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Papst Franziskus gerät unter Druck

Papst Franziskus gerät unter Druck

Während sich Papst Franziskus im Kirchenvolk ungebrochener Beliebtheit erfreut, wird bei den Kardinälen die Kritik am Pontifex lauter. Seine Amtsführung und theologische Kompetenz werden in Frage gestellt. Von Tilmann Kleinjung

Über dieses Thema berichtet: report München am .

Die Enttäuschung sitzt nach wie vor tief. Im Sommer hatte der Papst dem deutschen Kardinal Gerhard Ludwig Müller mitgeteilt, dass er seine Amtszeit als Präfekt der Glaubenskongregation nicht verlängern will. Ohne Angabe von Gründen. Müller sieht sich als Opfer einer Intrige. "Bestimmte Kräfte im Hintergrund" hätten seine Ablösung betrieben.

"Es ist immer daraufhin gearbeitet worden, dass ich dem Papst im Weg stehe. Oder deren Vorstellungen von Papsttum und Kirche. Ich glaube, das ist die einzige Erklärung, die man finden kann."
Kardinal Gerhard Ludwig Müller

Kritik an Franziskus' Personalpolitik

So weit, sich nun an die Spitze einer Gruppe gegen den Papst zu stellen, will Müller nicht gehen, behauptet er im "Corriere della sera". Doch im Interview mit dem ARD Politikmagazin report München übt er mehrfach Kritik am Regierungshandeln von Franziskus, an seiner Personalpolitik, an seinem Misstrauen gegenüber dem römischen Verwaltungsapparat, der Kurie.


"Es gibt vielleicht auch aus dem Herkunftsland des Papstes so eine gewisse antirömische Stimmung, gewisse Vorurteile gegen die Kurie. Und so gibt es vielleicht die Vorstellung, es müsse aufgeräumt werden. Aber mit dieser Sichtweise, wo gehobelt wird, da fallen Späne, da haben wir nicht so die besten Erfahrungen gemacht."
Kardinal Gerhard Ludwig Müller

Die "15 Krankheiten der Kurie"

Legendär ist die Weihnachtsansprache des Papstes an das kirchliche Leitungspersonal aus dem Jahr 2014. Damals geißelte Franziskus die "15 Krankheiten der Kurie". Krankheit Nr. 1: Das Gefühl, unentbehrlich zu sein.

"Es ist die Krankheit des törichten Reichen aus dem Evangelium, der dachte, ewig zu leben, und auch derer, die sich in Gutsherren verwandeln und sich allen übergeordnet und nicht im Dienst aller fühlen."
Papst Franziskus

Nicht nur wegen solcher Worte – die Stimmung im Vatikan ist schlecht. Die von Franziskus angestoßenen Reformen beunruhigen die Mitarbeiter. Seine Öffnung der Kirche sorgt vor allem bei konservativen Theologen für Kritik. Kardinäle äußern öffentlich Zweifel am Lehramt des Papstes.

Eindeutig verteilte Sympathien

Tobt da ein Machtkampf in Rom? Die undiplomatische Antwort der deutschen Botschafterin am Heiligen Stuhl, Annette Schavan:

"Für den Vatikan gilt, was für jede Institution gilt. Im Zustand der Harmonie verändert sich selten etwas. Wenn Dinge in Bewegung geraten, gibt es Reibung, Vorwürfe. Warum sollte es im Vatikan anders sein?"
Annette Schavan

Im Kirchenvolk sind die Sympathien eindeutig verteilt. Auch im fünften Jahr im Amt erfreut sich der Papst aus Argentinien ungebrochener Popularität. Da werden seine harschen Worte gegen das eigene Personal eher positiv gewertet. Sein Stil kommt an, einfache Gesten. Dass er seine schwarzen Schuhe auch als Papst behalten hat, dass er im vatikanischen Gästehaus Santa Marta lebt. Kardinal Müller ist das zu wenig.

"Es wäre besser, die Glaubensbotschaft des Papstes zu hören und darauf zu achten, statt mit sekundären Aufmerksamkeitselementen das Papsttum populär zu machen, mit schwarzen Schuhen, Santa Marta…."
Kardinal Gerhard Ludwig Müller

Ungewöhnlich deutliche Worte für einen Kardinal, der dem Papst eigentlich zu besonderer Treue verpflichtet ist. Der Machtkampf um die Zukunft der Kirche scheint in vollem Gange.