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Weizen aus der Ukraine überschwemmt EU-Länder

Polen wird von billigem ukrainischem Getreide überschwemmt. Deutsche Landwirte in der Ukraine klagen über Exportprobleme übers Schwarze Meer. Russland erhöht seine Weizenexporte, mit gestohlenem Getreide aus der Ukraine. Der Krieg verändert alles.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Weil billiges Getreide aus der Ukraine Landwirte in Polen unter Druck setzt, bekommt das Land knapp 30 Millionen Euro an Agrarhilfe aus EU-Geldern. Auch Bulgarien und Rumänien erhalten Geld aus der EU-Agrarreserve: Sofia knapp 17 und Bukarest gut zehn Millionen Euro. Die Maßnahme sei am Donnerstag von den EU-Staaten angenommen worden, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission.

Korridore für Getreideexporte per Schiff, Lkw und Bahn

Der Hintergrund: Schon bald nach Kriegsbeginn waren die normalen Handelsrouten für Getreideexporte aus der Ukraine über den Hafen Odessa am Schwarzen Meer blockiert. Das Getreide, das unter anderem hungernde Menschen in Afrika bräuchten, konnte nicht exportiert werden.

Mittlerweile fahren wieder Getreideschiffe durch den Bosporus, laut EU sind seit Juli 2022 über einen "sicheren humanitären Seekorridor im Schwarzen Meer" rund 800 Schiffe mit Getreide und anderen Nahrungsmitteln aus ukrainischen Häfen ausgelaufen. Erst vor zwei Wochen hatten Russland und die Ukraine das von den Vereinten Nationen und der Türkei vermittelte Getreide-Abkommen verlängert. Es sieht vor, dass die Ukraine trotz des Krieges durch Korridore im teilweise von der russischen Flotte kontrollierten Schwarzen Meer Getreide verschiffen kann.

Getreide landet in Polen statt in Afrika

Parallel dazu hat die EU sogenannte Solidarity Lanes eingerichtet, Solidaritätskorridore über den Landweg. Getreide kommt seitdem per Zug, Lkw oder mit Binnenschiffen aus der Ukraine - zollfrei und ohne viel Bürokratie - in die EU und soll von dort weiter über EU-Häfen nach Afrika verschifft werden.

Zielort ist zum Beispiel in Polen der Hafen von Danzig an der Ostsee. Dort aber kommt das Getreide nicht an. Es bleibt in Polen, sorgt für ein Überangebot, die Preise sinken, die polnischen Bauern können ihr Getreide nicht verkaufen und gehen auf die Barrikaden. Vor kurzem haben deshalb polnische Landwirte fünf Grenzübergänge zur Ukraine blockiert und demonstriert. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kritisiert, die Importe aus der Ukraine würden den polnischen Getreide-Markt destabilisieren.

Symbolbild: Ein Bagger in einer Lagerhalle schaufelt Getreide. Weizen aus der Ukraine überschwemmt aktuell die Getreidemärkte in Polen
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Getreidemärkte in Polen

Agrarhilfen für Polen, Rumänien und Bulgarien

Bereits am 30. Januar hat sich der EU-Agrarrat mit diesem Problem beschäftigt, der bundesdeutsche Agrarminister Cem Özdemir bestätigte, dass die Maßnahme mit den Solidaritätskorridoren in die völlig falsche Richtung laufe und man so schnell wie möglich dieses Problem lösen müsse. Jetzt scheint die EU zu reagieren.

Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte am Donnerstag mit Blick auf derzeit bestehende Zollvorteile für ukrainische Produkte, die Kommission habe die Auswirkungen der gestiegenen Einfuhren aus der Ukraine auf den EU-Markt auf dem Schirm. Im Gespräch ist deshalb, wieder Zölle auf bestimmte Waren aus der Ukraine einzuführen.

40 Kilometer Lkw an der ukrainisch-polnischen Grenze

Das Problem mit den Solidaritätskorridoren bestätigt auch Landwirt Dietrich Treis. Er lebt und arbeitet seit 1990 in der Ukraine. Der gebürtige Hesse ist Geschäftsführer eines Ackerbaubetriebs mit 4.500 Hektar, 70 Kilometer östlich von Kiew. Vor kurzem ist er mal wieder mit dem Auto nach Deutschland gefahren - 1.800 Kilometer. Nach Passau, dort hat er seit Kriegsbeginn einen Zweitwohnsitz. "Ich bin von Kiew Richtung Polen gefahren, vor dem Grenzübergang stand eine Lkw-Schlange von 30 bis 40 Kilometern - alles Lkw mit Getreide."

Bekannt ist, dass die polnischen Grenzbeamten schon seit langem diese Lkw nur sehr zögerlich abfertigen, weil das ukrainische Getreide in Polen nicht erwünscht ist.

Im Hafen von Odessa lagern Tausende Tonnen Weizen

Das Getreide, das Landwirt Dietrich Treis letztes Jahr auf seinem Betrieb in der Nähe von Kiew geerntet hat, geht nicht über den Landweg in den Export, sondern wie gewohnt übers Schwarze Meer. Doch der Hafen von Odessa wird von den Russen kontrolliert. "Wir haben ein paar tausend Tonnen Getreide in Odessa im Hafen liegen, die abgeholt werden müssen, aber zurzeit läuft der Export sehr schwer." Für Treis bedeutet das, dass er seitdem auch auf sein Geld wartet, denn bezahlt wird der Weizen erst, wenn er auf einem Schiff ist.

Probleme gibt es aber mit der Beladung der Schiffe, denn dazu brauche es Technik und viel Strom, und der sei nicht immer verfügbar, erklärt Dietrich Treis. "Außerdem müssen die Schiffe von den Russen kontrolliert werden, und die Russen kontrollieren sehr langsam." Gleich zu Beginn des Kriegs habe die Ukraine noch vier Millionen Tonnen Getreide pro Monat exportiert. "Doch das ging den Russen zu schnell und dann haben sie angefangen zu bremsen", sagt Treis.

Russland stiehlt ukrainisches Getreide

Seit letztem Jahr schon wird aus vielen Quellen berichtet, dass die Russen große Mengen Getreide in der Ukraine stehlen und nach Russland transportieren.

Dazu passt die Aussage von Wladimir Putin, der vor kurzem in einer Rede angekündigt hat, er wolle die Getreideexporte Russlands dieses Jahr ausdehnen, auf 60 Millionen Tonnen. Denn 2022 sei die russische Agrarproduktion zweistellig gewachsen. Putin erklärte das in seiner Rede so: "Ein Teil der Rekordernte wurde aus der Ukraine nach Hause gebracht."

  • Zum Artikel: Der Ukraine-Krieg und Bayerns Landwirtschaft

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