Sie werden an der Stirn befestigt, decken das Gesicht ab und sollen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen: In vielen Ländern Asiens haben sich die sogenannten Face Shields schon etabliert und auch hierzulande sind sie immer häufiger zu sehen. Auf den ersten Blick bieten die gebogenen Plastikscheiben einige Vorteile: Es lässt sich mit ihnen leichter atmen als durch eine Mund-Nasen-Maske, besser kommunizieren und man fasst sich seltener ins Gesicht. Zudem lassen sie sich reinigen und wiederverwenden.
Kein ausreichender Eigen- und Fremdschutz
Das Problem dabei: Die sogenannten Face Shields können zwar Tröpfchen auffangen, wenn man angehustet wird. Doch sie schließen Mund und Nase nicht dicht ab: Unten und an den Seiten sind sie offen. Viren in Aerosolen können so unter das Visier schweben. Und umgekehrt ausgehustete Viren in die Umgebung gelangen. Eine Mund-Nase-Bedeckung können sie deshalb nicht ersetzen, stellt das Robert Koch-Institut klar. Auch laut dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit können die Gesichtsschilde eine Virenausbreitung nicht verhindern.
Auf die Länge und Form des Face Shields kommt es an
Vor allem im Nahbereich, das heißt alles unter einem Meter, ist eine Mund-Nasen-Maske die bessere Wahl. Darüber sind sich Wissenschaftler weitgehend einig. Einen gewissen Schutz könnten Gesichtsvisiere dennoch bieten. Dem Strömungsforscher Christian Kähler von der Universität der Bundeswehr München zufolge werde beim Husten in das Visier die Hauptströmung der Luft nach unten und hinten gelenkt. Daher könne das Face Shield andere durchaus schützen. Voraussetzung ist dabei, dass die Plastikscheibe über das Kinn reicht und nach innen gewölbt ist.
Langes Maskentragen kann belastend sein
Da das Maskentragen für bestimmte Menschen zu belastend sein kann, sollte man über Gesichtsvisiere als Alternative nachdenken, sagt der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien. In Österreich dürfen Face Shields statt einer Maske getragen werden. Die Visiere können vor allem für jene Berufsgruppen eine Erleichterung sein, die über mehrere Stunden eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen. Zum Beispiel Friseure, Verkäuferinnen und Verkäufer sowie Servicekräfte in der Gastronomie. Auch Menschen mit Atemnot wie COPD-Kranke würden von einem Gesichtsvisier statt Maske profitieren, so Hutter.
Face Shields als Alternative in Kitas?
Bei Gehörlosen und bestimmten Berufsgruppen wie Logopäden und Logopädinnen und Erzieherinnen und Erzieher ist es wichtig, die Mimik des Gegenübers zu sehen. Auch hier könnten Gesichtsvisiere als Maskenersatz zum Einsatz kommen, so Hans-Peter Hutter. Gerade in Kitas stellt die Maskenpflicht eine Herausforderung dar. Mund-Nasen-Abdeckungen werden in einer neuen Studie der Fliedner Fachhochschule Düsseldorf im pädagogischen Alltag als nicht tauglich eingeschätzt, da die Kommunikation über die Mimik unabdingbar für die Entwicklung der Kinder sei. Für einen gewissen Schutz der Fachkräfte seien Face Shields besser geeignet als Masken, so das Ergebnis der Untersuchung.
Dünne Datenlage zu Gesichtsvisieren
Über den sinnvollen Einsatz von Face Shields gibt es also unterschiedliche Ansichten, wohl auch deshalb, weil es noch nicht viele Studien dazu gibt. Was als Maske getragen werden darf, entscheiden die Bundesländer. In Bayern gilt für Gesichtsvisiere:
"Sie dürfen zwar genutzt werden, können aber lediglich ergänzend zur Mund-Nasen-Bedeckung verwendet werden." Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Stand 29.05.2020
Ob Maske oder Gesichtsvisier, Umweltmediziner Hutter ist davon überzeugt: Um sich vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen, kommt es letztlich vor allem auf das richtige Tragen und die Einhaltung des Mindestabstands an.
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