Norbert und Hündin Lilly
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Norbert und Hündin Lilly

    Silver Economy: Warum Griechenland auf deutsche Rentner setzt

    Dort alt werden, wo andere Urlaub machen: Damit sich möglichst viele Deutsche diesen Traum verwirklichen, hilft Griechenland mit kräftigen Steueranreizen nach. Doch es warten auch einige Fallstricke auf die Rentner.

    Norbert Russ und Ehemann Elijah haben es fast geschafft: Sie packen die letzten Koffer in den weißen Mercedes-Van, bevor es endlich losgeht. Noch ist die Sonne nicht ganz aufgegangen, doch die beiden sind hellwach, denn gleich werden sie mit ihrer Hündin Lilly nach Griechenland aufbrechen – allerdings nicht zum Urlaub machen, sie wollen auswandern.

    Norbert sieht dieses Vorhaben bis jetzt recht gelassen, schließlich sei Griechenland ja EU und das sei ja dann gar kein richtiges Auswandern. "Man kann ja ständig zurück. Es gibt keine Grenzen dank Schengen-Abkommen – besser kann es eigentlich gar nicht gehen", so der 63-Jährige.

    Steuern sparen und griechische Sonne genießen

    Norbert und Elijah leben in Sachsen - noch. "Ich will in einem Land leben mit Sonne, Fisch und Meer", erklärt Norbert. Außerdem habe Griechenland ein gutes Doppelbesteuerungsabkommen, das sei für ihn am Ende das ausschlaggebende Kriterium gewesen. Denn wenn er und Ehemann Elijah ihren Wohnsitz nach Griechenland verlegen, zahlen sie 15 Jahre lang nur eine Einkommensteuer-Flatrate von sieben Prozent – nicht nur auf die Rente, sondern auf alle im Ausland erzielten Einkünfte. Für den Vermieter und ehemaligen Allianz-Manager lohnt sich das.

    Thessaloniki: Meer und gute Flugverbindungen

    Grundvoraussetzung: Sie müssen offiziell nach Griechenland ziehen, das heißt sie brauchen einen Mietvertrag oder müssen eine Immobilie kaufen. Norbert und Elijah wollen erst einmal zur Miete wohnen, am liebsten in der Nähe von Thessaloniki. Die nordgriechische Stadt liegt am Meer, hat ganzjährig gute Flugverbindungen nach Deutschland und ist im Zweifelsfall sogar mit dem Auto erreichbar.

    Wichtig ist den beiden, dass sie in Griechenland eine Wohnung finden, die ihren Ansprüchen genügt: Mindestens zwei Schlafzimmer, Balkon oder Terrasse und Parkplatz am Haus, sollen es sein. Außerdem müssen Haustiere erlaubt sein, wegen Lilly.

    Goldgräberstimmung auf Kreta

    Etwa 3.000 Sonnenstunden pro Jahr soll es auf den griechischen Inseln geben. Besonders beliebt bei deutschen Auswandern ist die Insel Kreta. Davon profitieren auch Claudia Marenbach-Fountoulaki und ihr Mann Giorgos: Sie ist Maklerin, er Bauunternehmer. Beide haben sich auf die speziellen Anforderungen der Kundschaft aus dem Norden spezialisiert. Die Maklerin sitzt in ihrem Büro in der Nähe des beliebten Städtchens Chania.

    Ihr zufolge herrsche auf Kreta regelrechte Goldgräberstimmung. Dass die Nachfrage groß zu sein scheint, sieht man schon, wenn man durch das kleine Dorf spaziert: An jeder Ecke Immobilien- oder Baufirmen. Verstärkt wurde der Boom durch die neuen Steueranreize der griechischen Regierung. "Das sind ja nicht nur die Rentner, die hierherkommen, sondern es sind auch die digitalen Nomaden und die geben auf jeden Fall alle ihr Geld hier aus, z.B. in den Tavernen oder für Freizeitmöglichkeiten", so Marenbach-Fountoulaki. Am Ende profitiere die gesamte Region.

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    Maklerin Claudia Marenbach-Fountoulaki

    Verklärte Vorstellungen von Auswanderern

    Doch immer wieder melden sich potenzielle Kunden bei ihr, mit verklärten Vorstellungen, zum Beispiel, dass Immobilien und Bauen in Griechenland quasi nichts kosten würde. Kreta sei aber Erdbebengebiet, weshalb die Häuser ein großes Stahlgerüst bräuchten. "Damit sich, wenn es ein Erdbeben gibt, alles in die gleiche Richtung bewegt," erklärt die Maklerin. Stahl werde aktuell aber immer teurer.

    Ihr Tipp: Wer vorhat, nach Griechenland auszuwandern oder dort eine Immobilie zu kaufen, sollte sich vorher wirklich gut informieren und sich professionelle Unterstützung suchen, das kann eine Anwältin oder eine Maklerin sein. So können bereits im Vorhinein Fallstricke vermieden und der Traum vom Ruhestand unter griechischer Sonne wahr werden.

    Meerblick, Parkplatz und 520 Euro Kaltmiete

    800 Kilometer weiter nördlich, in einem kleinen Vorort von Thessaloniki ist dieser Traum bereits wahr geworden: Nach einer dreiwöchigen Odyssee mit Sprachproblemen, Vermietern und Immobilienbüros, die auf keine ihrer Anfragen reagiert haben, hat es am Ende doch geklappt.

    Stolz führen Norbert und Elijah durch ihr neues Zuhause: großes Wohnzimmer mit daran angeschlossener offener Küche, drei Balkonen, Schlafzimmer, Gästezimmer und natürlich Parkplatz – und das alles für eine Monatsmiete von 520 Euro kalt.

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    Norbert und Elijah am Meer

    Bürokratie in Griechenland kann langwierig sein

    Eigentlich wäre jetzt alles perfekt, aber eine wichtige Sache fehlt noch: die Steuernummer. Die brauchen sie, um die attraktiven Steuervergünstigungen zu bekommen. Doch beim Besuch der Steuerberaterin erfahren sie: Die Steuernummer bekommen sie zwar sofort, bis sie aber alle benötigen Unterlagen aus Deutschland beschafft und beglaubigt haben und die griechischen Behörden ihren Antrag auf Steuervergünstigungen abgearbeitet haben, wird es mindestens ein Jahr dauern. Dass die Bürokratie so langwierig ist, damit haben Norbert und Elijah nicht gerechnet.

    Jetzt wollen sich die beiden erst einmal Zeit nehmen, ihre neue Heimat zu erkunden, sich in Ruhe einzurichten und auch ein wenig Anschluss zu finden. Immerhin: Ihre Lieblingstaverne haben sie schon - direkt am Meer und nur fünf Gehminuten von ihrem neuen Zuhause entfernt. Mit den Füßen im Sand lassen sich Norbert und Elijah gegrillte Calamari, griechischen Salat und Weißwein schmecken. Jetzt sind sie endlich richtig angekommen in Griechenland.

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