Karl Lauterbach
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Lauterbach verteidigt Pflegereform - Druck auch von der Ampel

Die Pflege wird immer teurer - das belastet Millionen Menschen und auch die Pflegeversicherung. Die Bundesregierung geht jetzt eine Reform an. Doch auch in der Koalition gibt es noch Kritik und Nachforderungen.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat das Pflegereform-Gesetz im Bundestag gegen Kritik aus der Opposition und aus den eigenen Reihen verteidigt. Er sagte am Donnerstag bei der ersten Beratung des Entwurfs, die Pflege stehe vor großen Herausforderungen.

Die Pflegeversicherung brauche mehr Geld, und mit den geplanten Maßnahmen würden 6,6 Milliarden Euro im Jahr zusätzlich zur Verfügung gestellt, betonte Lauterbach bei der Einbringung der Pläne für das Pflegeentlastungsgesetz im Bundestag. Mit der Novelle sollen die steigenden Kosten für Pflegebedürftige abgefedert sowie die Pflegeversicherung durch höhere Beiträge stabilisiert werden.

Lauterbach sieht in Reformplänen eine gute Basis

Wenn die weiteren Debatten noch ergeben sollten, dass weitere Mittel hineinkämen, sei dies um so besser, so Lauterbach. Es gelte aber, nicht den Fehler zu machen, "dass wir alles zerreden", mahnte der Minister angesichts der zu erwartenden Kritik auch von Seiten der Koalitionspartner.

Der vorliegende Entwurf sei eine Basis, auf der man sprechen könne, befand Lauterbach: "Wir können auch nicht so tun, als wenn jetzt gar nichts vereinbart wäre." Die geplante Steigerung des Pflegegelds um fünf Prozent bedeute für 2,5 Millionen Menschen im Schnitt 270 Euro mehr im Jahr. Zudem gehe es um eine nur "maßvolle Erhöhung" des Beitrags zur Pflegeversicherung, die von Arbeitgebern und Beschäftigten gemeinsam getragen werde.

Die Ampel-Fraktionen haben noch eine lange Wunschliste

Aus den Ampel-Fraktionen von SPD, Grünen und FDP kam dennoch prompt Druck für Nachbesserungen. Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink sagte, es gehe noch um "weitreichende Veränderungen im weiteren Verfahren". Sie hoffe hierbei auf Rückhalt von Finanzminister Christian Lindner (SPD) und Kanzler Olaf Scholz (SPD). Die meisten Pflegebedürftigen würden zu Hause gepflegt. Wenn man nicht dafür sorge, dass Angehörige dies weiter stemmen könnten, stehe man vor einem riesigen Problem.

SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt sagte, man müsse weiter Möglichkeiten ausloten, Menschen in häuslicher und ambulanter Pflege noch stärker zu unterstützen. Die FDP-Expertin Nicole Westig hob hervor, man sollte auch über Zusatzvorsorge diskutieren, um die Finanzen endlich abzusichern.

Pflegebeitrag und Pflegegeld sollen steigen

Die Pläne sehen unter anderem vor, den Pflegebeitrag zum 1. Juli um 0,35 Prozentpunkte anzuheben - für Menschen ohne Kinder noch etwas stärker. Damit soll auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden. Aktuell liegt der Beitrag bei 3,05 Prozent des Bruttolohns, für Kinderlose bei 3,4 Prozent.

Das zuletzt 2017 erhöhte Pflegegeld für Pflegebedürftige daheim soll Anfang 2024 um fünf Prozent steigen. Für Pflegebedürftige im Heim, die immer mehr zuzahlen müssen, sollen zudem 2022 eingeführte Zuschläge Anfang 2024 heraufgesetzt werden. Der Eigenanteil für die reine Pflege soll so gedrückt werden.

Eher ein "Pflegebelastungsgesetz"?

Die Opposition hält die geplanten Änderungen für bei weitem nicht ausreichend. Ates Gürpinar von der Linken sagte, die Pflege sei inzwischen nicht nur ein Risiko, sondern eine "Garantie für Armut". Das geplante Pflegegeld-Plus sei lächerlich. Für die Union erklärte Erich Irlstorfer (CSU), nicht einmal die Erhöhungen des laufenden Jahres würden mit den Erhöhungen abgedeckt. Der AfD-Abgeordnete Martin Sichert monierte, ehrlicherweise müsse von einem "Pflegebelastungsgesetz" die Rede sein.  

Patientenschützer appellieren an Abgeordnete

Auch von Verbänden kam erneut deutliche Kritik. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte deutlich stärkere Entlastungen. Hier müssten jetzt die Abgeordneten als Gesetzgeber Verantwortung übernehmen ,statt nur auf die Regierung zu hoffen. Brysch forderte, alle ambulanten und stationären Leistungen der Pflegeversicherung um mindestens 340 Euro monatlich anzuheben: "Auch an die Entlastung der pflegenden Angehörigen ist zu denken."

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen kritisierte ebenfalls, die bisherigen Pläne griffen zu kurz. "Auf die Versicherten kommen vor allem Beitragserhöhungen zu, aber kaum Leistungsverbesserungen", sagte Sprecher Florian Lanz. Würde der Staat Milliardenausgaben der Pflegeversicherung etwa wegen der Corona-Pandemie korrekterweise zahlen, wäre über stabile Beiträge statt über Erhöhungen zu sprechen.

Mit Informationen von dpa

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