Menschen in einer Ausländerbehörde
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Was die Ampel-Regierung gegen verbotene Scheinvaterschaften tut.

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Scheinvaterschaften: Was die Bundesregierung dagegen tun will

Scheinvaterschaften: Was die Bundesregierung dagegen tun will

Es ist verboten, kommt aber vor: Ein Deutscher erklärt sich zum Vater eines Kindes, das gar nicht seins ist - und sichert so den Aufenthaltsstatus der ausländischen Mutter. Das Kind wird deutscher Staatsbürger. Was die Ampel-Regierung dagegen tut.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Künftig soll bei bei Vaterschafts-Eintragungen bei Eltern mit einem sogenannten "ausländerrechtlichen Gefälle" die Ausländerbehörde zustimmen müssen. Das sieht der Gesetzentwurf von Innenministerin Faeser und Justizminister Buschmann vor, den das Kabinett heute beschlossen hat und den der Bundestag noch verabschieden muss. Außerdem droht eine Strafe, wenn eine erfolgreiche Täuschung später auffliegt.

Ausländerbehörde muss künftig zustimmen

Die geplante neue Regel betrifft zum Beispiel deutsche Staatsbürger, die ihre Vaterschaft eines Kindes mit einer ausländischen Touristin eintragen lassen wollen. Immer, wenn der Aufenthaltstitel des Vaters sicherer ist als der der Mutter, muss das Standesamt künftig die Ausländerbehörde hinzuziehen. "Die Ausländerbehörden, die hier über viel Expertise verfügen, müssen dann der Anerkennung zustimmen und können diesen Rechtsmissbrauch künftig verhindern", so Innenministerin Faeser.

Wenn der Mann seine biologische Vaterschaft nachweisen kann, entfällt eine Prüfung auf möglichen Missbrauch der ausländerrechtlichen Regel. Wenn es klare Anzeichen gibt, dass der Mann Verantwortung für das Kind übernimmt oder wenn er zum Beispiel schon länger als sechs Monate mit der Mutter zusammenwohnt, soll die Ausländerbehörde in der Regel davon ausgehen, dass es sich um den Vater handelt. 

Dass die Ausländerbehörden regelmäßig hinzugezogen werden, nennt Justizminister Buschmann "präventive Kontrolle". Nachträgliche Kontrollen bei Verdachtsfällen sind ebenfalls vorgesehen. Stellt sich eine erfolgreiche Anerkennung im Nachhinein als falsch heraus, soll sie unter Umständen binnen fünf Jahren noch zurückgenommen werden können. Im Kampf gegen Scheinvaterschaften setzt Innenministerin Faeser auch auf Abschreckung: "Wenn vorsätzlich getäuscht wird, dann gibt es eine Strafbewehrung jetzt künftig dafür". Es droht eine Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren oder eine Geldstrafe.

Hunderte Verdachtsfälle - Dunkelziffer wohl hoch

Aktuelle Zahlen, wie groß das Problem missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen ist, gibt es nicht. Nach Angaben der Bundesregierung wurden in der Zeit von 2018 bis 2021 fast 1.800 Verdachtsfälle bearbeitet. In 290 Fällen stellten die Behörden eine Scheinvaterschaft fest. Weitere 1.800 Fälle wurden in den Auslandsvertretungen geprüft. Das Innen- und das Justizministerium gehen aber davon aus, dass die Dunkelziffer bei diesen Täuschungen deutlich höher ist.

Im Audio: Ampel-Koalition will schärfer gegen "Scheinväter" vorgehen

Justizminister Buschmann und Innenministerin Faeser geben sich die Hände.
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Das Kabinett billigte heute das Gesetzesvorhaben von Innenministerin Faeser und Justizminister Buschmann gegen Scheinvaterschaften.

Justizminister Buschmann: "perfide Masche"

Bundesjustizminister Marco Buschmann nennt Scheinvaterschaften eine "perfide Masche", um das Ausländerrecht auszuhebeln: "Männer erkennen die Vaterschaft für Kinder an, zu denen sie weder eine biologische noch eine soziale Beziehung haben und sie auch nicht vorhaben, aufzubauen. Es geht im Regelfall darum, Menschen, die keinen Anspruch auf ein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben, ein solches zu verschaffen". Dafür fließt mitunter Geld. Die Folge: Das Kind erhält automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Mutter bekommt ein Aufenthaltsrecht in Deutschland und hat Anspruch auf Sozialleistungen. Das gilt auch für mögliche Geschwister des Kindes.

Der Trick mit den falschen Anerkennungen kostet den Sozialstaat jedes Jahr viel Geld, sagt der Justizminister von der FDP. Zumal die angeblichen Väter in der Regel ebenfalls Transferleistungen vom Staat bezögen: "Es ist auch Missbrauch zu Lasten der Solidargemeinschaft. Deshalb ist es ein wichtiger Punkt, dieses Problem zu lösen." Es wurden schon Fälle bekannt, in denen ein Mann die Vaterschaft von 24 Kindern verschiedener Frauen anerkannt hat.

Zwei Lösungsversuche schon gescheitert

Scheinvaterschaften sind schon heute verboten. Allerdings tun sich die Behörden den zuständigen Ministerien zufolge derzeit schwer, dagegen effektiv vorzugehen. Der Gesetzgeber hat seit 2008 schon zweimal versucht, den Scheinvaterschaften einen Riegel vorzuschieben. Die erste Reform kippte das Bundesverfassungsgericht - wegen der Härte für Kinder, die dadurch staatenlos werden können.

Die zweite Reform, bei der Notare und Jugendämter aufgefordert sind, vermutete Missbrauchsfälle an die Ausländerbehörden zu melden, erwies sich als wenig schlagkräftig. Denn Missbrauchsfälle werden, wenn überhaupt, meist erst spät erkannt. Das liegt nach Einschätzung von Justiz- und Innenministerium daran, dass Notare und Jugendämter nicht über Informationen verfügen, die sie stutzig machen könnten. Eine nachträgliche Korrektur ist nicht möglich.

Mit Material von dpa und afp

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