Renate Schmidt zu Gast in der Münchner Runde.
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Renate Schmidt: "Wohlhabende werden zu wenig zur Kasse gebeten."

In der Münchner Runde im BR Fernsehen kritisierte die ehemalige Bundesfamilienministerin die Maßnahmen der Bundesregierung. Diese würden die Reichen zu wenig belasten. Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Ökonom Marcel Fratzscher stimmten zu.

Über dieses Thema berichtete Münchner Runde am .

Sie beobachte eine wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft, mahnte Renate Schmidt (SPD). So steige die Zahl der Milliardäre exorbitant und auch die Zahl der Armen steige. An den aktuellen Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung störe sie, dass die Reichen zu wenig in die Pflicht genommen würden. "Die Wohlhabenden werden in meinen Augen viel zu wenig zur Kasse gebeten und kommen bei dem Ganzen mehr oder weniger ungeschoren davon," mahnte Schmidt.

Bedford-Strohm: Niemand darf aus materieller Not nicht durch den Winter kommen

Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm unterstützte Schmidt. Als Gesellschaft müsse man sich darauf einigen, dass niemand aus materieller Not nicht durch den Winter komme. Das Ganze könne keine Frage des Geldes sein in einem Land wie Deutschland, das grundsätzlich so reich sei, in dem das Geld jedoch nicht angemessen verteilt sei, so Bedford-Strohm. "Es widerspricht allen Grundsätzen des Christentums, wenn wir Menschen, die in Not sind, wenn wir an denen vorbeigehen. Dann können wir uns unsere schönen Reden sparen!"

Dabei fange er auch bei sich selbst an. Bezogen auf die Energiepreispauschale von 300 Euro, die auch er erhalten habe, sagte Bedford-Strohm: "Ich will dieses 300 Euro loswerden." Gemeinsam mit dem Diakonischen Werk habe er deshalb auch eine Initiative gestartet und die evangelischen Gemeinden gebeten, Spendenkonten einzurichten, wo die Menschen ihre 300 Euro spenden können. Das sei nur ein kleines Beispiel, aber ein Weg, wie die Zivilgesellschaft das machen könne, was die Politik noch nicht geschafft habe. Er hoffe, dass es kein Winter der Kälte, sondern ein Winter der Mitmenschlichkeit werde, so Bedford-Strohm.

Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm zu Gast in der Münchner Runde.
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Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm zu Gast in der Münchner Runde.

Ökonom Fratzscher: Sozialsysteme sind für zielgenaue Hilfe nicht gemacht

Der Ökonom und Präsident des DIW, Marcel Fratzscher, dämpfte die Hoffnung Bedford-Strohms. Er hoffe zwar auch auf die Mitmenschlichkeit, ein Winter der Kälte werde es aber auch. Deutschland verfüge zwar über einen extrem starken Sozialstaat. Die Sozialsysteme seien jedoch für zielgenaue Hilfe nicht gebaut. Deshalb erfolge die Hilfe derzeit per Gießkannen-Prinzip. "Das, was bisher an Hilfe geflossen ist, heißt für Familien mit geringen oder mittleren Einkommen immer noch eine Verdopplung der Heizkosten, wenn sie mit Gas oder auch mit Öl heizen."

Für einen Vier-Personen-Haushalt mit einer Kleinwohnung seien das ganz konkret 1.500 bis 1.600 Euro mehr im Jahr. Für Menschen mit wenig Einkommen sei das ein Riesen-Problem. 40 Prozent der Menschen hätten zudem keine Rücklagen. Deshalb müssten sich viele Menschen verschulden, man sehe auch Zulauf bei den Tafeln. Er hoffe, dass diese Menschen genug Solidarität erhalten, um durch den Winter zu kommen, so Fratzscher.

Für die kommenden fünf bis zehn Jahre rechnet Fratzscher auch deshalb mit einem nachhaltigen Wohlstandsverlust der Menschen in Deutschland. Vorsichtige Hoffnung konnte Ökonom Fratzscher für die mittelfristige Perspektive geben. Zwar steuere Deutschland in eine Rezession, vermutlich für ein Jahr, er erwarte angesichts zwei Millionen offener Jobs jedoch keinen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Allerdings geht Fratzscher davon aus, dass sich viele Menschen beruflich umorientieren müssten, um die eigene finanzielle Situation nachhaltig zu verbessern.

Die ganze Sendung in der Mediathek:

Münchner Runde vom 19.10.2022
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Münchner Runde vom 19.10.2022

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