Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat seine Entscheidung, den vollständigen Atomausstieg nur um wenige Monate zu verschieben, verteidigt. Im Untersuchungsausschuss des Bundestags sagte der Kanzler, eine mehrjährige Laufzeitverlängerung wäre aus seiner Sicht gegen den Konsens aus den Vorjahren gewesen.
Als letzter Zeuge stand Kanzler Scholz den Abgeordneten am Donnerstag bis zum späten Abend Rede und Antwort, nachdem der Ausschuss Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorher fast neun Stunden lang befragt hatte.
Scholz: Energieversorgung "unter allen Umständen" gewährleisten
Scholz erklärte, er sei im Oktober 2022 nach einer Schalte mit den Betreibern von Atomkraftwerken und den beiden Ministern für Finanzen und Wirtschaft zugleich zu dem Schluss gekommen, dass es die "sinnvollste Lösung" sei, die Atomkraftwerke im Streckbetrieb noch bis Mitte April 2023 laufen zu lassen. "Mein Ziel war, die Sicherheit der Energieversorgung unter allen Umständen zu gewährleisten", sagte Scholz. Deshalb sei es sowohl im Umwelt- als auch im Wirtschaftsministerium damals darum gegangen, die Weiternutzung der Atomkraftwerke "ergebnisoffen" zu prüfen.
Ideologische Gründe für Atomausstieg im Vordergrund?
An dieser ergebnisoffenen Prüfung hegen insbesondere Union, AfD und FDP Zweifel. Sowohl Umweltministerin Steffi Lemke als auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) werfen sie vor, längere Laufzeiten von Atomkraftwerken nicht "unvoreingenommen" geprüft, sondern ideologiegetrieben entschieden zu haben.
Scholz: Ohne Machtwort wäre es nicht gegangen
Scholz betonte, dass es ohne dieses Machtwort nicht möglich gewesen sei, eine Lösung herbeizuführen. Weder mit Habeck noch mit dem damaligen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hätte es sonst in einer für Deutschland sehr ernsten Lage mit potenzieller Energie-Unterversorgung eine Einigung geben können, sagte Scholz. Ihm sei klar geworden: "Das muss ich schon auf meine Kappe nehmen." Er habe beide Minister vorab über die Entscheidung informiert.
Scholz hatte Ende 2022 unter Einsatz seiner Richtlinienkompetenz und gegen den Willen von Wirtschaftsminister Habeck entschieden, dass die drei letzten noch laufenden deutschen Atomkraftwerke bis Mitte April '23 – und damit länger als geplant – am Netz bleiben.
Mit Informationen von dpa und AFP
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!