Deutschland steuert auf die Hochphase des Sommers zu. Im politischen Berlin bedeutet das auch, die alljährliche Sommerpressekonferenz des Regierungschefs steht an. In diesem Jahr hat sie zum ersten Mal Olaf Scholz (SPD) abgehalten. Die Themen waren traditionell breit gestreut. Vom Klimawandel über die hohe Inflation bis hin zur Energieversorgung hat sich der Bundeskanzler zu den derzeit drängendsten Punkten geäußert.
Scholz kündigt weitere Waffenlieferungen für die Ukraine an
Zu Beginn der Konferenz hat Scholz auch über den Ukraine-Krieg gesprochen. Dabei sicherte der Bundeskanzler der Führung in Kiew weitere Hilfe in ihrem Kampf gegen die russischen Besatzer zu. Deutschland habe mit einer Tradition gebrochen und liefere Waffen in ein Kriegsgebiet, sagte Scholz. "Das werden wir auch die nächste Zeit weiter tun."
Scholz prangerte dabei erneut russische Kriegsverbrechen in der Ukraine an. Viele dieser Taten habe er "mit großem Entsetzen" zur Kenntnis genommen, sagt Scholz und betont mit Blick auf Wladimir Putin: "Der russische Präsident trägt die Verantwortung für diesen Krieg." Die Frage, ob sich Putin deshalb persönlich verantworten werden müsse, beantwortete Scholz allerdings nicht.
Längere Laufzeit von Atomkraftwerken soll geprüft werden
Bezüglich der Energieversorgung in Deutschland zeigte sich der SPD-Politiker relativ entspannt. Er rechne damit, dass die Gasspeicher weiter gefüllt werden könnten, so Scholz. Sie seien schon jetzt wesentlich voller als im vergangenen Jahr. Außerdem werde in der Energiekrise geprüft, die drei noch im Betrieb befindlichen Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Hierzu werde es "bald" einen Beschluss geben, ergänzte der Regierungschef.
Die beiden geplanten Flüssiggas-Terminals an der deutschen Nordseeküste sollen nach Worten des Kanzlers rasch in Betrieb gehen. "Die ersten Flüssiggas-Terminals werden zu Beginn nächsten Jahres in diesem Winter angeschlossen", so Scholz. Man habe bereits in den vergangenen Jahren daran geplant. "Deswegen wird es jetzt auch schnell gehen." Es sei derzeit zwar teuer Gas zu beschaffen. "Aber wir werden immer genug kriegen, darum geht es ja." Die Terminals gelten als entscheidend, damit Deutschland den Winter ohne Gas-Kürzungen auskommen kann.
Modernisierung und Wohlstandssicherung als zentrale Reformvorhaben
Der Kanzler räumte aber auch zahlreiche Fehler in den vergangenen Jahren in der deutschen Energiepolitik ein. "Wir arbeiten sämtliche Versäumnisse der letzten Jahre ab, die in dieser Hinsicht wirklich groß waren", sagte Scholz. Es habe zwar gemeinsame Entscheidungen gegeben über Ausstiege aus Kohleverstromung und Atomenergie, aber keine Entscheidungen, die ein großes Tempo für eine industrielle Modernisierung Deutschlands mit sich gebracht hätten. Scholz war als Finanzminister selbst Mitglied der schwarz-roten Vorgängerregierung.
Die industrielle Modernisierung und die Sicherung des Wohlstands Deutschlands bezeichnete Scholz dabei als die zentralen Reformvorhaben der Ampel-Regierung. "Mit jeder Windmühle, mit jeder Solaranlage, mit jeder neu in Betrieb genommenen Stromtrasse sinke die Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Ressourcen, die aus aller Welt importiert werden müssten." Er versprach der Industrie bezahlbare Energie in großer Menge, insbesondere Strom und Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen.
Bundesregierung plant zusätzliches Entlastungspaket
Mit Blick auf die aktuell hohe Inflation in Deutschland kündigte Scholz außerdem ein weiteres Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger an. Man werde über die schon beschlossenen Pakete hinaus weitere Maßnahmen ergreifen müssen, sagte der SPD-Politiker in Berlin. Dabei gehe es ihm um diejenigen, "die ganz wenig haben". Scholz betonte: "Wir werden alles dafür tun, dass die Menschen durch diese schwierige Zeit kommen." Dazu sei die Regierung fest entschlossen.
Scholz verwies dabei auf die Einführung des Bürgergeldes und die geplante Wohngeldreform. Zudem wird es laut dem Bundeskanzler auch steuerliche Entlastungen geben. "Der Finanzminister hat seinen Beitrag zu den notwendigen Überlegungen dazu gestern vorgestellt. Ich finde das sehr, sehr hilfreich", erklärte Scholz. Ziel sei ein Gesamtpaket, das alle Bevölkerungsgruppen umfasst, so dass niemand vor unlösbare Probleme gestellt werde und keiner die Herausforderungen, die mit den gestiegen Preisen verbunden sind, alleine schultern müsse. Scholz nahm dabei auch Hilfen für Rentner und Studierende nicht aus.
Bundeskanzler rechnet nicht im Unruhen im Herbst
Finanziert werden sollen die Entlastungspakete der Regierung möglichst ohne neue Schulden. "Wir gehen davon aus, dass wir unsere Vorstellungen in dem finanziellen Rahmen bewältigen können, der uns zur Verfügung steht". Darüber hinaus betonte Scholz, er halte die Einhaltung der Schuldenbremse ab kommendem Jahr weiter für möglich.
Auf die Frage, ob der SPD-Politiker im Herbst angesichts weiter steigender Lebensmittel- und Energiepreise mit Volksständen rechnet, winkte er ab. "Nein, ich glaube nicht, dass es zu Unruhen kommen wird, weil Deutschland ein Sozialstaat ist", sagte Scholz. "Dieser Sozialstaat muss in dieser Zeit wirksam sein. Es gilt: You'll never walk alone."
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