Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
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Scholz: Nach dem Krieg wieder Kooperation mit Russland möglich

Der Bundeskanzler hat Russland für den Fall einer Beendigung des Ukraine-Kriegs die Rückkehr zu einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Aussicht gestellt. Es sei wichtig, dafür Vorbereitungen zu treffen, erklärte Scholz.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die deutsche Wirtschaft auf weitere Sanktionen gegen Russland eingeschworen, aber dem Land auch eine Kooperation nach dem Ende des Krieges gegen die Ukraine in Aussicht gestellt. Es sei wichtig, dass die Wirtschaft schon bei der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 die Sanktionen mitgetragen habe, sagte Scholz am Abend in Berlin vor dem Ostausschuss der deutschen Wirtschaft.

"Gegenwärtig werden die Beziehungen, die wir haben, zurückgefahren, zurückgefahren, zurückgefahren. Jetzt verschärfen wir die Sanktionen. Das muss jeder wissen", betonte Scholz, der sich bereits mehrfach gegen einen russischen Diktatfrieden für die Ukraine ausgesprochen und den sofortigen Abzug der russischen Truppen gefordert hatte.

Scholz will Vorbereitungen für die Zeit nach dem Krieg

"Aber ein Russland, das den Krieg beendet (...) braucht auch die Chance, dass in anderen Zeiten wieder möglich ist, ökonomische Kooperation zu beginnen: Nur ist das nicht jetzt", sagte Scholz. Nach dem Krieg werde Russland aber das größte Land auf dem europäischen Kontinent bleiben. "Deshalb ist ganz zentral, dass wir für diese Zeit Vorbereitung treffen."

Russlands Präsident Wladimir Putin habe nicht nur viele Orten in der Ukraine und sehr viele Menschenleben für seine imperialen Träume zerstört. "Eigentlich zerstört er auch die Zukunft Russlands", sagte Scholz. "Und das ist das, was er gegenüber seinem eigenen Land und seinem eigenen Volk rechtfertigen muss."

Wiederaufbau der Ukraine als "Menschheitsaufgabe"

In einer G7-Schalte mit den Staats- und Regierungschefs der wichtigsten westlichen Industriestaaten war zuvor über die weitere Hilfe für die Ukraine gesprochen worden. Man sei sich einig gewesen, dass man der Ukraine weiter helfe, solange dies im Kampf gegen Russland nötig sei, betonte Scholz. Der Wiederaufbau des von Russland immer weiter bombardierten Landes sei eine "Menschheitsaufgabe".

Ihre finanzielle Unterstützung für die Ukraine wollen die G7-Staaten künftig bündeln. "Die G7 hat sich heute auf zentrale Momente für eine Plattform verständigt, die die finanzielle Unterstützung aller Geber koordinieren soll", sagte Scholz im Anschluss an die Videokonferenz der Gruppe. "Das Ziel ist es, diese Plattform nun rasch aufzubauen, unter Beteiligung der Ukraine, internationaler Finanzinstitutionen und weiterer Partner."

G7: Selenskyj bittet um Erdgas und Waffen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bat während der Video-Schalte um Hilfe bei der Beschaffung von zusätzlichen zwei Milliarden Kubikmeter Erdgas. Zudem würden Waffen wie etwa moderne Panzer und Systeme mit größerer Reichweite benötigt. Die Regierung in Moskau solle "rechtzeitig vor Weihnachten" mit dem Abzug ihrer Truppen beginnen, sagte Selenskyj weiter.

Im Land selbst hat die Ukraine nach eigenen Angaben am Montag russische Vorstöße im Osten zurückgeschlagen. Es habe sich um Angriffe auf vier Siedlungen in der Region Donezk und acht in Luhansk gehandelt, erklärte der Generalstab. Russland setze an der Front Raketen, Drohnen und Artillerie ein. Die Angaben konnten von unabhängiger Seite nicht überprüft werden. Die beiden Regionen gehören zu insgesamt vier, die die Regierung in Moskau zu russischem Staatsgebiet erklärt hat. Berichte über neue Angriffe in der Nacht auf das ukrainische Energienetz lagen zunächst nicht vor.

Karte: Die militärische Lage in der Ukraine

Hafen von Odessa nimmt Betrieb wieder auf

Nach den Angriffen vom Wochenende nahm der Hafen von Odessa am Montag wieder den Betrieb auf. Der nationale Energiekonzern Ukrenergo erklärte, etwa 1,5 Millionen Menschen würden nun Stück für Stück wieder ans Netz angeschlossen. Die Verwaltung der Region Kiew berichtete von 14 Siedlungen, in denen der Strom noch komplett ausgefallen sei, in 37 weiteren sei die Versorgung eingeschränkt. Der für Notfallhilfe zuständige UN-Unter-Generalsekretär Martin Griffiths kam in der Ukraine an, um sich ein Bild von "den neuen Herausforderungen angesichts der zunehmenden Schäden an der Infrastruktur" zu machen, wie sein Büro mitteilte.

Putin sagt Pressekonferenz ab

Unterdessen lädt Russlands Präsident Wladimir Putin in diesem Dezember die internationalen Medien nicht zur traditionellen Jahrespressekonferenz - zum ersten Mal seit zehn Jahren. "Was die große Pressekonferenz angeht, nein, die wird es bis Neujahr nicht geben", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Agentur Interfax zufolge. Einen Grund nannte er nicht. Beobachter sind überzeugt, dass Putin die Fragen der internationalen Journalisten in diesem Jahr vermeiden will - angesichts des seit mehr als neun Monaten andauernden Kriegs gegen die Ukraine, wo seine Armee immer wieder Niederlagen einstecken musste.

Putins große Jahrespressekonferenz fand seit 2001 insgesamt 17 Mal statt. Unterbrechungen gab es nur im Jahr 2005 sowie in den Jahren 2008 bis 2012, als Dmitri Medwedew das Präsidentenamt bekleidete. Zu der Veranstaltung reisten stets Hunderte russische und ausländische Medienvertreter an.

EU stockt Budget auf - neue Sanktionen müssen noch warten

Auch die EU-Staaten befassten sich am Montag mit dem russischen Angriffskrieg. Laut ihrem Außenbeauftragten konnten sie sich aber zunächst nicht auf ein neuntes Sanktionspaket gegen Russland einigen. "Aber ich hoffe, dass die Übereinkunft diese Woche erzielt wird", sagt Josep Borrell nach einem Treffen in Brüssel mit seinen Kollegen aus den einzelnen Mitgliedsländern.

Ihren Fonds zur Lieferung von Waffen an die Ukraine stockt die EU dagegen umgehend auf - um zwei Milliarden Euro. Nach Angaben des EU-Rats könnten die Mittel bis 2027 noch auf bis zu 5,5 Milliarden Euro erhöht werden. "Die heutige Entscheidung wird sicherstellen, dass wir die Mittel haben, um die Streitkräfte unserer Partner konkret mit militärischer Unterstützung zu beliefern", erklärte Borrell.

Mit Informationen von dpa und Reuters

Putin sagt traditionelle Jahrespressekonferenz ab
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Putin sagt traditionelle Jahrespressekonferenz ab

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