Gestern dauerte alles ein bisschen länger als gedacht. Die Rede von Parteichef Lindner begann bereits mit kleiner Verspätung. Danach kostete die Debatte über Satzungsänderungen mehr Zeit als eingeplant. Die Abstimmung zum strittigsten Thema, der Russland-Frage, wurde daher auf den heutigen Sonntag gelegt.
Lockerung der Sanktionen - oder nicht?
Denn die Geschlossenheit der Liberalen, die sie durch den Bundestagswahlkampf und die Jamaika-Sondierungen bewahren konnten, sie bekommt eine erste Belastungsprobe. In der Frage, wie sich Deutschland gegenüber Russland verhalten soll, gibt es zwei Lager in der Partei. Das - vermutlich größere - wird von Parteichef Lindner angeführt.
Der versuchte bei seiner 90-minütigen Rede gar nicht erst, das Thema zu umschiffen, sondern machte seine Position deutlich: "Eine Konfrontation mit Russland kann niemand, der bei klarem Verstand ist, ernsthaft wollen", sagte er. "Aber genauso wenig können wir Völkerrechtsbrüche tolerieren oder die Destabilisierung westlicher Gesellschaften durch Cyber-Angriffe." Russland habe seinen Platz im Haus Europa, wenn es sich an die Hausordnung halte.
Lindner und der Großteil des Bundesvorstands plädieren zwar für zusätzliche Gesprächskanäle nach Moskau, zum Beispiel durch die Wiederaufnahme der EU-Russland-Gipfel. An den EU-Sanktionen gegen Russland, die im Zuge der Ukraine-Krise verhängt wurden, will das Lindner-Lager aber festhalten, solange es dafür keine Gegenleistung aus Moskau gibt. Der Westen wirke sonst schwach und defensiv.
Kubicki: Sanktionen überprüfen
Anders sieht das der FDP-Landesverband aus Thüringen - und der Vize-Vorsitzende Wolfgang Kubicki. Der zweifelt am Erfolg der bisherigen Sanktionspolitik und fordert deren "kritische Überprüfung". Die FDP-Thüringen schlägt in ihrem Parteitags-Antrag vor, einzelne Sanktionen auch ohne Gegenleistung aufzuheben.
Angesichts der Meinungsunterschiede ermunterte der Parteivorsitzende aber zur Diskussion: "Niemand, der hier eine am Ende unterlegene Meinung bei was auch immer vertritt, ist danach beschädigt", sagte Lindner gestern. "Durch solche Spekulationen lassen wir uns die Freude an der Kontroverse nicht nehmen."