wiesemann der Tageszeitung "Mannheimer Morgen". Ein Leben in einer Beziehung könne er sich indes gut vorstellen. "Das würde ich für mich als etwas sehr Erfüllendes ansehen", sagte der katholische Theologe.
Sturm galt als Erneuerer
In seinem für Mitte Juni angekündigten Buch "Ich muss raus aus dieser Kirche. Weil ich Mensch bleiben will – Ein Generalvikar spricht Klartext" schreibe er über die Gründe seines Austritts aus der römisch-katholischen Kirche und seinen Übertritt als Priester in die Altkatholische Kirche. Diese erkennt die Autorität des Papstes nicht an und ermöglicht die Priesterweihe von Frauen. Sturm hatte am vergangenen Freitag seinen Rücktritt von allen Ämtern und seinen Wechsel zu den Altkatholiken erklärt. Mit der Segnung homosexueller Paare stellte sich Sturm, der ab 2018 Generalvikar des Bistums Speyer war, offen gegen den Vatikan. Sturm galt als Erneuerer und Vertreter einer jüngeren Generation von Geistlichen.
Diözesanversammlung: Sturm als Fürsprecher für moderne Kirche
Währenddessen dankten Katholiken im Bistum Speyer dem früheren Generalvikar für seine Arbeit. Der Vorstand der Diözesanversammlung betonte am Montag, Sturm habe Themen vorangebracht und für Missbrauchsaufarbeitung und Geschlechtergerechtigkeit gestanden. "Die Gründe des Rücktritts können wir nachvollziehen und doch bedauern wir, einen menschennahen Fürsprecher, der für eine moderne Kirche steht, nicht mehr als Mitstreiter an unserer Seite zu wissen", so die Diözesanversammlung. Ähnlich äußerte sich der Bund der Deutschen Katholischen Jugend in der Pfalz.
#OutInChurch: Sturms Austritt ein "Alarmsignal"
Der Katholikenrat äußerte am Montag ebenfalls Bedauern. Sturms Wechsel zur Altkatholischen Kirche wirke authentisch. Die Situation der katholischen Kirche lasse viele zweifeln, ob sich Strukturen ändern ließen. Die Initiative "#OutInChurch" sagte, mit ihm sei ein "aufrichtiger Hoffnungsträger" gegangen. Dass ein Amtsträger mit Einfluss keine Hoffnung mehr in die Reformfähigkeit der Kirche setze und auch für den Reformdialog Synodaler Weg wenig Chancen auf Erfolg sehe, bezeichnete die Initiative als "Alarmsignal, das nicht überhört werden darf".
Mit Material aus den Agenturen: KNA, epd
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