54. Münchner Sicherheitskonferenz

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Siko-Bilanz: Scharfe Worte und ein heimlicher Sieger

Mit einem Drohnenteil in der Hand kritisierte Israels Ministerpräsident Netanjahu am letzten Tag der Sicherheitskonferenz den Iran scharf - und scheute auch nicht vor Nazi-Vergleichen zurück. Heimliche Gewinnerin der Siko ist wohl die EU. Kai Küstner

Über dieses Thema berichtet: BR24extra am .

Um zu unterstreichen, welche Gefahr aus dem Iran droht, hatte der israelische Ministerpräsident sogar Anschauungsmaterial mitgebracht: Während seiner Rede hielt er ein Metallteil hoch. Das Netanjahu als die Überreste einer iranischen Drohne bezeichnete, die man vor kurzem im israelischen Luftraum abgeschossen habe: "Erkennen Sie das wieder, Herr Sarif? Sie sollten, es gehört ihnen", sagte Netanjahu an den iranischen Außenminister gerichtet.

Es war der Versuch Benjamin Netanjahus, den Europäern die Augen zu öffnen: Dafür, woher aus seiner Sicht die eigentliche Gefahr droht – für sein eigenes Land und die ganze Welt. Aus dem Iran nämlich. "Iran strebt danach, unsere Region und die ganze Welt zu beherrschen mit Aggression und Terror."

Iran versucht sich als gemäßigte Stimme in Szene zu setzen

Kurze Zeit später stand der iranische Außenminister Mohammed Sarif selber auf der Bühne der Münchner Sicherheitskonferenz und entgegnete dem israelischen Ministerpräsident nicht weniger scharf: "Sie sind vorhin Zeugen eines comichaften Zirkus geworden. Dessen eine Antwort nicht würdig ist." Der iranische Außenminister schlug erneut eine "Sicherheitsarchitektur" für die Region vor und versuchte sich damit, als die gemäßigte Stimme in Szene zu setzen. Auch die Europäer allerdings werfen Teheran beständig vor, zum Beispiel mit der Unterstützung für das Assad-Regime in Syrien eine eher unheilvolle Rolle zu spielen.

Nazi-Vergleich von israelischer Seite

Israel geht deutlich weiter: Das Atomabkommen, das Teheran davon abhalten soll, in den Besitz der Bombe zu gelangen, verglich Netanjahu mit dem Münchner Abkommen aus dem Jahr 1938. Den Weltmächten wird vorgeworfen, mit dieser Übereinkunft den Expansions-Gelüsten Hitlers keinen Riegel vorgeschoben und den Zweiten Weltkriegs nicht verhindert zu haben. "Der Iran ist nicht Nazi-Deutschland", stellte Netanjahu klar. Doch es gebe Ähnlichkeiten. "Die einen propagierten eine Herrenrasse, die anderen eine Herren-Religion."

USA und Türkei geraten in Syrien aneinander

Ob die US-Regierung von Donald Trump am Atomabkommen festhält, ist zweifelhaft. Die EU hingegen betrachtet es als einen ihrer größten außenpolitischen Erfolge überhaupt und will es unbedingt retten. Wie hochexplosiv die Lage in der gesamten Region ist, dafür ist die Tatsache, dass die Türkei und die USA – zwei NATO-Partner - in Syrien militärisch aneinander zu geraten drohen, der beste Beweis: Der türkische Regierungschef Yildirim bezichtigte die USA, mit den kurdischen Kämpfern von der YPG terroristische Organisationen zu unterstützen.

EU als heimliche Gewinnerin der Sicherheitskonferenz

Ein wichtiger Mitspieler in Syrien ist auch Russland: Wie düster es um die Beziehungen der USA, aber auch der Europäer zu Moskau steht, davon wurde das Publikum in München erneut Zeuge. Und dennoch darf sich die EU vielleicht als heimliche Gewinnerin dieser Konferenz fühlen. Selten zuvor war der Ruf nach einem stärkeren Europa öfter zu hören. Würde sich jemand die Mühe machen und nachzählen, welche Begriffe zu den meistgenutzten dieser Sicherheitskonferenz gehört haben, der Begriff vom "stärkeren Europa" fände sich ganz oben auf dieser Rangliste.

Diese Stärke gilt sowohl in zivilen wie auch militärischen Dingen, wie Außenminister Gabriel in seiner Eröffnungsrede anführte: "Denn als einziger Vegetarier werden wir es in einer Welt der Fleischfresser verdammt schwer haben." Mit dieser Botschaft ließ Außenminister Gabriel das Publikum in München zurück. Dabei ist auch klar: US-Präsident Trump mag eine Art Weckruf für Europa gewesen sein – doch wo genau es in seinem nun wacheren Zustand hinsteuert, ist noch nicht endgültig klar.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen kritisierte, dass sich die Mitglieder der EU bei kontroversen Fragen immer noch blockieren durch das Gebot der Einstimmigkeit. In den EU-Verträgen ist zwar das Mehrheitsprinzip längst vorgesehen. Doch müssten – um das in Außenpolitikfragen durchzusetzen – dem natürlich zunächst die Mitgliedstaaten zustimmen. Und zwar selbstverständlich einstimmig.