Es soll doch um Inhalte gehen! Dieser schon fast verzweifelte Ruf verhallt in der SPD seit Tagen. Heute Morgen versuchte es SPD-Vizechef Ralf Stegner noch einmal. Im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF mahnte er seine Partei, nach dem Rückzug von Martin Schulz müsse es endlich wieder um die Sache gehen.
"Wichtig scheint mir, dass wir diese Gelegenheit auch als letzte Mahnung verstehen, dass die Disziplinlosigkeiten aufhören müssen." Ralf Stegner, stv. SPD-Vorsitzender
Sozialdemokraten fordern Urwahl des Parteichefs
Auch Manuela Schwesig, ebenfalls stellvertretende Parteivorsitzende, beklagte:
"Hinter uns liegen schlimme Tage. Die Politik hat sich von ihrer hässlichen Seite gezeigt." Manuela Schwesig, SPD
Allerdings macht die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern schon im nächsten Satz das, was sie eigentlich nicht wollte: Sie führt die nächste Personaldebatte. Schwesig sagte gestern Abend in der ARD, sie unterstütze sehr, dass Andrea Nahles zügig den Vorsitz der SPD übernimmt. Es gibt aber Widerstand gegen diese Form der Ämtervergabe. Viele Sozialdemokraten bringen eine Urwahl des Parteivorsitzenden ins Spiel. Generalsekretär Lars Klingbeil unterstützt diese Form. Parteivize Olaf Scholz nicht. Und schon steckt die SPD wieder in der Personaldebatte.
CDU diskutiert mit mehr Disziplin
In der Union hat das Interview von Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern Abend im ZDF ein geteiltes Echo hervorgerufen. Die Bundeskanzlerin bekommt Zustimmung, etwa von CDU-Vize Volker Bouffier, dem Thüringer Landeschef Mike Mohring, dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger. Auch der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, äußerte sich positiv – seiner Ansicht nach hat die Bundeskanzlerin verstanden, dass es eine personelle Erneuerung geben müsse.
"Wir brauchen ein großes Team aus Jüngeren und Älteren, aus neuen Köpfen und erfahrenen." Paul Ziemiak, Vorsitzender der Jungen Union
Ein Name, der dabei immer wieder fällt, ist Jens Spahn, derzeit Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Ziemiak sagte allerdings, die Zukunft der Partei hänge nicht an einem einzelnen Namen, sondern an der Frage eines gemeinschaftlichen Gefühls und eines gemeinsamen Personaltableaus.
Kritik in der CDU eher von Politikern aus der zweiten Reihe
Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, seit dem September nicht mehr im Bundestag vertreten, bemängelt, die Verteilung der Ministerien in der geplanten neuen Großen Koalition spiegele nicht wider, dass die Union mit Abstand die stärkste Kraft im Bundestag sei. Der CSU-Politiker Hans Michelbach, bayerischer Landesvorsitzender der Mittelstands-Union, sagte im Bayerischen Rundfunk, es schmerze sehr, dass die SPD das Schlüsselressort Finanzen bekommen soll.
"Das ist ein fataler Fehler, dieses Ministerium nicht in Unionshand zu haben. Und das wird sich noch rächen." Hans Michelbach, CSU
EU-Kommissar Oettinger sieht das anders. Er verwies auf die vier Jahre von 2005 bis 2009, in denen der SPD-Politiker Peer Steinbrück Finanzminister war – die Union habe mit ihm eine sehr gute Finanz- und Haushaltspolitik machen können. Offene Kritik von Parteigrößen an der Person Angela Merkel gibt es in der Union nach wie vor nicht. Weder die stellvertretenden Parteivorsitzenden noch CDU-Ministerpräsidenten verloren in den vergangenen Tagen ein schlechtes Wort über die Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel.