Der deutsche Rockmusiker Gil Ofarim betritt den Saal des Landgerichts in Leipzig (Archivbild)
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Der deutsche Rockmusiker Gil Ofarim betritt den Saal des Landgerichts in Leipzig (Archivbild)

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Gil Ofarim legt Geständnis ab – Verfahren eingestellt

Im Verleumdungsprozess gegen Gil Ofarim hat der Musiker gestanden, dass seine Vorwürfe wegen eines angeblich antisemitischen Vorfalls in einem Leipziger Hotel falsch waren. Das Verfahren wurde vorläufig eingestellt, verbunden mit einer Geldauflage.

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Der jüdische Musiker Gil Ofarim hat in seinem Prozess wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung überraschend ein Geständnis abgelegt. Ofarim gab zu, dass die von ihm erhobenen Anschuldigungen wegen eines angeblichen antisemitischen Verhaltens eines Hotelmitarbeiters falsch waren.

"Die Vorwürfe treffen zu", erklärte der Musiker aus München vor dem Landgericht Leipzig. Zu dem von Ofarims Behauptungen betroffenen Beschäftigten, der in dem Verfahren als Nebenkläger auftrat, sagte er: "Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen."

Antisemitismus-Vorwürfe per Video

Ofarim hatte im Oktober 2021 in einem Video auf Instagram Antisemitismus-Vorwürfe gegen ein Leipziger Hotel erhoben. Er schilderte in dem Video, das sich stark in den sozialen Netzwerken verbreitete, wie der Hotelmitarbeiter ihn aufgefordert habe, seine Kette mit einem Davidstern abzunehmen. Zuvor könne er nicht einchecken. Der Musiker erstattete später Anzeige – aber auch der Mitarbeiter wehrte sich und zeigte seinerseits Ofarim wegen Verleumdung an.

Nebenkläger berichtete über Verzögerung beim Einchecken

Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Leipzig hatte sich der Vorfall nicht so zugetragen wie von Ofarim geschildert. Nach umfangreichen Ermittlungen erfolgte eine Anklage gegen den Musiker wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung. Das Verfahren gegen den Hotel-Mitarbeiter wurde eingestellt.

Der Mann, dem der jüdische Musiker Antisemitismus vorgeworfen hatte, hatte sich im Gegensatz zu Ofarim bereits zu Beginn des Verleumdungsprozesses geäußert. Dem 35-Jährigen zufolge war es an der Rezeption aufgrund von technischen Problemen zu Verzögerungen gekommen. Ofarim habe das Hotel daraufhin als "Scheißladen" bezeichnet, weil andere Gäste angeblich bevorzugt worden seien, sagte der Mitarbeiter. Er habe Ofarim daraufhin das Einchecken verwehrt.

Hotelmitarbeiter nimmt Entschuldigung an

Durch das Auftreten Ofarims habe er sich bedroht gefühlt, sagte der Mitarbeiter des Leipziger Hotels. Eindrücklich berichtete er, welche gravierenden Auswirkungen Ofarims Antisemitismus-Vorwurf für ihn gehabt habe. Er habe eine Morddrohung erhalten, einige Tage untertauchen müssen und sich in psychotherapeutische Behandlung begeben.

Der Hotelmitarbeiter nahm nun vor Gericht die Entschuldigung Ofarims an. Er sei froh, dass nun "die Wahrheit ans Licht gebracht werden konnte" und sprach vom "Ende einer Odyssee". Ofarim erklärte, er habe das Video mit den Vorwürfen gegen den Mann inzwischen gelöscht. Auch der Instagram-Account des Musikers war zuletzt nicht mehr erreichbar.

Geldbuße und Schmerzensgeld: Verfahren vorläufig eingestellt

"Die Kammer ist davon überzeugt, dass das heutige Geständnis des Angeklagten der Wahrheit entspricht", sagte Andreas Stadler, der Vorsitzende Richter. Der Angeklagte und der Nebenkläger hätten sich geeinigt, der Weg der Schadenswiedergutmachung sei eingeschlagen und die Verbindlichkeit des Rechts gewährleistet. Der gute Ruf des Hotelmitarbeiters sei wieder hergestellt.

Das Verfahren gegen Ofarim wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung ist nach dem überraschendem Geständnis vorläufig eingestellt worden. Der 41-Jährige muss einen Geldbetrag in Höhe von 10.000 Euro zahlen, und zwar an die Jüdische Gemeinde zu Leipzig und den Trägerverein des Hauses der Wannseekonferenz. Wenn das Geld innerhalb eines halben Jahres dort eingeht, ist das Verfahren endgültig eingestellt. Zudem soll ein Schmerzensgeld für den Betroffenen vereinbart worden sein.

Zentralrat: Ofarim hat von Antisemitismus Betroffenen geschadet

Der Zentralrat der Juden in Deutschland verurteilte die falsche Antisemitismus-Anschuldigung Ofarims. "Er muss in jeder Hinsicht die Konsequenzen für seine Lüge tragen", hieß es in einer Erklärung. Der 41-Jährige habe "all denen, die tatsächlich von Antisemitismus betroffen sind, großen Schaden zugefügt". Es sei richtig, bei einem Antisemitismus-Vorwurf "die Antisemitismuserfahrung zunächst nicht infrage zu stellen", schrieb der Zentralrat und fügte hinzu: "Umgekehrt darf so ein Vorwurf niemals grundlos erhoben werden. Und das ist hier leider passiert."

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hatte kurz nach dem angeblichen Vorfall in Leipzig eine Entschuldigung des Hotels verlangt. Einen Monat später erklärte Schuster jedoch, er wolle noch nicht abschließend urteilen. Er hoffe jedoch, dass Ofarim dem Kampf gegen Antisemitismus "keinen Bärendienst erwiesen" habe.

Mit Informationen von dpa

Gil Ofarim (l.) vor Gericht
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Gil Ofarim (l.) vor Gericht

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