Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird die Interessen seines kriegsgeplagten Landes bei den Gipfeln von G7 und Nato Ende Juni vertreten. Er habe dankbar die Einladungen zu den Spitzentreffen angenommen, teilte Selenskyj am Mittwochabend auf Twitter mit.
Noch unklar, ob Selenskyj direkt nach Schloss Elmau kommt
Unklar blieb zunächst, ob der ukrainische Staatschef dafür sein Land verlassen wird oder wie bei anderen Treffen per Video zugeschaltet wird. Selenskyj sah insgesamt große Fortschritte bei der internationalen Unterstützung für sein Land, wie er in seiner abendlichen Videoansprache sagte.
Scholz lädt Selenskyj zum G7-Gipfel nach Bayern ein
Selenskyj sagte, zur Gruppe der sieben führenden westlichen Industrienationen habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ihn eingeladen. Die Einladung zur Nato komme von Generalsekretär Jens Stoltenberg. Das G7-Treffen soll vom 26. bis 28. Juni in dem alpinen Luxushotel Schloss Elmau in Bayern stattfinden. Zu den G7 gehören neben den USA und Deutschland noch Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada, außerdem ist die EU bei allen Treffen vertreten.
Für die Bundesregierung sollen vom Gipfel deutliche Signale der Einigkeit in Richtung Wladimir Putin ausgehen. Der stellvertretende Chef des Bundespresseamtes, Johannes Dimroth, sagte bei einem Pressetermin Mitte Mai, welche Bilder dieser Gipfel transportieren soll: Es sei "zentral, dass nach außen hin sehr klar und deutlich wird, dass diese Gruppe zusammensteht – fest zusammensteht bei Fragen der internationalen Friedensordnung, bei Demokratie und Menschenrechten".
Im Anschluss: Nato-Gipfel in Madrid
Direkt im Anschluss beginnt in der spanischen Hauptstadt Madrid der Nato-Gipfel, bei dem es vor allem um die Stärkung der Ostflanke gegen Russland geht. Stoltenberg sagte zur Frage, ob Selenskyj nach Madrid kommen werde: "Er ist willkommen, persönlich zu kommen. Wenn das für ihn nicht möglich ist, wird er per Videokonferenz zu uns sprechen."
Der russische Angriff auf die Ukraine Ende Februar hat die Verbündeten dazu veranlasst, ihre Strategien zu überdenken. Sie sind sich einig, dass die Nato-Truppen entlang der Ostgrenze in größerer Zahl präsent sein sollten. Die Partner verstärkten bereits die Entsendung von Truppen und Material und wollen eine langfristige Präsenz der Soldaten gewährleisten. Als Reaktion auf den Einmarsch hat die Nato nach eigenen Angaben über 40.000 Soldaten unter ihren direkten Befehl gestellt, vor allem im Osten.
Viele internationale Kontakte der Ukraine
Die militärische Lage – vor allem in der Ostukraine – bleibt weiter äußerst gespannt. "Der erbitterte Kampf um das Gebiet Luhansk geht weiter", teilte der ukrainische Oberkommandierende Walerij Saluschnyj mit. Die russischen Truppen griffen dort aus neun Richtungen zugleich an, schrieb er auf Facebook.
Selenskyj listete in seinem abendlichen Video alle internationalen Kontakte vom Mittwoch auf: Telefonate mit US-Präsident Joe Biden und dem britischen Premierminister Boris Johnson, ein Treffen mit den Regierungschefs aus Albanien und Montenegro, Edi Rama und Dritan Abazovic. Von dem Treffen der US-geführten Ukraine-Kontaktgruppe am Mittwoch in Brüssel gehe das Signal aus, dass Waffenlieferungen verstetigt werden, sagte Selenskyj.
Scholz, Macron und Draghi zu Besuch in Kiew
Derweil sind am Donnerstagmorgen Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Regierungschef Mario Draghi zu einem unangekündigten Besuch in Kiew eingetroffen. Sie wurden von Selenskyj im Präsidentenpalast empfangen.
Die drei Staats- und Regierungschefs waren mit dem Zug aus Polen nach Kiew gereist. Kurz nach ihrer Ankunft in Kiew war dort Luftalarm ausgelöst worden, der aber nach einer halben Stunde wieder beendet wurde. Danach hatten Scholz, Macron und Draghi vor dem Treffen mit Selenskyj, an dem auch der rumänische Präsidenten Iohannis teilnimmt, zunächst den Kiewer Vorort Irpin aufgesucht. Dort soll die russische Armee bei ihrem Rückzug mutmaßlich Kriegsverbrechen begangen und Zivilisten hingerichtet haben.
Antrag auf EU-Mitgliedschaft im Zentrum der Gespräche
Für die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Italien ist es der erste Besuch in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar. Voraussichtlich werden dabei der ukrainische Antrag auf EU-Mitgliedschaft sowie weitere Waffenlieferungen im Vordergrund stehen. Die Ukraine dringt darauf, dass die EU sie nächste Woche beim Gipfel in Brüssel zum Beitrittskandidaten macht.

Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Macron und der italienische Ministerpräsident Draghi sind per Zug in Kiew eingetroffen.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!