Altkanzler Gerhard Schröder (Archivbild)
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Altkanzler Gerhard Schröder (Archivbild)

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Schiedskommission: Altkanzler Schröder darf SPD-Mitglied bleiben

Trotz seiner umstrittenen Haltung gegenüber Russland darf Altkanzler Gerhard Schröder in der SPD bleiben. Die Schiedskommission des SPD-Bezirks Hannover wies Anträge mehrerer SPD-Gliederungen zum Ausschluss in zweiter Instanz zurück.

Die Russland-Nähe von Altkanzler Gerhard Schröder hat weiter keine Parteistrafe der SPD zur Folge. Die Schiedskommission des SPD-Bezirks Hannover wies Anträge mehrerer SPD-Gliederungen in zweiter Instanz in einem Beschluss zurück, der der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag vorlag. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet. Der Altkanzler selbst zeigte sich über den Beschluss laut einem Medienbericht "nicht überrascht".

"Fehleinschätzung" statt Fehlverhalten?

Es lasse sich "nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen", dass Schröder gegen Statuten, Grundsätze oder die Parteiordnung verstoßen oder sich einer ehrlosen Handlung schuldig gemacht habe, heißt es in dem Beschluss. "Möglicherweise haben deutsche Spitzenpolitiker die Gefahren einer Abhängigkeit von russischen Energielieferungen in den vergangenen 25 Jahren falsch eingeschätzt." Das betreffe aber auch andere Politiker der SPD und anderer Parteien. "Eine solche Fehleinschätzung dem Antragsgegner vorzuwerfen, führt indes zu weit."

Berufung kann noch beantragt werden

Die SPD-Gliederungen, die die Berufung beantragt hatten, könnten nun noch Berufung zur SPD-Bundesschiedskommission beantragen. Allerdings gilt es als eher unwahrscheinlich, dass eine weitere Berufung nach zwei Freisprüchen in den ersten Instanzen zugelassen würde.

Das Parteiordnungsverfahren hatten zunächst 17 SPD-Gliederungen ins Rollen gebracht. In erster Instanz entschied der SPD-Unterbezirk Region Hannover im Sommer, dass Schröder nicht gegen die Parteiordnung verstoßen habe. Dagegen legten sieben SPD-Gliederungen Berufung ein. Die Verhandlung darüber fand Anfang Dezember statt - bis zur jetzt verkündeten Entscheidung vergingen zweieinhalb Monate.

Isolation in SPD durch Putin-Nähe

Die Verfahren zeigen jedoch, dass der frühere Bundeskanzler sich mit seinem Engagement für russische Staatskonzerne und seiner Haltung zum Ukraine-Krieg auch in der eigenen Partei viele Gegner gemacht hat. So hatte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken dem Altkanzler bereits im April 2022 nahegelegt, aus der Partei auszutreten. Gänzlich isoliert ist Schröder in der SPD indes nicht.

Im Falle eines Verstoßes wäre nach den SPD-Regularien als härteste Strafe auch ein Ausschluss Schröders aus der SPD möglich gewesen. Früh hieß es allerdings, dass dieser Schritt aus juristischen Gründen unwahrscheinlich sei. Als mildere Sanktionen standen etwa eine Rüge oder eine zeitweilige Aberkennung des Rechts zur Bekleidung von Parteifunktionen im Raum.

Schröder gilt als enger Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin und war über Jahre für russische Energiekonzerne aktiv. Mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine erklärte Schröder zwar, es liege in der Verantwortung Russlands, den Krieg zu beenden. Allerdings dürften die Verbindungen zu Russland nicht komplett gekappt werden.

Schröder über Beschluss "nicht überrascht"

Altkanzler Schröder zeigte sich zufrieden mit dem Beschluss der SPD-Schiedskommission. Das Magazin "Stern" berichtete, er habe über Vertraute ausrichten lassen, er sei "nicht überrascht" vom Ausgang des Berufungsverfahrens. Der Beschluss der Schiedskommission des SPD-Bezirks Hannover sei "juristisch solide und überzeugend sowie politisch konsequent", zitierte das Magazin den früheren Kanzler weiter. Schröders Rechtsanwalt Michael Nagel bestätigte der dpa die Aussagen.

Die Bundes-SPD nahm die Entscheidung aus Hannover "zur Kenntnis". Diese "juristische Einschätzung" der Schiedskommission ändere aber nichts daran, "dass Gerhard Schröder mit seinen Positionen zu Russland in der SPD politisch isoliert ist".

Mit Informationen von dpa und AFP

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