Großer Jubel bei der CDU in Nordrhein-Westfalen: Die Christdemokraten um Ministerpräsident Hendrik Wüst haben bei der Landtagswahl gegenüber 2017 zugelegt und sich überraschend klar als stärkste Kraft behauptet. Die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty verschlechterte sich dagegen um mehrere Prozentpunkte und rutschte deutlich unter die 30-Prozent-Marke. Es ist das schlechteste SPD-Landtagswahl-Ergebnis in NRW.
Die größten Zugewinne verzeichneten die Grünen, die ihr Ergebnis fast verdreifachten. Ein großes Minus muss die FDP hinnehmen - ihr Stimmanteil hat sich mehr als halbiert. Die AfD bleibt mit leichten Verlusten ebenfalls im Düsseldorfer Landtag. Die Linke scheiterte klar an der Fünf-Prozent-Hürde.
Prozentzahlen, Gewinne und Verluste, Sitzverteilung
Bisherige Koalition verliert Mehrheit
Derzeit regiert im bevölkerungsreichsten Bundesland Ministerpräsident Wüst mit einer schwarz-gelben Koalition. Im neuen Landtag wird ein solches Bündnis aus CDU und FDP keine Mehrheit mehr haben.
Rechnerisch möglich wären beispielsweise Schwarz-Grün oder eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Für Rot-Grün reicht es dagegen nicht.
Koalitionsrechner
Wüst sieht klaren Vertrauensbewies - Merz: "CDU ist zurück"
Ministerpräsident Wüst wertete das Ergebnis als klaren Vertrauensbeweis: "Die Menschen haben uns ganz klar zu stärksten Kraft gemacht", sagte er in einer ersten Reaktion. "Das ist der Auftrag, eine künftige Regierung zu bilden und zu führen." Wüst hatte erst Ende Oktober Armin Laschet als Regierungschef abgelöst, der nach seiner gescheiterten Kanzlerkandidatur als einfacher Abgeordneter in den Bundestag wechselte.
Nach Meinung von Parteichef Friedrich Merz war die Landtagswahl auch ein bundespolitischer Stimmungstest: "Die CDU ist zurück." Der CSU-Vorsitzende Markus Söder gratulierte seinem "langjährigen Freund" Wüst zu seinem "grandiosen Ergebnis". Auf Twitter schrieb er: "Das ist ein ganz persönlicher Erfolg von Hendrik Wüst." Zugleich sei das Resultat auch ein Denkzettel für die Ampel.
SPD: Schwarz-Gelb abgewählt
Kutschaty räumte ein, dass das SPD-Ergebnis unter seinen Erwartungen liege. Fest stehe aber auch, dass ein wichtiges Wahlziel erreicht worden sei: Schwarz-Gelb sei abgewählt worden. "Das hat geklappt."
SPD-Bundeschef Lars Klingbeil sagte am späten Abend bei "Anne Will" im Ersten, Wüst habe die Wahl gewonnen und werde sicher die ersten Gespräche führen. Zugleich sei aber die amtierende Landesregierung abgewählt worden. Wüst müsse nun schauen, ob er eine Mehrheit hinbekomme "oder ob sich andere Mehrheiten auftun". Das werde man in den nächsten Wochen sehen. Mit dem Wahlabend sei jedenfalls nicht entschieden, wie NRW künftig regiert werde.
Kurz nach Schließung der Wahllokale hatten führende Sozialdemokraten noch von einem rot-grünen Bündnis geträumt: "Schwarz-Gelb ist abgewählt! Rot-Grün ist möglich!", twitterte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Wie sich im Laufe des Wahlabends aber herausstellte, bräuchten beide Parteien noch einen weiteren Partner.
FDP: "Desaströse Niederlage"
Von einer "desaströsen Niederlage" sprach der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner, der 2012 und 2017 seine Partei noch selbst in die Landtagswahl geführt hatte. "Es ist ein sehr trauriger Abend!" Die Liberalen hätten nicht davon profitiert, "dass wir fünf Jahre auch die Richtung des Landes mitgeprägt haben", sagte Lindner in Berlin.
Den Parteifreunden in NRW rief er zu: "Kopf hoch! Freie Demokraten gewinnen zusammen, Freie Demokraten verlieren auch zusammen."
Grüne wollen "mit den demokratischen Parteien" sprechen
Eine zentrale Rolle bei der Regierungsbildung dürften nun die Grünen spielen. Die nordrhein-westfälische Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur wollte sich zunächst nicht festlegen, welches Bündnis ihre Partei nun anstrebt. Mit ihrem starken Wahlergebnis würden die Grünen "mit den demokratischen Parteien über unsere grünen Inhalte sprechen", sagte sie bei Phoenix. Wahlziel ihrer Partei sei gewesen, "dass in Nordrhein-Westfalen prägende Regierungsbeteiligung mit den Grünen erfolgt und nicht ohne sie". Das sei gelungen. "Was für ein Vertrauensvorschuss für uns Grüne in Nordrhein-Westfalen."
Grünen-Bundeschefin Ricarda Lang betonte, für die Grünen sei bei der Wahl des Koalitionspartners entscheidend, mit welcher Partei sie in NRW einen klimafreundlichen und sozialen Kurs einschlagen könnten.
AfD und Linke enttäuscht
Unzufrieden mit dem Ergebnis seiner Partei zeigte sich AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla. Im ZDF sagte er, nun sein eine "Initiative West" der AfD nötig.
Die Linken-Bundesvorsitzende Janine Wissler sprach von einem bitteren und sehr enttäuschenden Resultat für ihre Partei. Die Like sei insgesamt in einer "schwierigen Situation" und müsse Vertrauen zurückgewinnen.
(Mit Material von dpa, AFP und Reuters)

Analyse der NRW-Wahl
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