Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei seinem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei seinem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew.

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Scholz fordert EU-Beitrittsstatus für Ukraine und Moldau

Lange hatte die Ukraine darum gebeten, jetzt hat Präsident Selenskyj offenbar auch den Bundeskanzler überzeugt: Olaf Scholz hat sich für den EU-Beitrittsstatus der Ukraine ausgesprochen. Auch für die Republik Moldau will er sich stark machen.

Er wolle nicht nach Kiew reisen, wenn es nichts zu verkünden gebe. So hat es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) oft wiederholt, wenn er auf seine Planungen für einen Ukraine-Besuch angesprochen wurde. Am Donnerstag ist Scholz nun zusammen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Draghi und dem französischen Präsidenten Macron genau dorthin gefahren, der rumänischen Regierungschef Iohannis kam auch dazu. Sein Versprechen hat Scholz gehalten: Der Bundeskanzler hat sich erstmals dafür ausgesprochen, dass die Ukraine ein Beitrittskandidat für die Europäischen Union wird.

Scholz, Draghi und Macron: Ukraine soll EU-Beitrittskandidat werden

Das erklärte der SPD-Politiker nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj. "Deutschland ist für eine positive Entscheidung zugunsten der Ukraine. Das gilt auch für die Republik Moldau", sagte Scholz bei einer Pressekonferenz. Er ergänzte: "Die Ukraine gehört zur europäischen Familie."

Ähnlich sehen es auch Scholz' Mitreisende. Italiens Ministerpräsident Mario Draghi befürwortete, dass die Ukraine den EU-Beitrittsstatus erhält. Seine Hauptbotschaft sei, dass Italien das Land als Teil der EU sehen wolle, so Draghi. "Präsident Selenskyj hat verstanden, dass der Kandidatenstatus ein Weg ist und noch nicht das Ziel." Ein Weg, auf dem tiefgreifende Reformen in der ukrainischen Gesellschaft notwendig seien.

Der französische Präsident Emmanuel Macron betonte, Europa stehe an der Seite der Ukraine bis zu deren Sieg. Die Sicherheit des Kontinents werde in der Ukraine entschieden. "Auf jeden Fall unterstützen wir den Beitrittsstatus der Ukraine zur Europäischen Union", unterstrich Macron.

Rumänischer Präsident spricht von Wendepunkt in der Geschichte

Zustimmung kam auch von Rumäniens Präsident Klaus Iohannis. Er plädierte dafür, auch Georgien miteinzubeziehen. "Der Ukraine, der Republik Moldau und Georgien nächste Woche beim Europäischen Rat einen EU-Kandidatenstatus zu garantieren, ist wesentlich dafür, ein starkes und dauerhaftes Schild um unsere Werte herum zu bauen", so der rumänische Regierungschef. Man stehe an einem Wendepunkt der europäischen Geschichte, betonte Iohannis.

Angesichts der EU-Beitrittsaussichten für die Ukraine drängte Scholz darauf, auch die Westbalkanstaaten näher an die Europäische Union heranzuführen. "Es ist eine Frage der europäischen Glaubwürdigkeit, dass wir gegenüber den Staaten des westlichen Balkan, die sich seit Jahren schon auf diesem Weg befinden, nun endlich unser Versprechen einlösen, jetzt und konkret", erklärte der Bundeskanzler.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fordert den EU-Beitrittsstatus für die Ukraine und die Republik Moldau.
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Olaf Scholz hat sich für den EU-Beitrittsstatus der Ukraine ausgesprochen. Auch für die Republik Moldau will er sich stark machen.

Empfehlung der EU-Kommission für Freitag erwartet

"Für den Beitritt zur Europäischen Union gelten klare Kriterien, die von allen Kandidaten erfüllt werden müssen", ergänzte er. Das gelte insbesondere für die gemeinsamen Regeln mit Blick auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. "Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind das, was uns in der Europäischen Union zusammenführt und von anderen unterscheidet", so Scholz. Die EU müsse sich auf diese Entwicklung vorbereiten und ihre Strukturen und Verfahren modernisieren.

Erwartet wird, dass die EU-Kommission am Freitag eine Empfehlung darüber abgeben wird, ob die Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten soll. Die EU-Staats- und Regierungschefs werden dann schon in der kommenden Woche auf ihrem Gipfel darüber beraten. Die Entscheidung, ob die Ukraine wirklich Beitrittskandidat wird, muss einstimmig getroffen werden.

Die Unterstützung der drei größten EU-Staaten Deutschland, Frankreich und Italien gilt dabei als wichtiges Signal zugunsten der Ukraine. Mit dem Status des Beitrittskandidaten können konkrete Verhandlungen über die Aufnahme des Landes in die EU beginnen. Erwartet wird, dass ein Vollzug der Aufnahme mindestens 20 Jahre dauern wird.

Weitere Unterstützung aus Deutschland angekündigt

Scholz sicherte der Ukraine zudem weitere Waffenlieferungen zu. "Wir unterstützen die Ukraine auch mit der Lieferung von Waffen, und wir werden das weiterhin tun, solange die Ukraine unsere Unterstützung benötigt", teilte der Kanzler mit. Konkrete Zusagen machte Scholz aber nicht.

Scholz verwies zudem auf dreiseitige Gespräche mit den USA und Großbritannien mit dem Ergebnis, dass die Ukraine Mehrfachraketenwerfer erhalte. "Deutschland unterstützt die Ukraine massiv", so die Bilanz des Sozialdemokraten.

Selenskyj zeigt sich erleichtert und versichert Dankbarkeit

Am 113. Tag des Krieges begrüßte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj das klare Bekenntnis seiner Gäste: "Der EU-Kandidatenstatus könnte eine historische Entscheidung für Europa sein." Die Ukraine hatte kurz nach dem Angriff Russlands am 24. Februar einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt.

Selenskyj würdigte auch explizit den Besuch von Olaf Scholz. Es würden Waffen geliefert, auch die gewünschten. "Hier hilft uns Deutschland sehr", sagte er. "Ja, ich bin überzeugt, dass das ganze deutsche Volk die Ukraine unterstützt."

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