Ein Schützenpanzer der Bundeswehr vom Typ Puma
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Ein Schützenpanzer der Bundeswehr vom Typ Puma

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Puma ohne Krallen: Pannen-Panzer sorgt für Krisenstimmung

Nach dem Totalausfall des Schützenpanzers Puma müssen in Windeseile Marder als Ersatz für die Nato-Eingreiftruppe fitgemacht werden. Ein Großteil der kaputten Pumas kommt aus Bayern. Wer trägt Schuld an den Pannen?

Eigentlich wähnte sich die Bundeswehr auf einem guten Weg. Der hochmoderne Schützenpanzer Puma hätte sich noch im Sommer als "standfest" erwiesen, so David Helmbold, Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums. Der jüngste Totalausfall aller 18 während einer Übung eingesetzten Puma sei ein "herber Rückschlag". Jetzt müsse geklärt werden, was da los war. Solange diese Ursachenforschung noch laufe, wolle man sich in Berlin aber bedeckt halten. Denn es geht um die Frage: Hat die Bundeswehr Fehler gemacht – oder liegt das Problem bei den Herstellern?

Lambrecht droht Industrie

Am Morgen hatte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) ein eiliges Krisentreffen anberaumt. Von der Sitzung mit Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn, Rüstungsstaatssekretär Benedikt Zimmer, dem Kommandeur der Panzerdivision Generalmajor Ruprecht von Butler, und Heeresinspekteur Generalleutnant Alfons Mais drangen allerdings keine Details nach draußen. Auch mit Vertretern der Industrie stehen Gespräche an.

Lambrecht sagte, sie wolle Klarheit bis spätestens Ende nächster Woche. Wenn es die nicht gibt, wird es teuer für die Industrie. Denn dann will die Bundesregierung die eigentlich geplante Bestellung weiterer Pumas auf Eis legen, das gesamte Projekt Puma stünde "an einer entscheidenden Wegmarke", so Bundesverteidigungsministerin Lambrecht.

Kaputte Puma-Panzer großteils aus Bayerwaldkaserne Regen

Von den 18 ausgefallenen "Pumas" stammen offenbar 16 aus der Bayerwaldkaserne Regen. Das hat das BR-Studio Niederbayern-Oberpfalz inzwischen aus zuverlässiger Quelle erfahren. Offiziell bestätigt hat ein Sprecher der Panzerbrigade 12 in Cham, dass Soldaten der Bayerwaldkaserne, dem Sitz des Panzergrenadierbataillons 112, an der betreffenden Übung im niedersächsischen Munster teilgenommen hatten.

Die Teilnahme der Soldaten aus Regen hat die Bundeswehr auch öffentlich gemacht. Mitte November berichtete die "Passauer Neuen Presse" mit Text und Foto unter der Überschrift "16 Puma-Schützenpanzer gehen auf weite Reise" über den Bahn-Transport der Panzer von Regen nach Munster. Benannt war diese Überstellung "Operation Katzensprung".

Ausfall bei "herausfordernden taktischen und klimatischen Übungsbedingungen"

Laut dem Presse-und Informationszentrum des Heeres ist es "bei herausfordernden taktischen und klimatischen Übungsbedingungen" zu dem Ausfall gekommen. Er treffe das Panzergrenadierbataillon 112 auch deshalb so hart, weil Teile des Bataillons eigentlich ab dem 1. Januar für die Teilnahme zur VJTF, der "Very High Readiness Joint Task Force", vorgesehen sind. Damit bezeichnet die Nato die schnelle Einsatztruppe, die im Krisenfall zum Beispiel die Nato-Ostflanke schützen soll. Der Einsatz dieser Einheit ist eine der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Das Panzergrenadierbataillon 112 in Regen ist 2023 mit zwei seiner Kompagnien für die VJTF eingeplant und mit Schützenpanzern vom Typ "Puma" ausgestattet. Das hat das Presse-und Informationszentrum des Heeres dem BR bestätigt.

Mit dem Marder statt mit dem Puma in den Nato-Einsatz

Zu allem Überfluss übernimmt Deutschland am 1. Januar die Führung der Schnellen Eingreiftruppe . Und da waren die Puma-Schützenpanzer zentral eingeplant. Vor einigen Jahren hatte die Bundeswehr sogar speziell für diesen Zweck Nachrüstungen und Ertüchtigungen bestellt. Und darin liegt auch ein Teil des Problems. Die 18 ausgefallenen Puma können nicht einfach aus den Beständen ersetzt werden, weil nur ein kleiner Teil der Puma-Panzer diese Extra-Konfigurierung erhalten hat.

Nun wird stattdessen mit dem Marder geplant. Man habe sich parallel darauf vorbereitet. Das habe sich als "klug erwiesen", so Ministerin Lambrecht. Trotzdem hat die Bundeswehr eine Menge Arbeit vor sich: Sie muss innerhalb kürzester Zeit genügend Marder einsatzbereit machen. Und zudem die Logistik anpassen, also beispielsweise die Planung und Bereitstellung von Munition, Werkzeug und Ersatzteilen.

Streit zwischen den Truppenteilen

Die Puma-Pannenserie richtet den Blick auch auf ein altes Problem der Bundeswehr: Die interne Konkurrenz um Gelder. Schon in der Vergangenheit hatten insbesondere die Landstreitkräfte geklagt, der Luftwaffe und der Marine werde bei Beschaffungen zu viel Aufmerksamkeit gewidmet. Nun kostet ein Kampfflugzeug erheblich mehr als ein Kampfpanzer.

Nichtsdestotrotz müsse den Rüstungsprojekten des Heeres mehr Aufmerksamkeit gelten, fordert etwa der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes André Wüstner.

Wackelt Bundesverteidigungsministerien Christine Lambrecht?

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Lambrecht erst vor wenigen Tagen als "exzellente Ministerin" bezeichnet. Er stärkt seiner Verteidigungsministerin offenbar den Rücken. Der grüne Koalitionspartner scheint da weniger zufrieden. Die Bundeswehr drohe eine "Fähigkeitslücke" befürchtet Grünen-Parteichef Omid Nouripour. Und sieht zudem grundsätzliche Probleme beim Beschaffungswesen. Ein Bereich, den die Verteidigungsministerin verantwortet, und deren Reform sie sich eigentlich schon bei Amtsantritt vor einem Jahr auf die Fahnen geschrieben hatte.

Die Opposition wird noch deutlicher. CDU-Generalsekretär Mario Czaja richtet den Blick direkt auf den Bundeskanzler. Zwar sei die Aufklärung um die Pannen des Puma Aufgabe von Bundesverteidigungsministerin Lambrecht. Aber Bundeskanzler Scholz müsse sicherstellen, dass Deutschland innerhalb der Nato seinen Verpflichtungen nachkomme. Den jüngsten Skandal um den reihenweisen Ausfall des Pumas nannte Czaja in einem Fernsehinterview "peinlich" für Deutschland.

Bartsch: "Schrott für 6 Milliarden Euro"

Der Münchener Bundestagsabgeordnete und Verteidigungsexperte Florian Hahn (CSU) sagte dem Bayerischen Rundfunk, er erwarte jetzt schnelle Aufklärung und deutlich mehr Engagement von Verteidigungsministerin Lambrecht, das Amt sein "kein nine-to-five-job". Erst vor wenigen Tagen habe das Parlament weitere 850 Millionen Euro für den Puma freigegeben und er stelle sich schon die Frage, warum die Verteidigungspolitiker im Bundestag erst jetzt von den Problemen erfahren.

Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, forderte, die Bundesregierung müsse Regressansprüche an die Industrie prüfen und nannte den Puma kurz und bündig "Schrott für 6 Milliarden Euro".

(Mit Informationen von Renate Roßberger)

Der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Florian Hahn (CSU), im Interview
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Der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Florian Hahn (CSU), im Interview

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